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09.12.2016 | Der Erfinder des Fahrrads, Karl Drais, war einer der größten Tüftler unseres Landes. Morgen, am 10. Dezember, jährt sich sein Todestag zum 165. Mal. Der pressedienst-fahrrad blickt auf Drais' Leben zurück und zeigt, warum seine Idee auch heute noch Fahrradentwickler inspiriert.
[pd-f/ tg] Im „Jahr ohne Sommer“ 1816 tüftelte ein beurlaubter Forstmeister in Mannheim an einem Gefährt, das eine Verkehrs-Revolution auslösen sollte. Was genau für Karl Freiherr von Drais der Anstoß zur Erfindung der Laufmaschine war, wird 200 Jahre später heiß diskutiert.
Der Drais-Experte Prof. Hans-Erhard Lessing
sieht einen Grund im Vulkanausbruch des Tambora in der Nähe von Bali. Der Eruption 1815 folgte eine gewaltige Aschewolke, die auf der nördlichen Halbkugel die Sonne verdunkelte, und mehr als ein Jahr lang für Dauerregen und starke Schneefälle sogar im Sommer sorgte – und die Ernte ausfallen ließ.
Die napoleonischen Kriege sowie Missernten seit 1812 potenzierten die schlechte Lage, und ließen den Haferpreis bis um das Doppelte ansteigen. Das Getreide war der Haupt-Energielieferant für das damalige Fortbewegungsmittel Nummer eins: das Pferd. Viele Nutz- und Transporttiere verendeten - und die Laufmaschine wurde als ein alternatives Transportmittel erdacht.
Dieser Theorie kann sich der Münchner Journalist
Jost Pietsch nicht anschließen. Er stellt das große Pferdesterben in Frage, und beschreibt die Laufmaschine als eine sportliche Kuriosität der damaligen Zeit. Für diese These spräche, dass Drais mit seiner Erfindung nur eine kleine Zielgruppe erreichte: Zu teuer waren die Gefährte in Produktion und Anschaffung, so dass fast nur der Adel und finanzkräftige Teile des Bürgertums als Klientel in Frage kamen.
Diese Bevölkerungsschichten hatten zudem die nötige Freizeit, um sich mit der Laufmaschine auseinanderzusetzen, und das Fahren zu erlernen. Außerdem erwähnte Drais öffentlich nie, dass seine Laufmaschine als ein Pferdeersatz geplant war.
Fehlende Quellen für seine Theorie begründet
Prof. Lessing damit, dass der Presse eine Berichterstattung über die Hungersnöte und das Pferdesterben von der Zensur untersagt wurde.
Wie dem auch sei: Die Idee von Drais war zweifellos, ein Gefährt zu entwickeln, das die Fortbewegung des Menschen erleichtert und beschleunigt – egal, ob im öffentlichen Verkehr oder als Freizeitgerät.
Die erste Laufrad-Fahrt des damals 32-jährigen Erfinders
am 12. Juni 1817 fand vermutlich ohne Ankündigung und Öffentlichkeit statt. Der Weg führte vom Elternhaus in Mannheim in die Nähe von Schwetzingen und wieder zurück. Laut eigenen Angaben brauchte Drais für die rund 13 km lange Strecke ungefähr eine Stunde. Eine ordentliche Leistung für eine Jungfernfahrt, und zudem schneller als die Fahrt der damaligen Postkutsche.
Drais' Gefährt hatte eine Lenkstabilisierung durch Nachlauf, Achsen mit Gleitlagern, klappbare Stützen am Vorderrad zum Parken, einen Gepäckträger hinter dem Sattel, eine Schleifbremse sowie jeweils höhenverstellbaren Sattel und Lenker. Gerollt ist es zwei gleich großen 27-Zoll-Holzrädern.
„Es ist faszinierend, dass sich 200 Jahre lang die Laufradgröße
kaum verändert hat. Auch der Radstand von 1,20 Meter ist nicht so weit weg von unseren heutigen Tourenrädern. Das beweist, dass die Grundidee von Drais bis ins kleinste Detail durchdacht war“, ist Stefan Stiener von der Firma Velotraum vom Fahrradvorläufer begeistert. Zu Drais hatte der Produkt-Entwickler schon früh eine Verbindung: Er entwarf als Studienarbeit vor 28 Jahren ein kleines Drais-Museum.
