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31.10.2016 | ... heißt es in einem aktuellen Chart-Stürmer. Das gilt auch für Radreisen: "Bikepacking" ist der passende Trend dazu. Die Idee ist, mit schmalem Gepäck, das mit speziellen Taschen direkt an Lenker, Sattel und Rahmen festgezurrt wird, auf Radreise zu gehen.
Auf diese Weise bleibt die Zuladung leicht,
und das Rad lässt sich auch auf schlechten Wegen gut steuern. So ergeben sich neue Ziele: „Wald- und Wanderwege werden zu Reiserouten“, schwärmt Peter Kühn vom Radtaschen-Hersteller Ortlieb.
Die fränkische Firma gilt als Erfinder der modernen wasserdichten Radtasche, und präsentierte jüngst auf dem „Sea Otter Festival“ in den USA, einer der weltweit wichtigsten Radsport-Messen, ihre erste Bikepacking-Kollektion.
Mit Ortlieb greift der deutsche Marktführer für Radtaschen
den Trend auf, und liefert den Beweis, dass dieser aus der Nische in den Reise-Mainstream übergeht.
Das Format hat seine Wurzeln bei Langstrecken-Mountainbikerennen in den USA, die im „Selfsupport“-Modus gefahren werden. „Bei solchen Selbstversorger-Rennen ist der Fahrer sein eigener Navigator, Monteur, Masseur usw.
Man darf dabei keine Hilfe von außen annehmen.
Die langen Distanzen machen es notwendig, dass die Fahrer Schlafzeug und Verpflegung auf dem Rad unterbringen müssen und gleichzeitig nichts an Geländegängigkeit einbüßen dürfen“, erzählt Daniel Gareus vom Importeur Cosmic Sports, der mit "Revelate" und "Salsa" zwei amerikanische Pioniere der Szene in Deutschland vertreibt.
Die Kombination von Radreise, sportlichem Fahrvergnügen und hohem Naturgenuss fand schnell den Weg aus dem Sport in die Freizeit, so Gareus weiter. Das Reiseverhalten der Deutschen hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Aus einem zentralen langen Haupturlaub ist ein Mix aus Kurztrips und sporadischen langen Reisen geworden.
Das gilt nach Meinung von Stefan Stiener,
dessen Firma Velotraum einer der renommiertesten deutschen Anbieter für Reiseräder ist, auch für Radurlaube. Noch vor einigen Jahren stand hinter quasi jedem Reiserad-Kauf die Idee oder zumindest der Traum von einer Weltreise per Rad.
Heute werden Räder auch für sporadische Kurzreisen entwickelt - und gekauft. „Das Bikepacking als Idee und passende Räder wie unser Pilger, Finder oder Speedster erschließen neue Routen für Radreisende“, ist Stiener überzeugt, und berichtet von eigenen Erfahrungen:
„Mit leichtem Gepäck sowie einem vielseitigen
und geländegängigen Rad kann ich von den klassischen Radreise-Routen auf kleinere Wege oder schlechtere Straßen abbiegen und Neues entdecken.“
Diese erlebnis- und abenteuergetriebene Variante der Kurzreise heißt Neudeutsch „Micro-Adventure“. Einfach mal kurz ausbrechen aus den Routinen des Alltags. „Dazu passen keine langen Anreisen“, erklärt Joachim Leffler von Fahrer Berlin, einer Firma, die sich auf urbanes Radzubehör spezialisiert hat.
Leffler entwickelt gegenwärtig eine Tasche zum Verpacken
des Rades, die sich extrem klein verstauen lässt, und damit ideal für die Anreise per öffentlichem Verkehrsmittel ist. Er berichtet von Berliner Radlern, die die Bahn bis zum Stadtrand nehmen, und dann für eine Camping-Nacht in den Weiten Brandenburgs mit dem Rad losziehen.
Solche Reisen mit nur einer Übernachtung heißen im Szenesprech „Overnighter“. Für die meisten Bikepacker gehören Lagerfeuer und spontanes Biwak dazu. Die Kombination mit einem Landgasthof ist eher seltener, hat aber ihren eigenen Reiz.
Die erwähnten speziellen Taschen geben
den bepackten Rädern eine eigenständige und markante Silhouette. Charakteristisch ist die Montage direkt ans Fahrrad, ohne Gepäckträger. Die trichterförmige Satteltasche wird mit Riemen und Klettverschluss direkt an Sattelgestell und -stütze in Fahrtrichtung befestigt.
„Auf diese Weise kann die Ladung frei schwingen, wenn man mal ein Schlagloch mitnimmt oder einen Absatz herunterfährt“, erklärt Kühn. Auch könne das Rad so einfacher auf schmalen Wegen gefahren oder geschoben werden als mit ausladenden breiten Packtaschen auf einem Gepäckträger.
Statt eines vorderen Gepäckträgers oder einer Lenkertasche
gehört eine Lenkerrolle zum Bikepacking-Setup. Die wird quer zur Fahrtrichtung unter den Lenker geschnürt. Eine Rahmentasche, die das Rahmendreieck möglichst vollständig ausfüllt, hat sich vor allem für schwere Ausrüstungsgegenstände wie Werkzeug und Kocher etabliert.
Separate kleine Fächer auf dem Oberrohr, am Lenker und am Unterrohr erweitern das Ladevolumen. Rucksäcke dagegen kommen eher selten und nur als Ergänzung zum Einsatz, sodass z. B. schnell und spontan die Bekleidung an die äußeren Umstände angepasst werden kann.
Die Rad-Klamotten sollten im übrigen möglichst funktionell,
und gleichzeitig unempfindlich sein. Moderne Materialien wie Primaloft, eine im Gegensatz etwa zu Daunenfüllungen auch in nassem Zustand wärmende Kunstfaser, sorgen dafür, dass das Verlassen der Komfortzone auch in abendlich-klammer Kühle angenehm bleibt.
In der Idee der kleinen Flucht steckt mithin eine Menge wirtschaftliches Potenzial. Versierte Reiseradler wollen ihre Ausrüstung für Kurz-Trips optimieren, und Reiseneulinge brauchen eine Grundausstattung. Der deutsche Bike- und Outdoor-Ausrüster Vaude hat eigens eine Video-Kampagne zum Thema „5 to 9 Adventure“ initiiert.
Blackburn, ein US-Anbieter von Zubehör für Radfahrer,
schickt seit 2013 jedes Jahr sechs „Blackburn Ranger“ auf große Tour, stattet sie dafür aus, und berichtet multimedial über die Erlebnisse der aus hunderten Bewerbern Auserwählten.
Neben den speziellen Radtaschen stehen vor allem leichte Schlafsäcke, Isomatten, Biwaksäcke oder radikal gewichtsoptimierte Zelte und handliche Kochausrüstung im Mittelpunkt.
Gerade die leichte Schlafausrüstung sei ein besonderer
Freiheits-Garant, erklärt Stephanie Herrling von Vaude: „Wer sein Quartier dabei hat, der muss nichts vorbuchen, und sich nicht sklavisch an irgendeine Route halten. Das ist genau die Freiheit, die vielen in ihrem durchgeplanten Alltag abhanden gekommen ist!“
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