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04.04.2021 | (rsn) - Nach der Verschiebung von Paris-Roubaix auf Anfang Oktober bildet die Flandern-Rundfahrt am Ostersonntag das uneingeschränkte Frühjahrshighlight für alle Kopfsteinpflasterspezialisten. Im Fokus steht dabei - wie schon im letzten Herbst - das Duell zwischen Titelverteidiger Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) und Wout Van Aert (Jumbo-Visma), der sich dem Niederländer damals in Oudenaarde im Zweiersprint hauchdünn geschlagen geben musste.
Gestartet wird die 105. Austragung in Antwerpen, von dort aus müssen 264 Kilometer zurückgelegt werden, ehe die Fahrer aus den insgesamt 25 Mannschaften in Oudenaarde ankommen.
Dabei ist die Strecke traditionell mit kurzen, aber zum Teil sehr steilen Anstiegen gespickt, die auch über Kopfsteinpflaster führen. Dazu gibt es noch fünf flache Kopfsteinpflasterpassagen. Der erste der insgesamt 19 Hellingen, der Katteberg, steht erst nach 90 Kilometern auf dem Programm.
Das Finale wird schließlich mit dem 13. Helling des Tages, dem nur 360 Meter langen, aber bis zu 22 Prozent steilen Paterberg eingeleitet, der 55 Kilometer vor dem Ziel ansteht. Danach folgen noch der ebenfalls kurze, aber recht steile Koppenberg, Steenbeekdries, der Taaienberg, der Kruisberg, die dritte Überfahrt des Oude Kwaremont sowie zum Abschluss nochmals der Paterberg, ehe es die letzten 13 Kilometer flach in Richtung Oudenaarde geht.
Fünf oder 17 Favoriten-Sterne für Van Aert und van der Poel?
Die Favoritenrollen nehmen van der Poel und Van Aert ein, die auf dem Papier die wohl stärksten Eintagesfahrer dieses Frühjahrs waren - auch wenn das Duo nicht alle Siege unter sich ausmachen konnte. Druck verspüren die beiden sogenannten Fünf-Sterne-Favoriten deshalb aber nicht, oder zumindest tragen sie es nicht nach außen.
"Ob man im Vorfeld fünf, drei oder siebzehn Sterne bekommt, hat keine Auswirkung auf das Rennen. Es ändert nichts an der Taktik. Ich werde Mathieu etwa am Sonntag nicht fahren lassen, wenn er etwas versucht. Vor einem erneuten Zweiersprint habe ich auch keine Angst, dann gilt es aus den Fehlern vom letzten Herbst zu lernen", sagte Van Aert, der zwar zugab, sich aktuell körperlich nicht so stark zu fühlen, wie im letzten Oktober bei der wegen der Corona-Pandemie verlegten Ronde. "Aber im Kopf fühle ich mich viel frischer. Im letzten Jahr war die Flandern-Rundfahrt eher ein Nachtisch am Ende der Saison, jetzt ist sie ein Hauptgericht", fügte er an.
"Es gibt mehr Favoriten, als alle denken"
Van der Poel erklärte derweil, dass er ohnehin noch viele weitere Fahrer in den Favoritenkreis zählen würde. "Es gibt einige Fahrer, die in der Lage sind, zu gewinnen. Wir dachten, wir würden schon wissen, wer wie stark ist - und dann ein Rennen später musste man alles wieder überdenken. Es gibt sicherlich mehr Favoriten, als alle denken", meinte er und gab Entwarnung ob seiner Probleme von Dwars door Vlaanderen am Mittwoch: "Ich hatte Probleme mit der Hitze, aber ich habe sehr viele Fahrer darüber sprechen hören. Ich glaube nicht, dass das für Sonntag etwas ändert und mache mir keine Sorgen."
Was die vergangenen Rennen gezeigt haben ist, dass man das niederländisch-belgische Duo schon früh attackieren muss, um die beiden Überflieger ins Hintertreffen zu bringen. Überlässt man ihnen das Rennen, so attackieren sie im Finale in den entscheidenden Momenten und dann kann im Normalfall keiner der Kontrahenten mitgehen. Aber beide sind keine Roboter: Bei Van Aert war bei der E3 Classic der Akku nach einer Aufholjagd nach Defekt im Finale leer, bei Dwars door Vlaanderen lief es bei van der Poel wegen der überraschenden Frühjahrshitze von 25 Grad nicht 100 Prozent nach Wunsch.
"Man kann sich sicher sein, dass Mathieu keine zwei schlechten Rennen hintereinander fahren wird", wollte Van Aert dem Auftritt bei den über Nacht extrem angestiegenen Temperaturen keine große Bedeutung beimessen.
