RSNplusRSN-Frauenrangliste 2023, Platz 13

Rüegg: “Mir hat ein bisschen der Durchbruch gefehlt“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Rüegg: “Mir hat ein bisschen der Durchbruch gefehlt“"
Noemi Rüegg fuhr 2022 und 2023 für Jumbo - Visma. | Foto: Cor Vos

25.12.2023  |  (rsn) – Als Noemi Rüegg im Jahr 2020 von den Juniorinnen zur Elite kam, hatte sie es schwer: Corona stellte den Rennkalender auf den Kopf und als im Sommer die Rennen wieder losgingen, kam die junge Schweizerin nicht zurecht. Von ihren acht ersten WorldTour-Rennen beendete sie lediglich eines: Gent-Wevelgem auf dem 103. Platz.

Drei Jahre später nun hat sich Rüegg deutlich besser zurechtgefunden im Peloton. Ihre WorldTour-Rennen fuhr sie 2023 nicht nur alle zu Ende, sie feierte mit ihren Teamkolleginnen auch einen Sieg im Mannschaftszeitfahren der Vuelta a Espana und wurde Achte des WorldTour-Etappenrennens RideLondon Classique. Hinzu kamen ein siebter Platz beim Omloop van Borsele (1.1), der dritte Platz bei der Tour de la Semois (2.2) und einige gute Nachwuchsergebnisse: Rüegg wurde Gesamtneunte der ersten Tour de l'Avenir der Frauen und Siebte im U23-EM-Straßenrennen in Drenthe. So ganz glücklich war die ehrgeizige 22-Jährige trotzdem nicht:

"Es war sehr spannend und ich glaube, dass ich mich sehr weiterentwickelt habe in diesem Jahr. Ich kann die Rennen taktisch jetzt besser lesen und auch mehr im Finale dabei sein – gerade in den Klassikern. Trotzdem hat mir aber so ein bisschen der Durchbruch gefehlt. Ich hatte nicht so das persönliche Top-Resultat", bilanzierte Rüegg nun im Gespräch mit radsport-news.com und fügte an: "Aber ich weiß, dass ich noch viel mehr entwickeln kann, als ich diese Saison gezeigt habe. Deshalb freue ich mich auf nächstes Jahr." ___STEADY_PAYWALL___

Als ihr Highlight bezeichnete Rüegg den Teamzeitfahr-Sieg bei der Vuelta und den Giro d'Italia allgemein, wo sie 34. in der Gesamtwertung wurde, zwar selbst nie unter die Top 25 fuhr, aber trotzdem einfach Spaß hatte.

Strahlend auf dem Podium: Jumbo – Visma gewann das Teamzeitfahren zum Vuelta-Auftakt 2023. | Foto: Cor Vos

"Das Teamzeitfahren bei der Vuelta war sicher ein sehr großes Highlight, von dem ich viel mitnehme. Der Tag war sehr speziell, weil der Sieg auch relativ unerwartet kam. Außerdem war es mein erstes Teamzeitfahren und das hat mir sehr gefallen, weil die Disziplin einfach megaschön ist", so Rüegg, die dann noch anfügte: "Und auch der Giro war ein Highlight. Wir hatten eine sehr coole Truppe dort – ohne ganz klare Leaderin. Ja, Fem (van Empel) war die Kapitänin, aber es war einfach etwas offener, nicht ganz so strikt. Das habe ich sehr genossen."

Freiheiten fehlten Rüegg 2023 etwas und das war auch ein Grund, warum die 22-Jährige Jumbo – Visma den Rücken zuwandte und für die kommenden zwei Jahre beim neuen Team EF Education – Cannondale unterschrieb.

Rüegg folgt Tromp zu EF und hofft auf mehr Freiheiten

"Im letzten Jahr hat sich im Team einiges angestaut und es gab Strukturwechsel. Unsere Team-Managerin hat das Team verlassen und seitdem habe ich mich nicht mehr richtig wohlgefühlt. Ich musste sehr viel für andere arbeiten und das ist auch okay, aber mir hat etwas die Balance auch mit eigenen Chancen gefehlt", erklärte Rüegg, die ihrer bisherigen Team-Managerin Esra Tromp zum neuen US-Rennstall folgt. Damit ist die Schweizerin nicht allein: Auch die Sportliche Leiterin Carmen Small wird sie bei EF wiedertreffen – genau wie ihre Teamkolleginnen Coryn Labecki und Kim Cadzow.

Ihr erstes Ziel im neuen Jahr werden die Klassiker sein. Die flämischen Rennen über die zahlreichen kurzen Anstiege haben es der Schweizerin angetan. Vom Sieg bei der Flandern-Rundfahrt, irgendwann in ihrem Leben, träumt die 22-Jährige: "Mein Herz schlägt schon sehr für die Klassiker. Dort möchte ich mich schon weiterentwickeln und es schaffen, im Finale mitzufahren und dort eine entscheidende Rolle zu spielen – entweder für eine Leaderin im Team, oder auch für mich selbst."

Noemi Rüegg im Peloton beim Giro d'Italia. | Foto: Cor Vos

Einen guten Eindruck im Frühjahr zu hinterlassen, ist aber auch für den Sommer 2024 wichtig: Denn das Straßenrennen der Olympischen Spiele in Paris wird ebenfalls auf einem klassikerähnlichen Parcours ausgetragen. Und da wäre Rüegg gern dabei. "Das ist natürlich ein großes Ziel. Wir haben mit der Schweiz vier Startplätze und da wäre ich schon gerne dabei. Aber dafür muss ich mich bei den Klassikern zeigen und weiterentwickeln", schilderte Rüegg, die aus einer Radsportfamilie stammt, trotzdem aber erst im zweiten Anlauf ihre Liebe zum Velo entdeckt hat.

Auf dem Schulweg wieder ins Radfahren verliebt

Ihr Vater fuhr früher schon Rennen und wirkte später als Trainer im örtlichen Verein. Dort fuhr einer ihrer größeren Brüder, Timon Rüegg – heute hauptsächlich im Gelände und für Heizomat – Kloster Kitchen im Cross unterwegs. Auch die junge Noemi Rüegg besuchte das Vereinstraining, aber: "Eigentlich nur ihm (ihrem Vater, Anm. d. Red.) zuliebe. Es hat mir keinen Spaß gemacht und ich habe dann auch irgendwann aufgehört, weil ich das einzige Mädchen dort war", führte sie aus.

Sie habe dann mit Leichtathletik begonnen, sei aber zu den Rennen ihres fünf Jahre älteren Bruders Timon meist noch zum Zuschauen mitgekommen. Zurück zum Radsport kam sie aber trotzdem erst als Teenagerin: "Ich musste mit 13 Jahren die Schule wechseln und von da an immer mit dem Rad zur Schule fahren – da hat es mir doch gefallen und ich bin doch irgendwann mein erstes Cross-Rennen gefahren. Seitdem liebe ich diesen Sport!"

Gute Schule: Rüegg (rechts) lernte bei Jumbo – Visma auch von Marianne Vos (links im Roten Trikot). | Foto: Cor Vos

Bis in ihre ersten beiden Elitejahre hinein, fuhr Rüegg neben der Straße auch noch im Querfeldeinbereich. Doch als sie für 2022 bei Jumbo – Visma unterschrieb, fokussierte sie sich auf den Asphalt. Immerhin hatte sie da schon zwei sehr heterogene Jahre hinter sich: 2020 im Team Cogeas lief es nicht. "Ich habe meine ersten WorldTour-Rennen bestritten, musste sie aber fast alle aufgeben. Ich war überhaupt nicht in Form, wahrscheinlich schon etwas im Übertraining", erinnert sie sich heute. 2021 dafür lief umso besser:

Valencia-Rundfahrt 2021 der Schlüssel zur WorldTour

Rüegg schloss sich dem französischen Team Stade Rochelais Charente – Maritime an, wechselte ihren Trainer und startete sofort gut ins Jahr und sorgte bei der Valencia-Rundfahrt im Mai für Furore: Beim Gesamtsieg von Annemiek van Vleuten wurde die damals 20 Jahre alte Rüegg Gesamtfünfte und bekam plötzlich zahlreiche Angebote von WorldTour-Teams. "Ich konnte dann fast auswählen und habe mich für Jumbo entschieden", so Rüegg, die bei den Gelbschwarzen auch an der Seite von Marianne Vos fuhr, von der sie nicht nur im Rennen, sondern vor allem auch menschlich sehr viel gelernt habe.

