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04.12.2013 | (rsn) - Neben Bert Grabsch und Andreas Klöden hat mit André Schulze (Euskaltel-Euskadi) ein weiterer deutscher Routinier seine Karriere beendet. Im Interview mit radsport-news.com blickt der 39-Jährige auf seine Laufbahn zurück, erklärt, warum er erst spät Profi wurde und welche Aufgaben ihn bei NetApp-Endura als Sportlicher Leiter erwarten.
Sie haben Ihre Karriere beendet und werden ab der kommenden Saison als Sportlicher Leiter beim Team NetApp-Endura aktiv sein. Wie kam es zu dazu?
Schulze: Ich bin vor wenigen Tagen 39 geworden. Das ist ein Alter, in dem man sich nach Alternativen umschauen sollte. Das Angebot von NetApp-Endura kam für mich genau zum richtigen Zeitpunkt, denn es war schon immer mein Traum,nach meiner aktiven Karriere in die Sportliche Leitung zu wechseln.
Hatte ihr schwerer Sturz zu Saisonbeginn, der Sie lange Zeit außer Gefecht hatte, Einfluss auf die Entscheidung?
Schulze: Bis Juni hatte ich mächtig damit zu kämpfen. Ich hatte mich bei Tempo 65 überschlagen und mir dabei unter anderem eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen. Ich war schon nach kurzen Trainingseinheiten völlig erschöpft. Erst ab Juli wurde es besser, aber leider hatte ich da nur noch ein sehr überschaubares Rennprogramm, weshalb mir dann gegen Saisonende auch kein Spitzenergebnis mehr gelungen ist. Mir war auch klar, dass es schwer werden würde, in der angespannten Situation mit den vielen Teamauflösungen noch ein gutes Team zu finden. Aber als das Angebot von NetApp-Endura kam, habe ich nicht lange nachdenken müssen.
Wie kam der Kontakt zu NetApp-Endura zu Stande?
Schulze: Ich bin ja 2012 für das Team gefahren, hatte dort mein erfolgreichstes Jahr. Und Erfolg schafft Vertrauen. Der Kontakt ist nie abgerissen und jetzt können wir die erfolgreiche Beziehung weiter fortsetzen.
Haben Sie schon eine Sportliche Leiter-Lizenz?
Schulze: Ich habe schon seit einigen Jahren einen Trainer-A-Schein, der beinhaltet dann auch die Sportliche Leiter-Lizenz.
Was wird Ihre Aufgabe bei NetApp-Endura sein?
Schulze: Ich werde mich vor allem um die jungen Sprinter im Team kümmern. Ich kenne die meisten von ihnen noch von 2012 und ich weiß, dass sehr viel Potenzial in ihnen steckt. Ich werde schauen, wo bei ihnen noch Reserven sind und versuchen ihnen zu helfen, noch mal einen Leistungssprung zu schaffen.
Sind Sie schon aufgeregt wegen der Umstellung von Radprofi zum Sportlichen Leiter?
Schulze: Aufgeregt ist das falsche Wort. Ich freue mich sehr auf diese Aufgabe. Ich arbeite schon jetzt mit unseren jungen Sportlern zusammen, befinde mich aber auch noch in einer Lernphase.
Lassen Sie uns auf Ihre Karriere zurückblicken. Sie sind erst Mitte 20 in den Continental-Bereich gewechselt. Weshalb kam dieser Schritt erst so spät?
Schulze: Ich bin völlig untypisch in den Profiradsport gestartet. Ich habe zwar schon mit sieben Jahren angefangen, aktiv Rad zu fahren, war aber, während viele andere die ganzen Nationalmannschaften durchlaufen sind, als reiner Amateur unterwegs und habe eine normale Ausbildung absolviert. Ich habe einfach etwas mehr Zeit gebraucht.
2002 sind Sie für ein Jahr im ProContinental-Bereich bei Wiesenhof gefahren, danach ging es wieder für vier Jahre in den Continental-Bereich zurück. Was ging damals schief?
Schulze: Damals wurde ich ins kalte Wasser geschmissen, war auch mental noch nicht bereit dafür. Ich war mit der Situation einfach überfordert, war oft krank und verletzt. Dieses Abenteuer ging mächtig daneben. Danach bin ich wieder zu kleineren Teams gewechselt, um wieder richtig Spaß am Radsport zu finden.
Wann haben Sie gemerkt, dass sie ein richtig guter Profi werden können?
Schulze:vDas war 2004, als ich für den VC Frankfurt fuhr und eine Etappe der Tour of Quinghai Lake gewinnen konnte.
Wie können Sie sich erklären, dass Sie erst mit Mitte 30 richtig durchgestartet und mit knapp 38 bei NetApp-Endura Ihre erfolgreichste Saison überhaupt absolviert haben?
Schulze: Im Vergleich zu anderen Fahrern, die Anfang 30 schon knapp zehn Mal die Tour de France gefahren sind, hatte ich deutlich weniger Rennen in den Beinen, war nicht so verschlissen, auch weil ich viel Ausgleichssport getrieben habe. Bei mir war einfach noch Luft nach oben und ich habe mich Schritt für Schritt verbessert.
In der abgelaufenen Saison sind Sie zu Euskaltel-Euskadi in die WorldTour gewechselt. War dieses Jahr mit dem schweren Sturz zu Beginn und der Teamauflösung am Jahresende eine einzige Enttäuschung?
Schulze: Natürlich gab es sehr viele Rückschläge. Aber ich muss auch sagen, dass es Spaß gemacht hat, für das Team zu fahren. Die Sportliche Leitung etwa hat Verständnis für mich gehabt und mir keinen Druck gemacht, auch wenn ich über eine ganz lange Zeit nicht einsatzfähig war. Ich habe mich im Team sehr wohl gefühlt.
Welches war Ihr schönstes Jahr im Radsport?
Schulze: Neben der Saison mit NetApp war das 2007 bei Wiesenhof. Wir waren eine tolle Truppe. Das hat richtig Spaß gemacht und dazu waren wir auch sehr erfolgreich. Damals konnte ich auch eine Etappe der Bayern-Rundfahrt gewinnen und dabei Erik Zabel hinter mir lassen. Dieser Sieg hat mir sicher die größte Anerkennung gebracht.
War dies auch ihr schönster Sieg?
Schulze: Am schönsten waren für mich die Siege bei den Neuseen Classics 2011 und 2012. Dies ist mein Heimrennen und in den Jahren zuvor war ich oft nahe dran an einem Sieg, doch entweder hatte ich etwas Pech oder Helferdienste zu verrichten. Aber auch meine vielen Podiumsplatzierungen haben mir viel bedeutet, denn da habe ich auch gesehen, dass ich auf Augenhöhe mit den weltbesten Sprintern war.
Haben Sie in Ihrer Karriere alles erreicht, was Sie sich gewünscht haben?
Schulze: Ich bin realistisch, weiß, dass ich kein Weltmeister hätte werden können. Aber einen Sieg bei einem gut besetzten belgischen Eintagesrennen hätte ich gerne eingefahren.
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