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05.07.2019 | (rsn) - Zum ersten Mal stand Lennard Kämna bei einer Teampräsentation der Tour de France auf der Bühne. Der ehemalige Vize-Weltmeister der U23 war von der traumhaften Kulisse mit den vielen Zuschauern auf dem Großen Platz in Brüssel, einem Weltkulturerbe, beeindruckt.
Nur wenige Tage zuvor hatte Kämna telefonisch erfahren, dass er sein Debüt bei der großen Schleife geben wird. "Es war eine schöne Nachricht, als ich erfuhr, dass ich fahren darf. Da ist mir ein Lächeln aufgegangen. Ich freue mich auf meine erste Tour“, sagte der Sunweb-Profi im üblichen Pressegespräch vor dem Start. "Ich will schöne Erfahrungen sammeln und ein gutes Rennen fahren. Ziele habe ich mir nicht gesetzt. Ich hoffe, bis Paris zu kommen und mein Team gut unterstützen zu können“, kündigte er an, bescheiden in den ersten Höhepunkt seiner Profikarriere zu gehen.
Danach hatte es letztes Jahr nicht ausgesehen, als er wohl wegen Überbelastung im Sommer zwei Monate pausieren musste. "Auch das Frühjahr war keine Granate, ich bin meinen eigenen Erwartungen etwas hinterhergefahren“, gab er zu.
Doch bei der schweren Tour de Suisse schaffte er die Wende. "In der Schweiz lief es fast ein bisschen besser, als ich es erwartet habe", sagte er zu seinem starken Auftritt bei der Tour-Generalprobe. Ob er nominiert wurde, weil sein Kapitän Tom Dumoulin wegen einer Knieverletzung absagen musste, scheint nach seinen Leistungen auf den Bergetappen der Tour de Suisse unwahrscheinlich, weil Kämna da und im Zeitfahren gute Platzierungen einfuhr. Vermutlich hätte er den Startplatz auf jeden Fall bekommen. Sein Saisonaufbau jedenfalls war darauf ausgerichtet.
Kämna bedauerte auch, dass der letztjährige Tour-Zweite fehlt. "Jeder von uns hat sich darauf gefreut, mit Tom Dumoulin um den Toursieg fahren zu können. Wir haben bei der Tour de Suisse gemerkt, dass das Team wirklich stark ist. Wir hätten die Möglichkeit gehabt, Tom lange und gut zu unterstützen.“ Nach dem Ausfall des Niederländers bekommen alle mehr Freiheiten. "Wir werden versuchen, auf Etappenerfolge zu gehen. Ich denke, man wird Sunweb öfter in Ausreißergruppen sehen.“
Seine erste und bisher letzte dreiwöchige Rundfahrt war die Vuelta a Espagna 2017. Damals wurde er nach leichten Knieproblemen aus dem Rennen genommen. Diesmal ist Kämna sich sicher, dass das Gelenk "keine Probleme mehr machen wird. Ich achte mehr auf meinen Körper und Geist. Ich bin deutlich aktiver, was Dehnübungen usw. angeht. Ich bin deutlich fitter.“
Das will er in den kommenden drei Wochen beweisen. Auch seine Ziele für die Zukunft hatte er parat: "Ich möchte mich in Sachen Bergfahren weiterentwickeln und auch im Zeitfahren wieder besser werden. Da habe ich zuletzt etwas eingebüßt. Ich habe gemerkt, dass mir Rundfahrten mehr liegen.“
Der Traum vom Gelben Trikot
Wie viele andere Profis auch träumt er vom Gelben Trikot. Dass das zumindest so bald realistisch nicht erreichbar ist, sagt er selbst, aber auch, dass er als Nachwuchsfahrer immer scharf auf die Trikots war. "Ob Gelb oder Polka-Trikot, ich wollte es immer haben.“
Beim Pressegespräch war auch das Thema Doping präsent. "Gerade die Nummer mit Marc Schmidt (dem geständigen Erfurter Arzt in der 'Operation Aderlass', d. Red.) hat gezeigt, dass tatsächlich noch etwas im Busch war. Mich hat das tief getroffen. Ich konnte es kaum glauben, dass während eines so langen Zeitraums gedopt wurde", sagte Kämna dazu. "Ich denke, dass es gut ist, dass es jeder im Hinterkopf hat, dass es passieren kann. Und dass man die Augen nicht verschließen darf. Man muss aber trotzdem fair an den Radsport rangehen und feststellen, dass wir Riesenschritte in Richtung sauberen Sport gemacht haben.“
Dem Argument, dass heute wie früher ähnliche Geschwindigkeiten gefahren werden, hielt er entgegen: „"Ich kann mir schwer vorstellen, dass wir ähnlich schnell sind, wenn ich mir Videos von 2007 mit Rasmussen und Contador anschaue. Die sprinten den Berg hoch, halten an, sprinten wieder hoch und halten wieder an. Vielleicht haben sie am Ende nicht die gleiche Durchschnittsgeschwindigkeit, weil sie komplett unregelmäßig gefahren sind. Wir sind am Ende vielleicht nur fünf Sekunden langsamer als Contador oben am Berg. Ich behaupte aber, wenn wir dabei Sprints von 15 Sekunden einlegen würden, würden wir wahrscheinlich nach fünf Kilometern backen bleiben"(einbrechen, d. Red.).
Zudem sei der Radsport in den vergangenen Jahren noch professioneller geworden. "Das Material ist besser, das kann man immer sagen. Aber das Training wird zu einhundert Prozent viel, viel professioneller durchgezogen", meinte Kämna und fügte an, dass auch der Lebensstil eines Radprofis heutzutage mehr auf die Erfordernisse des Sports ausgerichtet sei als etwa noch vor zehn oder 15 Jahren. "Deshalb kommt man vielleicht an ähnliche Leistungen heran. Aber ich würde nicht behaupten, dass wir die gleichen Leistungen wie damals erbringen können", betonte der Tourdebütant.
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