Vlasov als Edelhelfer hinter Ciccone Dritter

Bora-Doppelschlag! Roglic holt Etappensieg und Gelb

Von Felix Mattis

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Primoz Roglic (Bora - hansgrohe) feiert seinen Sieg am Collet d´Avellard. | Foto: Cor Vos

07.06.2024  |  (rsn) – Primoz Roglic (Bora – Hansgrohe) hat bei der schweren Bergankunft am Collet d'Avellard auf der 6. Etappe des Critérium du Dauphiné (2.UWT) bewiesen, in welch starker Form er sich befindet und nicht nur den Tagessieg gefeiert, sondern auch das Gelbe Trikot von Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) übernommen, der 3,5 Kilometer vor dem Ziel den Besten nicht mehr folgen konnte. Der Slowene setzte sich am Ende der 11,2 Kilometer langen Schlusssteigung mit drei Sekunden vor Giulio Ciccone (Lidl – Trek) und elf Sekunden vor seinem Bora-Edelhelfer Aleksandr Vlasov durch.

"Endlich gewinne ich ein Rennen! Es hat eine Weile gedauert", freute sich Roglic im Ziel und dankte seinem ganzen Team, zu dem er im Winter gewechselt war. Speziell im Etappenfinale hatte Vlasov nach einer früheren Attacke die perfekte 'Satelliten-Station' für seinen Kapitän gespielt, als der von hinten herankam.

"Das Team hat hier von Tag 1 an Commitment gezeigt. Schon auf der 2. Etappe sind sie stark nachgefahren, es hat aber leider nicht geklappt mit dem Sieg. Gestern hat es uns alle recht hart getroffen, aber heute haben sie alle wieder eine großartige Leistung gezeigt. Deshalb mein großer Dank an sie! Das können wir heute jetzt genießen."

Der 34-Jährige, der im Juli für das dann Red Bull – Bora – hansgrohe heißende Team aus Raubling um den Tour-de-France-Sieg kämpfen will, war am Donnerstag auf der 5. Etappe wie der Großteil des Feldes in einen Massensturz verwickelt und spürte die Folgen davon auch am Freitag noch deutlich. "Ich bin in der linken Schulter ehrlich gesagt ziemlich eingeschränkt. Ich konnte nicht mal in die Trikottasche greifen und habe die Schulter den ganzen Tag angezogen", erzählte er, grinste dann jedoch: "Aber die Beine haben funktioniert. Über die kann ich mich nicht beschweren!"

Während Roglic jubelte, musste Evenepoel einige schwere Minuten am steilen Schlussanstieg überstehen und rettete sich letztlich noch mit 42 Sekunden Rückstand ins Ziel. Damit fiel der Belgier, der am Mittwoch das Einzelzeitfahren noch deutlich gewonnen hatte, auf Rang zwei der Gesamtwertung zurück – mit nun 19 Sekunden Rückstand auf Roglic. Gesamtdritter und -vierter sind weiterhin Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike / + 0:58) und Derek Gee (Israel – Premier Tech / + 1:01). Vlasov (+ 1:32) rückte auf Rang fünf vor.

Roglic ist damit zwar neuer Führender der achttägigen Rundfahrt im Südosten Frankreichs, aber längst noch nicht Gesamtsieger. Zwei schwere Bergankünfte im Ski-Ort Samoens 1600 und am Plateau de Glières stehen noch aus. "Jetzt geht es zurück zu den Basics: Die anderen beiden Etappen sollte ich am Rad bleiben und mit den Besten ins Ziel fahren. Alles weitere ist nur noch Bonus", meinte Roglic mit dem Blick voraus.

Mit seinem Sieg übernahm er nicht nur Gelb, sondern baute auch seine Führung in der Punktewertung mit nun 52 Zählern weiter aus. Das Grüne Trikot wird am Samstag stellvertretend nun Ciccone tragen, der 48 Punkte auf dem Konto hat. Evenepoel bleibt bester Nachwuchsfahrer und tauscht Gelb daher auf der 7. Etappe gegen Weiß. Das Bergtrikot behält weiterhin Mathis Le Berre (Arkéa – B&B Hotels), der von vorne herein rechnerisch am Freitag nicht einholbar war. Der Franzose hat weiter 24 Punkte, Roglic als Zweiter nun 15 Zähler in der Kletterer-Wertung.

So lief die 6. Etappe des Critérium du Dauphiné:

Schon kurz nach dem Start bildete sich eine sechsköpfige Spitzengruppe um den Franzosen Romain Grégoire (Groupama – FDJ), der in der Gesamtwertung nur 2:53 Minuten hinter dem Gelben Trikot lag, und den Sieger der 2. Etappe, Magnus Cort Nielsen (Uno-X Mobility).

Das Sextett setzte sich schnell bis auf drei Minuten ab und baute seinen Vorsprung anschließend langsam weiter aus, bis beim Zwischensprint in Les Échelles nach 105 Kilometern, den sich Cort sicherte, um zwischenzeitlich auch die Führung in der Punktewertung zu übernehmen, rund sechs Minuten auf der Uhr standen. Unterwegs hatte Thibault Guernalec (Arkéa – B&B Hotels) nach 31 Kilometern bereits den ersten Bergpreis der 4. Kategorie gewonnen. Mit noch knapp 5:30 Minuten Vorsprung begannen die sechs Ausreißer nach 120 Kilometern den Anstieg zum Col du Granier (2. Kat.).

