Müllers Mendoza-Tagebuch

So langsam habe ich die Nase voll!

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "So langsam habe ich die Nase voll!"
Robert Müller (rechts) und seine Fratelli-Teamkollegen bei der Vuelta Ciclista de Mendoza | Foto: privat

21.02.2024  |  (rsn) - Am Vormittag hatten wir einen eineinhalbstündigen Transfer zum Start und aßen dort bei einer Familie, die uns Nudeln kochte, zu Mittag. Ich wechselte noch den Schlauch von meinem Platten vom Vortag und dann ging es zum Start der 160 km langen Etappe mit einer Bergankunft auf 1700 Metern Höhe. Es ging schnell los und schon nach 10 km hatte ich wieder einen Platten, diesmal vorne. Bei über 50 km/h war es nicht so einfach, mit dem sofort platten Vorderrad noch zu steuern und zum Stehen zu kommen. Das war bereits mein dritter Platten und langsam habe ich die Nase voll.

Unser Auto kam, ich wechselte selbst das Laufrad und fuhr wieder los. Kurz danach brauste unser Teamwagen an mir vorbei, reagierte nicht auf mein Winken und ließ mich alleine hinter der Kolonne zurück. Vorne war das Tempo sehr hoch, da sich die Gruppe des Tages noch nicht gefunden hatte und ich wusste, dass es so aussichtslos wäre, wieder zurück ins Feld zu kommen. Nachdem ich eine Zeit lang vor mich hin gefahren war, bekam ich Gesellschaft von einem anderen Defektopfer, doch das half meiner schwindenden Motivation kaum auf die Sprünge. Ich rechnete schon damit, die Etappe nicht in der Karenzzeit beenden zu können.

Als das Ende der Kolonne selbst auf einer langen Geraden nicht mehr zu sehen war, tauchte zum Glück endlich unser 2. Auto auf und nahm uns beide in den Windschatten. Es dauerte eine Weile, bis wir endlich das Ende der Kolonne erreicht hatten und ich mich von Auto zu Auto wieder zurück ins Feld hangeln konnte. Die ganze Verfolgung hat sich über 40 km hingezogen und mir neben schweren Beinen eine Verwarnung wegen Windschattenfahrens eingebracht. Dabei ist das bei einem Defekt eigentlich gängige Praxis und wird von den anderen Teams auch so gehandhabt.

Nun erfuhr ich, dass wir mit Florian Tenbruck und Martin Reinert zwei Mann in der großen Spitzengruppe hatten. Ich versuchte mich etwas zu erholen, doch bald ging es auf eine eklige Windkante, die erste richtige bei dieser Rundfahrt. Als wir endlich die Richtung wechselten und wieder auf der gesamten Straßenbreite fuhren, riefen plötzlich alle Fahrer „Aqua aqua“. Ich dachte zuerst, es würde Wasser angereicht, doch es gab ein Wasserloch in einer Senke vor uns. Langsam fuhren wir durch das braune Wasser und schlingerten durch den tiefen Sand wie im Cyclocross. Kurz danach gab es ein zweites, deutlich tieferes Wasserloch und wir wurden richtig nass, was eine nette Erfrischung darstellte.

Wir fuhren nun direkt auf die imposanten Berge der Anden zu und als der lange Schlussanstieg allmählich begann, dauerte es nicht lange und es war um mich geschehen und ich wurde abgehängt. Ich fuhr mit ein paar anderen Fahrern ein moderates Tempo und wusste nicht, wie lange es noch dauern würde, da mein Tacho ausgefallen war und es hier keine Schilder mit Kilometer-Angaben gibt. Doch dann reichte mir ein Zuschauer eine Cola und rief mir zu, dass es noch 6 Kilometer seien. Die überstand ich auf der breiten, meist geradeaus führenden Straße noch schadlos und erreichte zufrieden, noch im Rennen zu sein, das Ziel am Fuß der Berge.

Nach der Etappe hatten wir erneut einen eineinhalbstündigen Transfer zu überstehen und erst danach gab es Abendessen und eine Dusche. Wir kommen hier wegen der späten Startzeiten selten vor Mitternacht ins Bett. Die 4. Etappe wird wieder über 160 km führen, mit einem langen Anstieg zu einem Stausee und fünf Zielrunden. Diesmal wird es zum Glück keine Transfers geben, da Start und Ziel vom Hotel aus gut mit dem Rad zu erreichen sind.

Gez. Sportfreund Radbert

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.02.2024Trikottausch nach der Schlussetappe

(rsn) - Der Start zur 8. und letzten Etappe über wellige 120 Kilometer lag nicht weit vom Hotel in Mendoza entfernt und erfolgte erst um kurz nach 16 Uhr. Daher hatte ich am Vormittag Zeit, endlich

25.02.2024Im Schneetreiben mit Platten auf 3840 Metern Höhe gefahren

(rsn) - Der Tag begann nach einer kurzen Nacht, da wir nach einem langen Transfer erst um ein Uhr ins Bett gekommen waren, mit einem Frühstück um sieben Uhr. Der Start zur Königsetappe, die parado

25.02.2024Wir fuhren ein paar Kurven, die es nicht hätte geben sollen

(rsn) - Zum Start der komplett flachen 6. Etappe über 170 Kilometer hatten wir einen einstündigen Transfer zu absolvieren. In der Startaufstellung stand ich ganz vorne und konnte zum ersten Mal das

