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22.07.2017 | (rsn) - 105 Kilometer trennen Chris Froome (Sky) noch von seinem vierten Gesamtsieg bei der Tour de France. Nachdem er als Dritter des heutigen Einzelzeitfahrens von Marseille in der Gesamtwertung den Vorsprung gegenüber seinen schärfsten Gegnern Romain Bardet (AG2R) und Rigobert Uran (Cannondale-Drapac) deutlich ausgebaut hat, wird die morgige 21. Etappe von Montgeron nach Paris für den Briten zu einer entspannten Angelegenheit, an deren Ende er auf den Champs-Élysées wie schon 2013, 2015 und 2016 mit dem Gelben Trikot ausgezeichnet wird.
"Es ist unglaublich, wirklich unglaublich. Das Ambiente, die Stimmung hier im Stadion und in der Stadt sind einfach enorm“, sagte Froome im Stade Vélodrome, wo sich Start und Ziel des Zeitfahrens befanden - ein Novum in der Tour-Geschichte. Hinter dem 32-jährigen Froome verdrängte Uran, der sich im Finale in einer Kurve versteuerte, einen Sturz aber vermeiden konnte, als Achter der heutigen 20. Etappe den vier Jahre jüngeren Bardet noch vom zweiten Platz, den er sich mit 54 Sekunden Rückstand auf den Titelverteidiger sicherte.
Bardet kam auf dem 22,5 Kilometer langen Parcours, der einen 1,2 Kilometer langen und fast zehn Prozent steilen Anstieg enthielt, nicht über Rang 52 hinaus und musste sogar noch um den dritten Platz bangen. Um gerade mal eine Sekunde rettete er den vor Froomes Teamkollegen Mikel Landa, der mit 2:21 Minuten Rückstand Gesamtvierter dieser Tour wird.
Im Ziel war die Enttäuschung bei der von Zehntausenden von Fans frenetisch angefeuerten Gelb-Hoffnung der Franzosen schier grenzenlos. Bardet, der auf den letzten Metern auf dem Weg ins Fußballstadion fast noch vom als letzten der 167 Profis ins Rennen gegangenen Froome eingefangen worden war, hockte wie ein Häufchen Elend im Ziel. "Ich bin total fertig. Ich habe alles gegeben. Heute ging es einfach nicht besser. Seit einigen Tagen bin ich gesundheitlich nicht auf der Höhe, ich habe dafür sofort bezahlt“, kommentierte Bardet seine Vorstellung. "Ich habe schnell gemerkt, dass ich nicht im Spiel war. Also habe ich das Zeitfahren mehr mit dem Kopf als mit den Beinen bestritten.“
Dagegen war die Freude bei Bora-hansgrohe grenzenlos. Denn den Tagessieg schnappte sich überraschend Maciej Bodnar, der seinem deutschen Team in der Zeit von 28:15 Minuten den zweiten Etappensieg bei dieser Tour sicherte. Um gerade mal eine Sekunde war der 32-jährige Pole schneller als sein Landsmann Michal Kwiatkowski (Sky), der an den beiden Messstationen bei Kilometer 10,2 und 15,6 - am Ende des Anstiegs zur Wallfahrtskirche Notre-Dame de la Garde mit der jeweils schnellsten Zeit gestoppt worden war, seinen knappen Vorsprung auf den letzten sieben Kilometer aber nicht behaupten konnte.
"Ich kann es immer noch nicht glauben. Auf der Strecke habe ich mich sehr gut gefühlt. Hier im Stadion hatte ich viel Zeit, die Atmosphäre auf mich wirken zu lassen. Einfach fantastisch“, strahlte Bodnar, der schon um 14.41 Uhr ins Rennen gegangen war und der trotz des steilen Anstiegs seine gewohnten 58-44er Kettenblätter fuhr, um dann einige Stunden auf dem hot seat zu verbringen. "Ich bin schon knapp drei Stunden hier und konnte alles genießen. Als Kwiatkowski draußen war, musste ich zittern. Aber am Ende hat es doch gereicht. Ich bin überglücklich!"
Der knapp geschlagene Polnische Zeitfahrmeister war aber immerhin fünf Sekunden schneller unterwegs war als sein Kapitän Froome, der Dritter wurde und damit erstmals in seiner Karriere die Tour de France ohne einen Tagessieg für sich entscheidet. "Auch ohne eine Etappe gewonnen zu haben, ist jeder Sieg bei der Tour etwas Besonderes und überhaupt nicht frustrierend“, fügte Froome dazu an.
Ohne einen Etappenerfolg wird auch Tony Martin (Katusha-Alpecin) aus Frankreich zurückkehren. Der viermalige Zeitfahrweltmeister musste sich 14 Sekunden hinter Bodnar mit Rang vier begnügen. Diesen Platz hatte er schon im Auftaktzeitfahren von Düsseldorf belegt. "Ich glaube, ich habe ein gutes Rennen abgeliefert. Der Berg war mein Problem, er ist ein absoluter Rhythmus-Brecher“, sagte der 32-Jährige über den kurzen, aber heftigen Anstieg in der zweiten Hälfte des Rennens. Aber nicht erst hier büßte Martin die entscheidenden Sekunden ein, denn bereits an der ersten Zwischenzeit am Ende der Flachpassage hatte er sieben Sekunden Rückstand auf Kwiatkowski.
Martin war erwartungsgemäß zwar bester deutscher Starter, aber hinter ihm imponierten gleich drei seiner jungen Landsleute. Der Kölner Nikias Arndt (Sunweb/+0:28) wurde sieben Sekunden hinter dem zweimaligen Tour-Sieger Alberto Contador (Trek-Segafredo) Siebter, der Freiburger Jasha Sütterlin kam als bester Movistar-Profi auf Rang zwölf (+0:42), nur eine Sekunde hinter ihm landete der Hürther Nils Politt (Katusha-Alpecin) auf Position 13.
Warren Barguil (Sunweb) wird morgen in Paris als Gewinner der Bergwertung sowie als „kämpferischster Fahrer“ geehrt - eine durchaus erstaunliche Entscheidung angesichts der Auftritte von Thomas De Gendt (Lotto Soudal), der insgesamt elf Mal in Fluchtgruppen unterwegs war.
Barguils Teamkollege Michael Matthews hat die Punktewertung für sich entschieden und erhält dafür das Grüne Trikot. Simon Yates (Orica-Scott) macht es seinem Zwillingsbruder Adam nach, der 2016 das Weiße Trikot holte. Der 24-Jährige Brite entscheidet ein Jahr später die Wertung des besten Jungprofis für sich. Froomes Sky-Team gelang in der Mannschaftswertung ein Start-Ziel-Sieg, gefolgt von Bardets AG2R-Equipe.
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