Quick-Step-Trumpf auch ohne Stybar weiterhin die Vielseitigkeit
So wird für die Konkurrenz auch bei der Flandern-Rundfahrt ein probates Mittel sein, einen starken Fahrer früh in die Offensive zu schicken, wie es etwa Deceuninck - Quick-Step bei der E3 Classic getan hat, als man über 60 Kilometer vor dem Ziel Kasper Asgreen losschickte, der letztlich nach starker Teamleistung das Rennen gewann.
Den 'Wolfpack' wird dabei der Ausfall von Zdenek Stybar aber sehr schmerzen. Der Tscheche musste sich am Mittwoch einer Herz-OP wegen Rhythmusstörungen unterziehen, die glücklicherweise aber erfolgreich war. "Zdenek war einer der stärksten Fahrer bei Deceuninck momentan - speziell für ein Rennen, wie die Ronde mit den vielen, schweren Anstiegen", meinte van der Poel.
Trotzdem: Der Trumpf des belgischen WorldTeams, das am Sonntag unter dem Namen Elegant - Quick-Step statt Deceuninck - Quick-Step unterwegs ist, wird bei der Ronde auch ohne Stybar erneut die Vielseitigkeit sein. Mit Weltmeister Julian Alaphilippe, der im letzten Herbst bis zu seinem Sturz 35 Kilometer vor dem Ziel der einzige Fahrer war, der es mit van der Poel und Van Aert aufnehmen konnte, hat die Mannschaft von Patrick Lefevere noch ein Ass im Ärmel. Neben ihm und Asgreen könnten auch Florian Senechal oder Yves Lampaert stechen.
Für Deceuninck - Quick-Step wird es aber auch darum gehen, die letzten beiden Auftritte bei Gent-Wevelgem und Dwars door Vlaanderen vergessen zu machen, wo sie in Lampaert auf den Plätzen vier und 14 ihren besten Mann deutlich hinter den eigenen Ambitionen platzierten.
Asgreen erinnerte sich im Vorfeld daher lieber an seinen E3-Sieg von letztem Freitag. "Der Sieg kam nach einer fantastischen Vorstellung unseres Teamworks, und das macht mich zuversichtlich, dass wenn wir wieder so fahren, wir auch wieder mit dabei sein werden, wenn es um den Sieg geht", sagte der Dänische Meister. "Flandern ist ein langes Rennen und es kann viel passieren. Aber unsere große Stärke ist, dass wir verschiedene Fahrer haben, die etwas tun können."
Ag2r - Citroen und Bora - hansgrohe mit Doppelspitzen
Besser als in den letzten Rennen muss bei AG2R Citroen indes die Doppelspitze Greg Van Avermaet und Oliver Naesen harmonieren. Spielen es die beiden Belgier perfekt, so könnten sie an einem guten Tag um den Sieg mitfahren. "Vor allem Van Avermaet scheint immer besser zu werden", meinte Van Aert über seinen Landsmann. Auch für Bora - hansgrohe gilt es, die beiden Kapitäne Peter Sagan und Nils Politt bestmöglich in Szene zu setzen und diese dazu taktisch clever fahren zu lassen - auch wenn Sagan gegenüber radsport-news.com tiefstapelte:
"Man sollte uns als Außenseiter betrachten", sagte er angesichts der Probleme des Teams mit positiven Corona-Tests und damit verbundenen Quarantäne-Maßnahmen in den letzten Wochen und Monaten. "Ich bin dieses Jahr nicht auf dem Level, das ich normalerweise vor Flandern und Roubaix habe."
Van Baarle seit Mittwoch nicht mehr unter dem Radar
Sich in den Ronde-Favoritenkreis gefahren hat sich am letzten Mittwoch zudem der Niederländer Dylan van Baarle (Ineos Grenadiers), der mit einem 50-Kilometer-Solo die Generalprobe Dwars door Vlaanderen für sich entschied. "Ich habe ihn nicht erst seit Mittwoch auf dem Schirm. Er wird gerne übersehen, wenn man die Favoriten nennt", so Van Aert.
Abgerundet wird die Riege der Männer mit Außenseiterchancen durch Sanremo-Sieger Jasper Stuyven (Trek - Segafredo), Alberto Bettiol (EF Education - Nippo, Flandern-Sieger 2019), Sep Vanmarcke (Israel Start-Up Nation), Stefan Küng (Groupama - FDJ), Christophe Laporte (Cofidis), Alexander Kristoff (UAE Team Emirates), Michael Matthews (BikeExchange), Tiesj Benoot, Sören Kragh Andersen (beide DSM), John Degenkolb und Tim Wellens (beide Lotto Soudal). "Ich denke, es gibt insgesamt zehn bis 15 Fahrer, die das Rennen gewinnen können", meinte Van Aert.
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