Das Profil der 6. Etappe beim Critérium du Dauphiné. | Grafik: Veranstalter

Am Berg dann knabberte das Hauptfeld, angeführt von Lidl – Trek und Soudal – Quick-Step, Sekunde um Sekunde weg, so dass das Sextett vorne am Bergpreis 45 Kilometer vor dem Ziel nur noch weniger als vier Minuten übrig hatte. Die fünf Punkte für die Bergwertung sicherte sich Guernalec vor seinem Landsmann Grégoire.

In der Abfahrt kamen Guernalec und Mason Hollyman (Israel – Premier Tech) unabhängig voneinander zu Fall, weil sie sich in einer engen Rechtskurve verschätzten und außen auf die Wiese fuhren. Beide konnten das Rennen fortsetzen, Hollyman aber fand den Anschluss nach vorne nicht mehr.

Der kuriosere Zwischenfall ereignete sich allerdings erst 30 Kilometer vor Schluss: Da nämlich führten die Polizei-Motorräder und auch das erste rote Jury-Fahrzeug der ASO die Spitzenreiter trotz klar sichtbarer Pfeile an einem Linksabzweig geradeaus weiter – wohl auch weil der dort postierte Polizist den Weg nicht versperrte, um den Abzweig mit einer Fahne noch zusätzlich anzuzeigen. Der Fehler wurde zwar schnell festgestellt, kostete aber trotzdem deutlich mehr als eine halbe Minute des Vorsprungs für das Quintett.

Geoghegan Hart und Kuss müssen früh reißen lassen

Mit weniger als zwei Minuten Vorsprung nahmen die Spitzenreiter den 11,2 Kilometer langen und im Schnitt 8,1 Prozent steilen Schlussanstieg in Angriff, in dem hinten im Feld nun die Ineos Grenadiers die Führungsarbeit übernahmen und früh einige prominente Kletterer nicht mehr mitfahren konnten: Tao Geoghegan Hart (Lidl – Trek), Davide Formolo (Movistar) und Sepp Kuss (Visma – Lease a Bike).

An der Spitze attackierte im Berg früh Grégoire und nur Cort konnte mit dem Franzosen zunächst noch mitfahren, der knapp neun Kilometer vor Schluss das Tempo aber nochmal verschärfte und von da an allein unterwegs war. Cort wurde fünf Kilometer vor dem Ziel vom Feld geschluckt, das da noch 40 Sekunden von Grégoire trennten.

Ineos überrascht die Konkurrenz mit De-Plus-Angriff

Nun ritt Laurens De Plus (Ineos Grenadiers) den ersten Angriff aus dem Feld und überraschte damit die Konkurrenz. Da seine Mannschaft sofort aus der Führungsarbeit ausscherte, hatte der Belgier schnell eine ordentliche Lücke und Aleksandr Vlasov (Bora – hansgrohe) setzte mit etwas Verzögerung nach. Der Russe holte De Plus an der 4.000-Meter-Marke ein und die Beiden fuhren in diesem Moment auch an Grégoire vorbei.

Im Feld, wo nun auch Guillaume Martin (Cofidis), Neilson Powless (EF Education – EasyPost), David Gaudu (Groupama – FDJ) und Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) zurückfielen, übernahm Mikel Landa als Evenepoels Edelhelfer die Nachführarbeit. 3,5 Kilometer vor Schluss lancierte dann Giulio Ciccone (Lidl – Trek) die nächste Attacke und sofort sprangen Roglic und Jorgenson sowie Rodriguez und Derek Gee (Israel – Premier Tech) mit, während Evenepoel in Probleme geriet und den Anschluss verlor.

Bora nutzt 'Satelliten-Station' Vlasov mit etwas Verzögerung eindrucksvoll

Vlasov und De Plus aber warteten zunächst nicht auf ihre beiden Kapitäne, sondern zogen an der Spitze weiter durch, so dass sie die letzten zwei Kilometer noch mit sechs Sekunden Vorsprung auf das Verfolgerquintett erreichten. Die Evenepoel-Gruppe, angeführt weiter von Landa, war da mit 20 Sekunden Rückstand noch immer nicht ganz geschlagen.

Dann aber beschleunigte Roglic und führte die Verfolgergruppe an die Spitze heran, wo Vlasov sofort auf Helferdienste umschaltete und Vollgas gab. Nur Roglic und Ciccone blieben am Russen dran und die Lücken nach hinten begannen nun kontinuierlich anzuwachsen. Eingangs des Schlusskilometers hatten die drei an der Spitze fünf Sekunden Vorsprung auf ihre vier Verfolger und 30 Sekunden auf die Gruppe um Evenepoel, dem nun das Gelbe Trikot entglitt.

An der 300-Meter-Marke scherte Vlasov aus und Roglic fuhr von vorne dem Ziel entgegen. Ciccone blieb zunächst noch dran, doch als der Slowene auf den letzten 150 Metern seinen Sprint eröffnete, war die Entscheidung gefallen.

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