Einziger Unterschied zu den heutigen Fahrrädern: Der Antrieb erfolgte bei der Laufmaschine nicht per Pedal und Tretkurbel, sondern mit den Füßen. Die Idee dazu hatte Drais angeblich vom Eislaufen, das zur damaligen Zeit unter jungen Leuten äußerst populär war.
Ein Pedal-Antrieb wäre für den pfiffigen Erfinder
wohl möglich gewesen, doch hatte die damalige Bevölkerung Angst, die Füße für längere Zeit vom Boden zu nehmen - ein Phänomen, dass man heute noch bei Menschen beobachten kann, die erst im Erwachsenenalter das Radfahren erlernen.
„Deshalb ist es besonders wichtig, mit dem Radfahren bereits in jungen Jahren anzufangen. Unsere Laufräder für Kinder ab ca. zweieinhalb Jahren basieren noch heute auf der Idee von Karl Drais, und sind die Basis zum Erlernen des Balancierens und somit des Radfahrens“, erklärt Guido Meitler vom Kinderfahrzeug-Hersteller Puky. Das Unternehmen bietet im Jubiläumsjahr eine auf 200 Stück limitierte Laufrad-Sonderedition „Karl Drais“ an.
Nach ersten kleineren Erfolgen taten sich für Drais
jedoch mehrere Probleme auf. Als Beamter durfte er offiziell keine Nebentätigkeit ausüben. Da er deshalb selbst keine eigene Werkstatt hatte, war er bei der Produktion auf die Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen angewiesen, was sich als schwierig erwies.
Hinzu kam, dass Drais erst spät ein regional beschränktes Patent auf die Laufmaschine erhielt. Schnell kamen Plagiate in Umlauf, die Mechaniker anhand von Erzählungen oder Skizzen fertigten. Oft wurden wichtige Details vergessen. Unfälle waren die Folge, weshalb der Gebrauch der Laufmaschine im öffentlichen Verkehr vielerorts schnell verboten wurde.
Nach Ansicht vieler Historiker war Karl Drais
einfach seiner Zeit voraus – und wurde wohl im falschen Land geboren. Hätte er im industriefreundlichen England gelebt, wäre seine Erfindung vermutlich früher massenmarkttauglich gewesen.
Bis zum europaweiten Durchbruch des Fahrrads sollte es noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dauern.
Von England und Frankreich aus schwappte das Fahrrad wieder nach Deutschland zurück, und war auch hier zur Jahrhundertwende ein Massenphänomen. Die Nachfrage stieg, die Produktion auch. In Schweinfurt beispielsweise wurde die Fahrradmarke Winora gegründet, die im nächsten Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum feiert, und mittlerweile global am Markt ist.
„Diese Entwicklung von Karl Drais war der Startschuss
für den Individual-Verkehr, wie wir ihn heute kennen. Drais hat sich als erster Mensch auf einem Zweirad mit Muskelkraft selbstständig fortbewegt – damals eine Revolution, heute ganz normal. Wir sind stolz, dass wir immerhin die Hälfte des Evolutionswegs mit beschreiten konnten“, würdigt Susanne Puello, Chefin von Winora, das Vorbild.
Drais selbst hat vom späten Erfolg seiner Erfindung nichts mehr mitbekommen. Er starb am 10. Dezember 1851 verarmt in seiner Geburtsstadt Karlsruhe. Da er sich zur demokratischen Bewegung bekannte, und gegen Lebensende den Freiherren-Titel ablegte, wurde sein Lebenswerk von der monarchistisch geprägten Gesellschaft verspottet und nicht gewürdigt.
Erst nach dem Ende des Kaiserreichs erfuhr Drais
langsam die Anerkennung, die er verdient hat: als einer der größten Erfinder seiner Zeit und klügsten Köpfe Deutschlands.
Auch heute noch wird beispielsweise mit „Sauseschritt“ ein Tretroller für Erwachsene verkauft, der vom Grundprinzip dem Drais‘schen Gefährt stark ähnelt. Menschen mit körperlichen Einschränkungen wie Knieschmerzen können so wieder mobil werden - dank Karl Drais kein Problem...
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