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26.06.2010 | (rsn) – Am Sonntag bestreitet Björn Glasner (Kuota-Indeland) bei der DM in Sangerhausen sein letztes Profirennen. Im Interview mit Radsport News spricht der 37-Jährige über die nationalen Titelkämpfe, seine Zukunft und über seine lange Karriere.
Am Sonntag fahren Sie Ihr letztes Profirennen. Wie ist die Gefühlslage?
Glasner: Der Entschluss stand ja schon eine Weile fest, ich konnte mich darauf einstellen. Es ist aber schon ein bisschen Wehmut mit dabei. Schließlich fahre ich seit meinem sechsten Lebensjahr Rad, bin seit 1996 Profi. Da werde ich sicher die eine oder andere Träne vergießen. Aber ich freue mich auch auf das Rennen.
Mit welchen Ambitionen starten Sie?
Glasner: Ich bin fit und guter Dinge. Mit der großen Milram-Fraktion wird das Rennen natürlich auch eine Lotterie. Aber der Kurs ist schwer, könnte mir liegen. Es fühlt sich an wie ein belgischer Klassiker.
Vom Team haben Sie im letzten Rennen sicherlich volle Unterstützung!?
Glasner: Das ja. Aber wir sind hier nur mit einer kleinen Besetzung am Start, da unsere jungen Fahrer eine Pause bekommen. Es ist natürlich schade, dass David Kopp nicht fahren darf. Mit ihm hätte man taktisch ganz anders fahren können.
An welchem Hinterrad werden Sie sich orientieren?
Glasner: Ich verlasse mich da ganz auf meinen Instinkt. Man kann sich im Vorhinein nicht auf ein einziges Rad konzentrieren, zumal Milram mit Gerdemann, Knees, Wegmann oder Ciolek gleich mehrere Optionen hat.
Wie sieht Ihre Renntaktik aus?
Glasner: Ich möchte ein offensives Rennen zeigen und mich nicht bis ins Finale verstecken.
Was machen Sie eigentlich, wenn Sie am Sonntag den Titel gewinnen sollten?
Glasner: Gute Frage, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.
Gab es in den letzten Wochen Gedanken, das Karriereende zu verschieben?
Glasner: Es kamen in letzter Zeit viele Leute auf mich zu und fragten, warum ich denn aufhören wolle. Und ich muss sagen: An der Form und der Motivation liegt es definitiv nicht. Da könnte ich noch ewig fahren. Aber man muss den Absprung rechtzeitig schaffen. Ich will nicht irgendwann nur noch hinterherfahren.
Wie geht es nach der DM für Sie weiter?
Glasner: Erst mal werde ich mir einen Fernseher suchen und das Deutschland-Spiel schauen. Danach stehen noch ein paar kleinere Kriterien an und auch ein Abschiedsrennen wird noch folgen. Auch nach meiner aktiven Karriere werde ich dem Radsport erhalten bleiben. In welcher Funktion kann ich aber jetzt noch nicht genau sagen.
Blicken wir auf Ihre lange Karriere zurück. Wie bewerten Sie sich selbst?
Glasner: Ich bin zwar nur bei kleinen GS3-Teams gefahren, bin deswegen aber nicht wehmütig. Andere Fahrer haben für zwei oder drei Jahre den Sprung in ein großes Team gewagt und wurden dann in irgendwelche Affären verstrickt. Ich bin lieber den einfacheren Weg gegangen und bei kleinen Teams geblieben, wo alles ruhig war. Ich ärgere mich nur, dass ich nie die Tour gefahren bin. Ich habe aber viel von der Welt gesehen, das eine oder andere Rennen gut gefahren und das über einen sehr langen Zeitraum.
Gerade bei den deutschen Rennen haben Sie über Jahre hinweg geglänzt, unter anderem auch die Rheinland-Pfalz-Rundfahrt gewonnen. Weshalb haben Sie nie den Sprung zu einem TopTeam geschafft?
Glasner: 1997 hatte ich mehrere Optionen, war in der Weltrangliste unter den ersten 100. Damals hatte ich mich aber auch ein bisschen verpokert. Hinzu kam ein schwerer Sturz bei der Sachsen-Tour, der damals den Sprung nach oben verhindert hatte. Ich muss aber sagen, dass es mir bei den kleinen Teams sehr gut gefallen hat. Ich hatte überall meinen Spaß.
In den letzten beiden Jahren blieben bei Ihnen die Ergebnisse zum Großteil aus. Eine "Alters-Erscheinung"?
Glasner: Jein. Ich habe auf jeden Fall gemerkt, dass man nach einer Verletzung oder Erkrankung länger braucht, um wieder in Topform zu kommen. 2009 war ich wirklich ein Dreivierteljahr nicht fit. In diesem Jahr lief es für mich aber formtechnisch sehr gut. Bei Rund um Köln bin ich fast den ganzen Tag vorne gefahren, am Ende kam es leider zum Massensprint. Und in Frankfurt habe ich mich einfach verpokert.
Was hat sich im Laufe Ihrer Karriere verändert?
Glasner: Es sind vor allem sehr viele deutsche Rennen weggefallen, was sehr schade ist. Früher konnte man sich über Rennen in Form fahren und hat das Training nur zum Ausgleich verwendet. Heute muss man sich die Form komplett im Training erarbeiten, um dann bei den wenigen verbliebenen Rennen in Deutschland gute Form zu haben.
Würden Sie sich heute wieder für eine Radsportkarriere entscheiden?
Glasner: Immer wieder. Auch wenn es in Deutschland heutzutage schwer ist, mit Radsport Geld zu verdienen. Aus deutscher Sicht müsste mal wieder eine gute Tour stattfinden. Wenn ein Tony Martin oder ein Linus Gerdemann mal für mehrere Tage das Gelbe Trikot hätten, dann könnte sich in Deutschland wieder eine Radsport-Begeisterung entwickeln wie zu Zeiten von Jan Ullrich. In Belgien oder Italien ist die Begeisterung am Radsport riesengroß. Auch hier in Deutschland fahren sehr viele Menschen Rad. Aber wir haben eine andere Mentalität. Fast jeder Deutsche hat zur Zeit eine Deutschland-Fahne an seinem Auto. Wären wir letzten Mittwoch gegen Ghana ausgeschieden, wären die gleich wieder abmontiert worden. Da ist das Motto: „Wir gewinnen, aber die verlieren.“
Mit Björn Glasner sprach Christoph Adamietz.
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