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13.08.2019 | (rsn) – 2005 schnupperte Robert Wagner als Stagiaire beim Team Wiesenhof erstmals Profiluft. 14 Jahre später beendet der mittlerweile 36-Jährige seine Karriere. Im Interview mit radsport-news.com blickte der gebürtige Magdeburger auf seine Laufbahn zurück und kündigte an: "Ein Abschiedsrennen wird es nicht geben. Ich fahre mein letztes UCI-Rennen – und gut ist“, so Wagner, der Ende 2018 gemeinsam mit André Greipel zum französischen Zweitdivisionär Arkéa Samsic wechselte, dort aber aufgrund von Verletzungen und Erkrankungen kaum zum Einsatz kam.
Im Juli haben Sie ihr Karriereende angekündigt. Kurz darauf bestritten Sie erstmals die schwere Portugal-Rundfahrt, die Sie aber nach fünf Etappen vorzeitig beendeten. Hätten Sie sich keinen leichteren Auftakt Ihrer Abschiedstour aussuchen können?
Wagner: Ich wollte ehrlich gesagt auch nie dort hin, weil das Rennen meinen Charakteristiken als Fahrer überhaupt nicht entspricht. Aber das Team hat mich gefragt, also bin ich hin. Ich muss sagen, die Rundfahrt ist super organisiert, sie wird aufgezogen wie eine Tour de France. Die ersten Tage liefen auch recht gut, allerdings gab es dann vom einen auf den anderen Tag einen Temperaturanstieg von 15 Grad. Und damit kann mein Körper absolut nicht umgehen. Da hat der Motor einfach abgeriegelt. Am einen Tag habe ich mich noch abgeschlagen alleine ins Ziel gekämpft, tagsdrauf ging es direkt mit einem Berg los, da war ich nach 50 Kilometern schon so weit abgehängt, dass es keinen Sinn mehr machte weiterzufahren. Als ich daheim war und bei 20 Grad die erste Trainingseinheit fuhr, hatte ich dann die Beine der Saison.
Spiegelt das ein Stück weit auch Ihre Saison?
Wagner: Ja, ich habe immer gewollt, aber durch all die Erkrankungen und Verletzungen wurde ich immer wieder zurückgeworfen. Ich habe mich nie hängen lassen, immer auch das trainiert, was ich von den Trainern gesagt bekommen habe. Letztlich tut es mir auch sehr leid, dass ich etwa André Greipel, dem ich meinen Platz im Team zu verdanken habe, nicht besser unterstützen konnte. Aber er hat auch gesehen, dass ich alles versuche, aber nicht mehr geht. Es war auf jeden Fall eine große Ehre und Auszeichnung für mich, dass André, der so unglaublich viele Erfolge in seiner Karriere gefeiert hat, gerade mich gefragt hat, ob ich mit ihm zu Arkéa Samsic wechseln will. Leider konnte ich es sportlich nicht zurückgeben.
Wie steht es mit der Motivation, wenn man schon frühzeitig weiß, dass zum Saisonende Schluss ist?
Wagner: Wie gesagt, ich habe mich nie hängen lassen, habe so trainiert wie ich sollte. Auch heute saß ich wieder über fünf Stunden auf dem Rad. Aber vom Kopf her ist es schon schwer, das stimmt. Man muss sich für keinen neuen Vertrag empfehlen, die Anspannung fällt von einem ab, das Training schlägt nicht mehr so recht an. Da kommt vieles zusammen. Insgesamt habe ich mit dem Thema aktiver Profiradsport gedanklich abgeschlossen. Natürlich hätte ich mir auch einen anderen Abschied gewünscht. Es hätte nicht die Tour de France als letztes Rennen sein müssen, aber sportlich hätte es schon besser laufen sollen. Was mir jedoch wichtig ist: Ich bin mit mir im Reinen. Es ist jetzt einfach auch Zeit zu gehen.
Wie sieht der restliche Rennplan aus - werden Sie noch die Deutschland Tour fahren?
Wagner: Aktuell bin ich als Reservefahrer vorgesehen, ich muss also abwarten, ob noch ein Kollege ausfällt.
Eventuell fahren wir noch den Münsterland Giro. Ich bin das Rennen immer gerne gefahren und würde es gerne auch als letztes UCI-Rennen bestreiten.
Wird es ein Abschiedsrennen geben?
Wagner: Nein, da würde ich mich auch nicht gut bei fühlen. Ich will dieses Tamtam nicht. Was habe ich schon Großes erreicht? Wenn ein André Greipel mit seinen Erfolgen ein
Abschiedsrennen macht, dann passt das. Bei mir wäre das doch etwas deplatziert. Ich fahre mein letztes UCI-Rennen – und gut ist.
Wie wird es für Sie nach dem Karriereende weitergehen?
Wagner: Ich werde ab September in Amsterdam Master of Coaching studieren. Das ist auch ein wichtiger Schritt für mich, der mir auf meinem Weg als zukünftiger Coach helfen wird. Ich werde in der Nachwuchsarbeit tätig sein und also dem Radsport erhalten bleiben. Näheres kann ich aber noch nicht verraten. Das wird mein neues Team bekannt geben!
Wie würden Sie Ihre Karriere im Rückblick bewerten?
Wagner: Och, da war von allem was dabei. Für dieses Jahr würde ich mir eine glatte 6 geben. Aber zum Glück muss ich nicht wiederholen (lacht). Ansonsten waren da schon auch viele schöne Erfolge dabei, wie der Deutsche Meister Titel von Neuwied (2011), der Etappensieg bei der Bayern-Rundfahrt - und bei der Delta Tour habe ich im Sprint Alessandro Petacchi geschlagen. Ich war nie das ganz große Talent, aber was ich erreicht habe - Siege und Teilnahmem an allen großen Rennen - das hatte ich mir zu Beginn meiner Karriere höchstens erträumt. Das macht mich stolz.
Warum hat es nicht zu mehr Siegen gereicht?
Wagner: Ich denke, das war auch eine Mentalitäts- und Charakterfrage. Generell habe ich mich selbst oft unterschätzt, andere haben mir immer mehr zugetraut als ich mir selbst. Als Sprinter musst du ein "Killer" sein. Ein Dylan Groenewegen etwa denkt nach einem Sieg sofort an die nächste Etappe, die er gewinnen kann, während ich mir nach einem Sieg dachte: Krass, du das gewonnen hast. Außerdem war ich nicht der Typ, der die Mannschaft den ganzen Tag für sich arbeiten lässt, dann im Sprint Siebter wird und am Tag drauf wieder die Mannschaft für sich einspannt. Da stellt sich auch die Frage, wie man mit Druck umgeht. Ich habe mich immer in der Helferrolle gesehen, mir hat da auch ein Stück weit das Selbstvertrauen gefehlt. Bei der DM in Neuwied etwa habe ich fünf Kilometer vor dem Ziel noch Fabian Wegmann gefragt, ob wir den Sprint für ihn anziehen sollen. Hätte er gesagt: 'Ja' - dann wäre ich nie Deutscher Meister geworden. Aber er sagte: 'Wagi, du bist der Schnellste, wir fahren für dich'. Und dann gewinne ich das Ding mit deutlichem Vorsprung. Und so lief es bei anderen Erfolgen auch.
Haben auch Ihre vielen Verletzungen und Operationen dazu beigetragen, dass Sie nicht noch mehr erreicht haben?
Wagner: Nein, eher im Gegenteil würde ich sagen. Ich hatte 2010 im rechten Bein große Probleme, es hat bei längeren Anstiegen zu gemacht. Es war eine lange Suche, bis herausgefunden wurde, dass es mit einer verengten Arterie zu tun hatte. Das war eine Risiko-OP, die sich ausgezahlt hat. Ich war im Winter zu Leopard gewechselt und hatte vor dem ersten Trainingslager mit Cancellara und den Schlecks schon Respekt, hatte Angst, dass ich nicht mithalten könnte. Aber nach der Operation war mein Bein richtig gut, ich hatte die Form meines Lebens. Die damaligen Sprinter des Teams wie Daniele Bennati kamen zu mir und fragten, ob ich der neue Sprintkapitän sei, so gut lief es. Aber ich sagte ihnen nur: Nee, ich werde die Sprints für euch anfahren. Einige Monate später wurde ich dann auch Deutscher Meister. Vier Jahre später fingen dann die Probleme im anderen Bein an, also stand im Mai 2015 die nächste Operation ein. Die Wirkung war nicht ganz so gut wie am rechten Bein, aber ohne diese beiden Eingriffe hätte ich meine Karriere beenden müssen - und ich hätte so niemals die Tour de France bestreiten können. Ich muss aber auch sagen: Hätte ich doch noch über die Saison 2019 hinaus Radprofi bleiben wollen, dann hätte ich mich wohl noch mal einer Operation am linken Bein unterziehen müssen, da die Probleme auch wieder schlimmer geworden sind.
War der DM-Titel von Neuwied Ihr schönster Erfolg als Berufsradfahrer?
Wagner: Er zählt auf jeden Fall dazu. Auf den Titel war ich stolz und seitdem habe ich die deutsche Flagge auf meinen Trikotärmeln. Das können nicht viele von sich behaupten. Aber es gab noch andere schöne Momente. Da war meine erste GrandTour für Leopard bei der Vuelta 2011. Viele hatten Zweifel, ob ich da bis zum Ende durchhalten würde. Aber ich habe es geschafft. Das war ein unglaubliches Glücksgefühl. Zwei Tage später saß ich schon wieder auf dem Rad, hatte super Beine und habe fünf Tage später beim GP d`Isbergues im Sprint um Platz drei Alexander Kristoff hinter mir gelassen, so voller Endorphine war ich.
Ein weiteres Highlight war für mich meine erste Tour de France 2016, als ich dort auf die Champs Elysées eingebogen bin, da hatte ich wirklich Tränen in den Augen. Ich kannte das Ganze nur aus dem TV und jetzt war ich mittendrin. Und 2017 mit dem Sieg von Dylan Groenewegen auf den Champs Elysées war das auch sportlich etwas ganz Besonderes, an das alle Beteiligten noch heute gerne dran denken. Ich hatte am Abend vor der Etappe schon zu Dylan gesagt: 'Das morgen wird dein Tag.' Wir hatten uns vor der Etappe im Bus nochmal richtig eingeschworen, sind mit Feuer in den Augen ausgestiegen und haben dann richtig Rambazamba gemacht. Die ganze Tour 2017 war mega, auch mit dem Grand Depart in Düsseldorf.
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