Van der Poel lässt Alaphilippe im Steilen alt aussehen

Bei Strade Bianche besiegt der Cross- den Straßen-Weltmeister

Von Felix Mattis

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Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) feiert seinen Sieg bei Strade Bianche in Siena. | Foto: Cor Vos

06.03.2021  |  (rsn) – Sechs Mal trommelte Mathieu van der Poel auf dem Piazza del Campo mit voller Kraft in die Luft, als er den Zielstrich der Strade Bianche in Siena überquerte. Der Niederländische Straßen- und Cross-Weltmeister brüllte seine Freude heraus und fuhr dann seinen Betreuern in die Arme, um einen weiteren großen Sieg zu feiern.

Van der Poel entschied die 15. Auflage des prestigeträchtigen italienischen Neo-Klassikers für sich, indem er den Straßen-Weltmeister Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick-Step) und den Ex-Tour-Sieger Egan Bernal (Ineos Grenadiers) in der bis zu 16 Prozent steilen Via Santa Caterina auf den letzten 500 Metern regelrecht stehen ließ.

“Strade ist eines der Rennen, die ich wirklich einmal gewinnen wollte. Es ist wirklich cool, das heute so geschafft zu haben“, freute sich der 26-Jährige, der vor acht Jahren im nur eine Autostunde entfernten Florenz Junioren-Weltmeister geworden war und nun in Siena den amtierenden Straßen-Weltmeister der Profis gleich zweimal in einem Rennen stehen ließ.

Denn schon 12,5 Kilometer vor dem Ziel konnte Alaphilippe zunächst nichts entgegensetzen, als van der Poel in dem steilen, letzten Schotterabschnitt die vorentscheidende Attacke ritt. Der Franzose kam über die Kuppe zwar noch einmal heran, doch als es in der Via Santa Caterina hinein in die Altstadt von Siena dann um den Sieg ging, war der sonst bei derart steilen Rampen so überlegene Alaphilippe erneut der Schwächere und konnte das Hinterrad des Niederländers nicht halten.

"Ich wusste, dass Julian nicht lügt“

"Ich habe mich sehr gut gefühlt und habe im letzten Sektor attackiert. Dann sind wir zu dritt Vollgas gefahren und ich bekam das Gefühl, dass ich noch etwas übrig hatte, um hier im letzten Anstieg nochmal alles rauszuholen“, erzählte van der Poel im Sieger-Interview und erklärte dann, dass er sich in Siena sogar mehr Sorgen um Bernal als um Alaphilippe gemacht hatte:

"Ich glaube Julian war etwas müde am Ende. Er hat mir auch gesagt, dass seine Beine nicht mehr so gut waren. Normalerweise fährt er immer voll mit durch, aber diesmal hat er auch Führungen ausgelassen. Ich wusste, dass er nicht lügt. Egan Bernal hat bergauf einen sehr starken Eindruck auf mich gemacht. Aber ich wusste, dass mir dieses Finale wirklich liegt.“

Das tat die Via Santa Caterina offenbar tatsächlich – genau wie das gesamte Rennen über die weißen Schotterstraßen der Toskana dem Cross-Weltmeister und Mountainbike-Ass lag. Sein Auftritt in der Toskana lässt nun vermuten, dass ein starkes Klassiker-Frühjahr vor ihm liegt. "Das hoffe ich“, grinste er darauf angesprochen in Siena nur.

Van Aert ging die Kraft aus, Gogl wächst über sich hinaus

Allerdings weiß auch van der Poel, dass es schwer wird, diese Form bis Mitte April über Tirreno-Adriatico und Mailand-Sanremo hinweg bis zur Flandern-Rundfahrt und schließlich Paris-Roubaix zu halten, während beispielsweise sein Dauer-Rivale Wout Van Aert (Jumbo – Visma) noch im Aufbau zu sein scheint. Der belgische Titelverteidiger fuhr 160 Kilometer lang eine sehr starke Strade Bianche, zeigte dann aber Schwächen und musste sich schließlich mit Rang vier zufriedengeben.

Einen besonders starken Tag hatte in der Toskana dagegen der Österreicher Michael Gogl (Qhubeka – Assos), der es in die sehr illustre siebenköpfige Favoritengruppe schaffte und schließlich hinter van der Poel, Alaphilippe, Bernal, Van Aert und Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) sowie vor Tour de France-Sieger Tadej Pogacar Sechster wurde.

So lief das Rennen:

Zu Beginn des Rennens bildete sich eine achtköpfige Ausreißergruppe, zu der auch der ehemalige Deutsche Cross-Meister Philipp Walsleben (Alpecin – Fenix) gehörte. Sie fuhr sich einige Minuten Vorsprung heraus, hatte aber schon zu Rennhalbzeit nur noch 65 Sekunden davon übrig. Diesen Abstand konnte man bis 75 Kilometer vor dem Ziel halten. Doch auf dem Weg zum siebten der elf Schotter-Sektoren, dem berühmt-berüchtigen Abschnitt von San Martino in Grania, wurde das Peloton immer schneller und eingangs des Sektors wurden Walsleben und seine Begleiter wieder gestellt.

Auf dem Schotter bildete sich dann ein weiteres Trio um Gianni Vermeersch (Alpecin – Fenix), Gonzalo Serrano (Movistar) und Andreas Kron (Lotto Soudal), das 25 Sekunden herausfuhr, bevor dahinter Greg Van Avermaet (Ag2r – Citroen) attackierte und eine größere Verfolgergruppe initiierte.

Diese Gruppe fuhr zu den drei Spitzenreitern hin, doch nun war das Rennen endgültig eröffnet und Jumbo – Visma nahm die Verfolgung im Hauptfeld auf. Als es dann 53 Kilometer vor Schluss auf den achten Sektor ging, kam es bereits wieder zum Zusammenschluss.

Van Aert reißt das Rennen auseinander

Nun übernahm Titelverteidiger Wout Van Aert (Jumbo – Visma) höchstpersönlich das Zepter und zog das Feld in die Länge, bis am Ende des mit 11,5 Kilometern längsten Sektors Monte Sante Marie nur noch acht Mann an der Spitze beisammen waren: Er, Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix), Egan Bernal, Tom Pidcock (beide Ineos Grenadiers), Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step), Michael Gogl (Qhubeka – Assos) und Quinn Simmons (Trek – Segafredo).

Sie verließen den Schotter mit rund 15 Sekunden Vorsprung auf eine etwa genauso große Verfolgergruppe um Jakob Fuglsang (Astana – Premier Tech). Die Verfolger fuhren mehr als zehn Kilometer auf Tuchfühlung mit zwischen zehn und 20 Sekunden Rückstand hinter der Spitze her, konnten die Lücke aber nie mehr schließen. Unterdessen war Simmons durch einen Defekt aus der Spitzengruppe zurückgefallen.

Alaphilippe bringt Van Aert und Pidcock in Probleme

Eingangs des nur 800 Meter langen, aber steilen Sektor 9 wuchs der Abstand zu den Verfolgern dann über 25 Sekunden an und vorne setzte nun Alaphilippe 24 Kilometer vor Schluss eine erste eigene Attacke, die etwas überraschend ausgerechnet den bis dahin sehr stark wirkenden Van Aert und Pidcock in Probeme brachte.

Das Duo hatte nach dem Schotter-Abschnitt zehn Sekunden Rückstand, kam im 2,4 Kilometer langen Sektor 10 aber 18 Kilometer vor Schluss doch noch einmal zur Spitze zurück. Zu siebt ging es daher in Richtung des letzten Schotter-Abschnitts, den dann van der Poel zum Vorstoß nutzte. Der Niederländische Meister ließ 12,5 Kilometer vor dem Ziel erstmal alle anderen stehen, doch über die Kuppe kam Alaphilippe noch einmal an ihn heran – und weil die beiden dann nicht gut kooperierten, schloss zehn Kilometer vor dem Ziel auch Bernal nochmal auf.

Das Trio teilte sich die Führungsarbeit dann recht gut auf und musste in den Außenbezirken von Siena den Druck auch deshalb aufrecht halten, ohne mit dem Pokern zu beginnen, weil sich die vier Verfolger Van Aert, Gogl, Pogacar und Pidcock ebenfalls nicht aufgaben und nur 15 Sekunden zurück lagen.

Van der Poel attackiert von der Spitze weg

Als 1,5 Kilometer vor Schluss eingangs der Schlusssteigung in Richtung Altstadt 27 Sekunden Vorsprung auf der Uhr standen, schien das Rennen aber endgültig vorentschieden. Die drei Spitzenreiter zogen durch die Stadtmauer hindurch und bis zur 700 Meter vor Schluss erreichten Via Santa Caterina weiter gemeinsam voll durch, um dann in dem bis zu 16 Prozent steilen Altstadt-Sträßchen den Sieg auszufechten.

Alaphilippe führte in die Rampe hinein, dann übernahm van der Poel die Spitzenposition und attackierte schließlich knapp 500 Meter vor Schluss von der Spitze weg. Wie schon im letzten Schotter-Sektor konnten Alaphilippe und Bernal dem Antritt des Cross-Weltmeisters nicht mehr folgen und so war die Entscheidung gefallen.

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