23.02.2024Es war ein ständiger Tanz um die gefährliche Rille herum

(rsn) - Zum Start der 5. Etappe konnten wir wieder ein paar Kilometer mit dem Rad hinfahren, allerdings sollten wir wegen einer Zeremonie schon über eine Stunde vorher dort sein. Der Start lag vor e

22.02.2024Auf der Abfahrt stand das Wasser zentimeterhoch

(rsn) - Nach zwei Nächten außerhalb sind wir zurück in unserem Hotel mitten in Mendoza, einer wirklich schönen Stadt am Fuß der Anden und an der berühmten Fernstraße Ruta 40. Es gibt hier viel

20.02.2024Das Chaos des Massensprints mit Respektabstand angesehen

(rsn) - Vor dem Start zur erneut tellerflachen 2. Etappe über 205 km gingen wir in ein Restaurant, um etwas Vernünftiges in den Magen zu bekommen. Diesmal schafften wir es ohne Platten zur Einschre

19.02.2024Wenn man fertig genug ist, kann man überall schlafen...

(rsn) - Vor dem Start der 1. Etappe hatten wir einen einstündigen Transfer mit den Autos, fanden den Startort jedoch nicht gleich. Etwa eine halbe Stunde vorm Start, der hier immer erst 15 Uhr in de

18.02.2024Die dünne Höhenluft in den Anden könnte zum Problem werden

(rsn) - Bon Dia aus Argentinien von der Vuelta Ciclista de Mendoza. Das ist eine traditionsreiche Rundfahrt im Zentrum des Weinbaugebiets östlich der Anden. Sie führt in ihrer 48. Auflage mit einem

Weitere Jedermann-Nachrichten

29.04.2025Eschborn-Frankfurt im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Über Jahrzehnte hin unter dem Namen Rund um den Henninger Turm bekannt, wurde der hessische Frühjahrsklassiker nach dem Rückzug des Sponsors zum 1. Mai 2009 zunächst in Eschborn Frankfur

29.04.202562. Eschborn-Frankfurt ohne Behrens und Kooij

(rsn) – Ohne Visma - Lease a Bike wird am 1. Mai die 62. Ausgabe von Eschborn – Frankfurt (1.UWT) gestartet. Entgegen der ersten Ankündigung findet sich der Name des Rennstalls von U23-Weltmeiste

29.04.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

28.04.2025Red Bull beendet enttäuschende Klassikersaison

(rsn) – Quizfrage: Seit dem Openingsweekend gab es 15 Eintagesrennen im UCI-Kalender. Wie viele Top-Ten-Ergebnisse fuhren Fahrer vom Team Red Bull - Bora - hansgrohe ein? Es sind fünf, darunter ab

28.04.2025Erster Profisieg für Del Grosso bei Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Tibor del Grosso (Alpecin – Deceuninck) hat die 2. Etappe der Tour of Turkey (2.Pro) über 167 Kilometer von Kemer nach Kalkan gewonnen. Für den 21-jährigen Niederländer war es der ers

28.04.2025Almeida und Evenepoel sind die heißeste Eisen in der Schweiz

(rsn) – Die Tour de Romandie (2.UWT) als Generalprobe für den Giro d´Italia? Das war einmal. Kaum einer der Favoriten für die Gesamtwertung der Italien-Rundfahrt geht im französischen Teil der S

28.04.2025Giro d’Italia verkündet Besonderheit bei Zwischensprints

(rsn) – Beim Giro d’Italia 2025 (2.UWT) wird es pro Etappe nur einen Zwischensprint geben, der Bonussekunden für die Gesamtwertung bereithält. Wie die Organisation RCS nun bekanntgab, wird diese

28.04.2025Zwei Zeitfahren und dazwischen Königsetappe auf 2000 Meter

(rsn) – Viele Zeitfahren und noch mehr Rundkurse: Die Tour de Romandie (2.UWT) bleibt dem in den letzten Jahren eingeschlagenen Kurs treu. Insgesamt stehen 683 Kilometer auf dem Programm, auf denen

28.04.2025Evenepoel nach Einbruch: “Ich bin kein Roboter“

(rsn) – Es war alles angerichtet für das große Duell bei Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT). Olympiasieger gegen Weltmeister, die beiden Sieger der vergangenen vier Jahre gegeneinander, Remco Ev

28.04.2025Le Court: “Wusste nicht, ob sie meine Hymne spielen können“

(rsn) – Knapp 1,25 Millionen Einwohner leben auf Mauritius, einer Insel in den Maskarenen im Indischen Ozean. Als Traumdestination für Strandurlauber bekannt, ist das afrikanische Land aber eher ei

28.04.2025Highlight-Video des 111. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Emirates - XRG) lieferte bei Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT) nahezu eine Kopie des Rennens aus dem Vorjahr. Wie damals griff er an der Cote de la Redoute 35 Kilometer

28.04.2025Highlight-Video des 9. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) - Kimberley Le Court (AG Insurance - Soudal) ist die erste Siegerin eines Radsports-Monuments aus Mauritius. Die 29-Jährige setzte sich bei Lüttich-Bastogne-Lüttich nach 153 Kilometern im Sp

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine