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19.11.2018 | (rsn) - Timo Schäfer kann als Teamkoordinator der saarländischen Kontinental-Equipe Bike Aid auf eine sehr erfolgreiche Saison zurückblicken. Im Interview mit radsport-news.com spricht der 36-Jährige über den ganzjährigen Renneinsatz seiner Mannschaft, das Erfolgsrezept von 2018 und gibt einen Ausblick auf die kommende Saison.
Viele Teams befinden sich in der Winterpause oder schon in der Vorbereitung auf die neue Saison. Anders das Team Bike Aid, das zuletzt in Indonesien für Furore sorgte. Was hat Sie dazu bewogen, das Team das ganze Jahr über im Einsatz zu lassen?
Schäfer: Unser Rennkalender ist in der Tat sehr umfangreich und umspannt praktisch das gesamte Kalenderjahr. Wir haben – gemeinsam mit unseren Fahrern – festgestellt, dass ein dauerhafter Renneinsatz durchaus Vorteile gegenüber dem "traditionellen“ Programm hat. Es war ehrlich gesagt erstmal nur eine Art "Trial and Error“, hat sich dann aber sehr gut entwickelt.
Und wie läuft die Belastungssteuerung bei den Sportlern?
Schäfer: Unsere Fahrer sind zum größten Teil sehr erfahren und wissen Ihre Kräfte entsprechend einzuteilen. Zudem werden wir sehr gut und umfangreich durch das Staps Institut in Köln unterstützt und eben auch die Belastung der einzelnen Fahrer überwacht. So gibt es unterjährig immer wieder "Mikropausen“, die nach Rundfahrten den Fahrern zu Gute kommen und eine – wie früher – große, lange Off-Season entfällt. Aber alles ist sehr individuell ausgelegt und angepasst.
Insgesamt war 2018 wieder ein sehr erfolgreiches Jahr für das Team. Was war das Erfolgsrezept?
Schäfer: Ich glaube, wir haben einen sehr homogenen Kader beisammen, in dem jeder seine Rolle genauestens kennt und diese auch mit Freude zu 100 Prozent ausfüllt. So sind die Helfer eben mit Ihrer Rolle zufrieden und machen den Job gerne, da jeder weiß, dass er in dem Gesamtgefüge seinen Anteil am Erfolg leistet. Ein Lucas Carstensen kann alleine keinen Sprint gewinnen und Nikodemus Holler alleine keine Rundfahrt.
Entscheidend ist aber vielleicht auch, dass es bei uns keine Allüren gibt, es geht ausschließlich um das bestmögliche Ergebnis. Und so fährt auch einmal Nikodemus den Sprint für Lucas an oder Lucas bringt Nikodemus vor einem Berg in Position.
Zudem kommt ein unglaublicher Spirit, der sich mittlerweile bei Bike Aid entwickelt hat. Wir haben eine offene Kultur entwickelt, in der wir sehr direkt, aber respektvoll miteinander umgehen, diskutieren gemeinsam auf Augenhöhe unsere sportlichen Entscheidungen. Damit haben wir immer wieder aufs Neue Erfolge erreicht, die für Aufsehen gesorgt haben. Das schweißt zusammen, gibt dem ganzen Team mittlerweile ein großes Selbstvertrauen.
Die einzig große Enttäuschung war sicherlich die Nicht-Nominierung für die Deutschland Tour. Gab es noch Gespräche mi den Organisatoren?
Schäfer: Ja, die Gespräche gab es – so etwas kann man ja nicht unausgesprochen im Raum stehen lassen, jedoch möchten wir auf das Thema nun nicht mehr weiter eingehen und es abhaken. Wir konzentrieren uns auf’s Wesentliche.
Sie hatten kurzzeitig überlegt, Ihre Lizenz nicht mehr in Deutschland zu lösen. Nunfährt Bike Aid auch weiterhin unter deutscher Flagge zu fahren. Was gab den Ausschlag dafür?
Schäfer: Unser gesamtes Konzept findet ja seinen Anfang in der Krise im deutschen Profiradsport. Zu Recht haben sich Öffentlichkeit und Medien abgewandt. Nach wir vor müssen wir dringend an den internen Problemen arbeiten.
Weiterhin gibt es in Deutschland nicht viele Möglichkeiten, Sponsoren wirklich einen Gegenwert im Sinne von Medialeistung für ihre Engagements zu bieten. Es fehlen dazu die Plattformen in Form von hochwertigen Rennen, eingebettet in attraktive Veranstaltungen.
Was tut Ihr Team, um das zu ändern?
Schäfer: Wir suchen unseren Weg, Medien und Öffentlichkeit zu erreichen, damit dem Profiradsport wieder zu Relevanz zu verhelfen und Sponsoren zu begeistern. Das tun wir, indem wir Storys für Medien liefern oder in dem wir mit bereits 1.200 Mitgliedern bei Bike Aid eine Schnittmenge zwischen Profiradsport und Breitensport bilden. Aber auch, in dem wir nach Deutschland transportieren, welche wachsende Begeisterung Radsport in der ganzen Welt erfährt, welche Talente in der ganzen Welt auf Chancen warten.
Was wir aus unseren ganzen Erfahrungen der letzten Jahr gelernt haben: Die Welt wartet nicht auf Radsport-Deutschland. Wir hoffen, dass die Vorwärtsentwicklung in Deutschland nun wirklich in Gang kommt. Die Neuauflage der Deutschland Tour kann hier den richtigen Anstoß geben.
Das gibt uns Hoffnung und hat uns zu der Entscheidung bewogen, weiterhin Geduld zu haben. Auch wenn für uns die Optionen im Ausland attraktiv erscheinen.
Mit Aaron Grosser haben Sie für 2019 bereits einen talentierten Fahrer für die Sprints verpflichtet. Wie werden sich Grosser und Lucas Carstensen die Rollen in den Sprints aufteilen?
Schäfer: Wir bestreiten einen mehr als ausgeprägten Rennkalender, in dem sich am Ende einer Saison jeder wiederfinden wird. Jeder Fahrer hat in einem Jahr Höhen und auch mal Tiefen, und wir gehen davon aus, dass sich die beiden sehr gut ergänzen werden. Der eine wird mal für den anderen anfahren und umgekehrt, oder beide werden in verschiedenen Rennen eingesetzt.
Am Ende werden die Jungs voneinander profitieren und glücklich sein.
War Grosser der "Königstransfer" oder werden noch weitere potentielle Siegfahrer zum Team stoßen?
Schäfer: Wir haben im Team eine starke Fraktion an Bergfahrern um Holler, van Engelen und unseren Kenianern aufgebaut. Auch im Sprint haben wir die beiden vergangenen Jahre eine tolle Entwicklung genommen, wollten uns aber gezielt in der Spitze nochmal verbessern, um in der kommenden Saison als Sprintzug in Finals auf sehr hohem Niveau was drauflegen zu können. Wir werden demnächst noch Verpflichtungen bekannt geben, die das unterstreichen werden.
Zudem muss man sehen, dass unsere acht UCI-Siege durch vier Fahrer eingefahren wurden und Adne van Engelen war mehrmals kurz davor. Man kann glaube ich schon sagen, dass auch das für eine ganz gute Bandbreite spricht.
Wie gestaltet sich die Kaderzusammenstellung?
Schäfer: Durch unsere Erfolge und das internationale Auftreten können wir uns ehrlich gesagt vor Bewerbungen kaum retten, hier würden wir uns eher ein paar Emails weniger in unserem Postfach wünschen.
Klar erwarten wir von einem Fahrer mehr, als nur den Fokus auf sich selbst und seine sportlichen Erfolge zu richten. Auch wenn der bei einem Sportler immer zentraler Bestandteil sein muss. Wir wollen starke Charaktere, Menschen, die was zu erzählen haben, die auch einen kritischen Blick auf den Radsport haben können, was entwickeln wollen und dennoch absolut für den Radsport brennen.
Dass es bei uns international zugeht, dass man weltoffen sein muss, brauchen wir – glaube ich – nicht zusätzlich zu erwähnen.
Insgesamt haben wir pro Saison nur recht wenige Neuzugänge, da die Basis des Teams – auch auf Grund der charakterlichen Eigenschaften – recht gefestigt ist. Daniel Bichlmann ist bereits sieben Jahre bei uns, schon als wir noch als Renngemeinschaft unterwegs waren. Auch ein Nikodemus Holler geht bei uns in sein sechstes Jahr, all das spricht für Kontinuität.
Sind Sie mit der Entwicklung eurer afrikanischen Fahrer zufrieden?
Schäfer: Mit Salim Kipkemboi hat dieses Jahr der erste Kenianer bei der Königsetappe der Sharjah Tour einen Profisieg errungen. Meron Abraham aus Eritrea wurde bei der Tour of Iran Zweiter in der Gesamtwertung. Neuzugang Clint Hendricks aus Südafrika hat gerade eine Etappe bei der Tour de Singkarak gewonnen. An mehreren Erfolgen in der Mannschaftswertung hatten unsere afrikanischen Fahrer einen entscheidenden Anteil. Das sind beachtliche Meilensteine für den afrikanischen Radsport.
Daher sehen wir die Entwicklung grundsätzlich positiv, denn man muss in eine solche Betrachtung immer den sozio-kulturellen Hintergrund mit einbeziehen. Generell hätten wir uns aber für 2018 bereits etwas mehr erwartet – gerade was die Rennen in Europa anbelangt, kam da nach unserem Dafürhalten etwas zu wenig. Das wollen wir 2019 ändern, denn das Potenzial ist ganz gewiss da.
Man kann aber nicht außer Acht lassen, dass in Europa vor allem auf Grund der lokalen Gegebenheiten wie bspw. Straßenbreite, Feldgröße, Kurven etc. wesentlich mehr "soft-skills“ wie Positionsfahren, Antizipieren oder generell "Technik“ eine übergeordnete Rolle spielen und die reine Leistung so – zumindest für unsere Afrikaner – eher eine Nebensache ist. Das zu verändern ist eine unserer größten Herausforderungen, wo wir wieder bei sozio-kulturellen Aspekten wären. Die Entwicklung afrikanischer Fahrer bleibt weiterhin ein aufwendiges Unterfangen, dem wir uns aber gerne stellen.
Was sind Ihre sportlichen Ziele für das kommende Kalenderjahr?
Schäfer: Unsere Ausrichtung ist klar: Wir wollen unsere Stärken im Sprintbereich in Europa noch deutlicher Beweisen und auch bei mittelschweren, bergigen Rennen Ausrufezeichen setzen. Beide Fraktionen sind dafür stark genug.
Zudem wollen wir versuchen, unsere Saison aus 2018 zu übertreffen – auch wenn das sicher sehr schwer werden dürfte, denn acht UCI – Siege und 26 weitere Podiumsplatzierungen sind schon nicht so schlecht für ein Kontinental-Team.
Mit Blick auf die Deutschland Tour: Ändern Sie etwas am Rennkalender (etwa mehr Bundesliga oder mehr Europe Tour-Rennen) oder hoffen Sie, dass sich der Qualifikations-Modus ändert?
Schäfer: Aktuell wissen wir ja noch nicht, welches die Kriterien 2019 sein werden. Wir sehen jedenfalls keinen Anlass, an unserem Konzept etwas zu verändern.
Wir fahren aber auch Europe Tour Rennen wie Tour of the Alps, Route d’Occitanie, Luxemburg – Rundfahrt oder Ruta del Sol, wo es für Kontinental-Teams schwer ist, UCI-Punkte zu holen.
Die Bundesliga ist eine national abgeschirmte Serie, die leider kaum Medien- noch Zuschauerinteresse generiert und über deren sportliche Wertigkeit man streiten kann. Wie sollen wir unsere Fahrer dazu motivieren, wenn die Alternative eine hochwertige UCI Rundfahrt ist? Welchen Mehrwert soll die Bundesliga Sponsoren bieten?
Deswegen, auch allgemein für die Zukunft der Bundesliga: Wir finden, der BDR muss da andere Weichen stellen. Entweder zum Beispiel Österreich als Vorbild nehmen, wirklich hochwertige internationale Events schaffen oder ein Konzept wirklich für den Unterbau, in dem etwa ausschließlich U23-Landesverbandsmannschaften teilnehmen dürfen. Das würde die Vereine und Landesverbände stärken und eine Perspektive für den Nachwuchs bieten. Profiteams haben genug andere Plattformen.
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