"Sie hat eine sehr gute Balance zwischen dem Profidasein und ein normaler Mensch zu sein", meint Rüegg über die Niederländerin, mit der zusammen sie am 1. Mai auch zum Teamzeitfahrsieg bei der Vuelta gefahren war.

Und apropos Teamzeitfahren: Als Schweizerin ist für Rüegg auch das Thema Mixed Staffel interessant. Immerhin haben ihre Landsfrauen im August WM-Gold gewonnen. "Sie sind ja Weltmeisterinnen geworden und da will man natürlich nicht unbedingt etwas ändern. Aber wenn es irgendwann Veränderungen gibt, stünde ich bereit. Das ist schon ein Ziel und ich wäre bereit, da auch zu investieren", erklärte die 22-Jährige.

Data powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.01.2024Die Radsport-News-Frauenrangliste 2023 im Überblick

(rsn) – Das Jahr 2023 endet und die Saison 2024 steht bereits unmittelbar vor der Tür. Deshalb blicken wir auf radsport-news.com, wie jedes Jahr, noch einmal auf die letzten zwölf Monate der 15 be

06.01.2024Reusser: Ein Jahr zum “sehr, sehr happy“ sein

(rsn) – Auf dem dritten Platz der Weltrangliste und als Vierte des WorldTour-Rankings hat Marlen Reusser die Saison 2023 abgeschlossen. Einzig ihre SD-Worx-Teamkolleginnen Demi Vollering und Lotte K

05.01.2024Lippert: Mit dem Wechsel zu Movistar platzte endlich der Knoten

(rsn) – Nach sechs Jahren bei Sunweb beziehungsweise DSM hat Liane Lippert zur Saison 2023 erstmals ihr Team gewechselt – und es hat sich offenbar gelohnt: Bei Movistar feierte sie dreieinhalb Jah

05.01.2024C. Schweinberger: Von sich selbst am meisten überrascht

(rsn) – Schon in ihrem ersten halben Jahr bei Fenix – Deceuninck machte Christina Schweinberger ab Juni 2022 einen großen Sprung nach vorn. Mit starken Auftritten bei den Frühjahresklassikern so

04.01.2024Chabbey: Mit Angriffslust und beeindruckender Konstanz

(rsn) – Siebte bei der WM nach einem langen Solo, Sechste bei der EM und zahlreiche weitere Spitzenplatzierungen über die gesamte Saison hinweg: Elise Chabbey (Canyon – SRAM) war auch 2023 wieder

03.01.2024Bauernfeind: Mit Bescheidenheit in Richtung Weltspitze

(rsn) – Schon 2022 hat Ricarda Bauernfeind mit einigen sehr starken Auftritten im Development-Team Canyon – SRAM Generation Aufsehen erregt. Sie wurde Dritte der Ruta del Sol, Fünfte der Lotto Th

02.01.2024Koppenburg: In stabilem Jahr eine alte Liebe wiederentdeckt

(rsn) – Nachdem 2021 und 2022 ihre Saison jeweils durch einen Sturz beim Giro d´Italia mit Beckenbrüchen vorzeitig beendet war, hat Clara Koppenburg 2023 endlich wieder ein ganzes Jahr im Sattel v

31.12.2023K.Schweinberger: Von den Leistungen der Schwester beflügelt

(rsn) – Seit Jahren gehören die fast schon untrennbaren Zwillinge Christina Schweinberger (Fenix – Deceuninck) und Kathrin Schweinberger (Ceratizit - WNT Pro Cycling) zu den Aushängeschildern d

30.12.2023Niedermaier: Achterbahnfahrt zu Giro-Etappensieg und WM-Titel

(rsn) – Auf einer Berghütte in den Alpen wird Antonia Niedermaier am Wochenende ins neue Jahr starten – die perfekte Umgebung für die 20-Jährige, die den Spagat zwischen Skibergsteigen und Rads

30.12.2023Zanetti: Paradebeispiel für einen neuen Weg ins Profifeld

(rsn) – Bei einem WorldTour-Rennen war die 21-Jährige in der ganzen Saison 2023 nicht zu sehen, und trotzdem war sie eine der besten Fahrerinnen aus dem deutschsprachigen Raum in diesem Jahr: Linda

28.12.2023Kiesenhofer: Alles wird am Olympiagold gemessen

(rsn) - Mit ihrem überraschenden Olympiasieg in Tokio fuhr sich Anna Kiesenhofer in die Geschichtsbücher. Dabei hatte die Österreicherin schon 2017 mit dem Profiradsport abgeschlossen. Doch mit der

26.12.2023Kasper: Konstant stark mit Highlights in Roubaix und Bad Dürrheim

(rsn) – Das ganz große persönliche Ergebnis hat Romy Kasper (AG Insurance – Soudal – Quick-Step) gefehlt. Und trotzdem fuhr die 35-Jährige 2023 eine der besten Saisons ihrer Karriere. Sie fuh

Weitere Radsportnachrichten

12.11.2024Früherer Bahn-Weltmeister Michael Hübner ist tot

(rsn) – Wie der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) mitteilte, ist der frühere Bahn-Weltmeister Michael Hübner am Dienstag im Alter von 65 Jahren verstorben. Eine Todesursache nannte der BDR nicht. Der

12.11.2024Am Sonne-Mond-See knapp am ersten Profisieg vorbei

(rsn) - Einen eher ungewöhnlichen Karriereweg hat Valentin Darbellay (Corratec - Vini Fantini) hinter sich. Der 26-jährige Schweizer war in der Jugend Skirennfahrer und wechselte erst aufs Rad, als

12.11.2024Georgi drei Monate nach Tour-Sturz wieder im Sattel

(rsn) - Mehr als drei Monate nach ihrem schlimmen Sturz bei der Tour de France Femmes ist Pfeiffer Georgi wieder zurück auf dem Rad, wie ihr Team dsm-firmenich – PostNL auf Instagram mitteilte. Die

12.11.2024Reibsch zu Lotto – Kern Haus, Czasa zu Storck – Metropol

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

12.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

11.11.2024Auf der Heimetappe an der Spitze des Rennens

(rsn) – Nach vier U23-Jahren in Graz wechselte Maximilian Kabas von einem roten Trikot in ein grünes. In der Winterpause schloss sich der Niederösterreicher dem Team Hrinkow Advarics an und bestri

11.11.2024Sweeck kommt schnell in den Flow und feiert souveränen Sieg

(rsn) – Laurens Sweeck (Crelan – Corendon) hat erstmals seit zwei Jahren wieder einen Wertungscross gewonnen. Der Belgier entschied mit einem langen Soloritt den Jaarmarktcross in Niel für sich u

11.11.2024Nach Flutkatastrophe: Valencia-Rundfahrt 2025 ungewiss

(rsn) – Nach den verheerenden Überschwemmungen mit mehr als 200 Todesopfern in der Region Valencia ist ungewiss, ob im kommenden Februar die 76. Auflage der Volta a la Comunitat Valenciana (2.Pro)

11.11.2024Nach dem Reset lief es besser als erträumt

(rsn) – In seiner zweiten Saison bei P&S Metalltechnik – Benotti machte Jarno Grixa einen großen Schritt nach vorn, so dass der 21-Jährige hoffnungsvoll auf seine letzte U23-Saison blicken kann.

11.11.2024Alvarado dreht in Niel den Spieß gegen Brand um

(rsn) – Nachdem sie sich am Sonntag beim Rapencross noch Lucinda Brand (Trek – Baloise Lions) deutlich geschlagen geben musste, revanchierte sich Ceylin del Carmen Alvarado (Fenix – Deceuninck)

11.11.2024Giro-Präsentation erst im Januar? Albanien-Start wackelt wohl doch

(rsn) – Ursprünglich hätte am Dienstag, dem 12. November, die Strecken-Präsentation des Giro d´Italia und des Giro d´Italia Women für 2025 stattfinden sollen. Nachdem das Event aber am 31. Okt

11.11.2024Lorang: “Wir werden in diesem Winter wirklich Red Bull werden“

(rsn) – Zwar stieg Red Bull bereits zur vergangenen Tour de France als neuer Namenssponsor bei Bora – hansgrohe ein. Doch erst zur Saison 2025 wird sich das nachhaltig auf die Struktur des Rennsta

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine