Van Vleuten bejubelte irrtümlicherweise Gold

Kiesenhofer wird nach einer 137-km-Flucht Olympiasiegerin

Foto zu dem Text "Kiesenhofer wird nach einer 137-km-Flucht Olympiasiegerin"
Anna Kiesenhofer ist Olympiasiegerin im Straßenrennen der Frauen geworden. | Foto: Cor Vos

25.07.2021  |  (rsn) - Die Österreicherin Anna Kiesenhofer hat in sensationeller Weise dem Olympischen Straßenrennen der Frauen ihren Stempel aufgedrückt und mit einem Start-Ziel-Sieg die Goldmedaille erobert. Die 30-Jährige war sofort nach Freigabe des 137 Kilometer langen Rennens vom Musashinonomori Park zum Fuji International Speedway in die Offensive gegangen und hatte mehrere weitere Fahrerinnen mit sich gezogen, ehe sie mit der Polin Anna Plichta und der Israelin Omer Shapira 40 Kilometer vor dem Ziel ihre letzten verbliebenen Begleiterinnen abschütteln konnte.

"Es ist noch schwer zu begreifen. Wenn man bei den Interviews wiederholt, dass man Olympiasiegerin ist, dann wird es ein bisschen mehr wahr. Ich glaube, das ist die schwerste Medaille, die ich jemals um meinen Hals hatte", sagte Kiesenhofer dem Österreichischen Rundfunk ORF. "Heute hat einfach alles gepasst. In einem Straßenrennen spielt immer der Faktor Glück eine große Rolle. Ich hatte den Mut zu attackieren und war am Ende die Stärkste unter den Ausreißerinnen.“

Mit 1:15 Minuten Rückstand kam Annemiek van Vleuten aus dem hoch favorisierten niederländischen Team ins Ziel und jubelte fast ebenso ausgelassen wie die neue Olympiasiegerin. Die Ex-Weltmeisterin ging davon aus, Nachfolgerin ihrer Landsfrau Anna van der Breggen zu sein, die in Rio 2016 Gold im Straßenrennen gewonnen hatte. Offensichtlich hatten die Favoritinnen die enteilte Kiesenhofer nicht mehr auf der Rechnung, was auch erklärt, warum die Niederländerinnen erst spät das Tempo anzogen.

"Ich habe gemischte Gefühle. Zunächst einmal bin ich sehr stolz auf meine erste olympische Medailler", sagte die 38-jährige van Vleuten, die in Rio 2016 in Führung liegend schwer gestürzt war. "Es ist vielleicht nicht das Ergebnis, auf das wir gehofft haben, wir haben auf Gold gehofft, aber ich persönlich denke, dass ich ein gutes Rennen gefahren bin, genau wie das gesamte niederländische Team.“

Bronze ging an die Italienerin Elisa Longo Borghini (+1:29), Vierte wurde die Belgierin Lotte Kopecky (+1:39), die sich kurz vor dem Ziel ebenfalls noch aus der Gruppe der Favoritinnen hatte lösen können. Im Sprint der Verfolgerinnen sicherte sich die Niederländerin Marianne Vos - Olympiasiegerin von 2012 - den fünften Platz vor der Deutschen Meisterin Lisa Brennauer, die nach einer starken Vorstellung Sechste wurde."Das Podium wäre bei mir drin gewesen. Aber am Ende war der Ofen einfach aus", sagte die 33-jährige Kemptenerin zur verpassten Chance auf Edelmetall.

So lief das Rennen:

Kiesenhofer, Plichta, Shapira, Carla Oberholzer (Südafrika) und Vera Looser (Namibia) lösten sich schon kurz nach dem Start im Musashinonomori Park aus dem Feld. Mosana Debesay (Eritrea) und Selam Amha (Äthopien) versuchten vergeblich, noch zu diesem Quintett aufzuschließen. Das Duo blieb zwischen dem Feld und der Spitzengruppe hängen.

Looser fiel bereits 96 Kilometer vor dem Ziel in einer ansteigenden Passage aus der Spitzengruppe heraus. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Feld bereits fast elf Minuten Rückstand auf die Ausreißer. Sechs Kilometer später musste auch Oberholzer ihre Begleiterinnen ziehen lassen. Bei den Verfolgerinnen bestimmte zunächst die routinierte Cottbuserin Trixi Worrack für das deutsche Team das Tempo. Schließlich wurden Debesay und Amha wieder eingeholt. Stattdessen setzten sich nun Catalina Soto (Chile) und Agua Marina Espinola (Paraguay) ab, ohne allerdings eine Chance zu haben, die Lücke schließen zu können.

Im Peloton wurden 80 Kilometer vor dem Ziel einige Teams ob des großen Rückstandes nervös. Dagegen hielten sich die mit gleich vier Favoritinnen angetretenen Niederländerinnen weiter zurück. Abgesehen davon, dass die beiden Südamerikanerinnen 74 Kilometer vor dem Ziel wieder eingefangen wurde, änderte sich an der Konstellation aber nicht.

An der Doushi Road macht Team Oranje Ernst

60 Kilometer vor dem Ziel schienen die Fahrerinnen in Orange dann Ernst zu machen. In der Doushi Road, dem längsten und schwersten Anstieg des Tages, lancierten sie mehrere Attacken, ohne dass sich zunächst allerdings eine von ihnen lösen zu konnte. Zuerst versuchte es Demi Vollering, dann van der Breggen. 3000 Meter vor Ende der Steigung setzte schließlich van Vleuten zu einem Solo an.

Durch die Tempobeschleunigung der Ex-Weltmeisterin dünnte das Feld, aus dem zuvor schon die beiden Australierinnen Grace Brown und Amanda Spratt herausgefallen waren, weiter aus. Kurzzeitig verloren auch die Friedrichshafenerin Liane Lippert und die US-Amerikanerin Chloe Dygert den Anschluss. An der Bergwertung hatte van Vleuten 5:45 Minuten Rückstand auf die Spitzengruppe um Kiesenhofer und 45 Sekunden Vorsprung auf die nur noch rund 20-köpfige Gruppe der Favoritinnen.

40 Kilometer vor dem Ziel ließ Kiesenhofer ihre Begleiterinnen am Kagosaka Pass mit einem unwiderstehlichen Antritt stehen. Weder van Vleuten noch das Peloton, in das mehrere Fahrerinnen wieder zurückgekehrt waren, konnten in der Folge den Rückstand auf die wie entfesselt fahrende Österreicherin merklich verringern.

Van Vleuten startet ihre Aufholjagd viel zu spät

In der Abfahrt vom Kagosaka Pass löste sich eine 15-köpfige Gruppe aus dem Feld und fing 25 Kilometer vor dem Ziel van Vleuten wieder ein. Mit dabei waren Brennauer sowie die anderen Niederländerinnen. Dennoch nahm Kiesenhofer auf dem Kurs Motorsportkurs von Fuji die 17,8 Kilometer lange Zielrunde mit rund zwei Minuten Vorsprung auf Shapira und Plichta in Angriff.

Die mittlerweile wieder auf rund 20 Fahrerinnen angewachsene Gruppe der Favoritinnen folgte mit mehr als vier Minuten Rückstand. Wenige Sekunden früher war die kurz zuvor enteilte Juliette Labous über die Ziellinie gejagt. Die Französin wurde zwar auf den letzten sieben Kilometern wieder gestellt - Kiesenhofer war aber außer Reichweite des Favoritinnen und triumphierte nach einer 137 Kilometer langen Flucht.

Team Oranje übernahm im Finale die Spitzenpositionen im geschrumpften Feld, startete eine späte Aufholjagd und stellte fünf Kilometer vor dem Ziel zumindest noch die völlig entkräfteten Plichta und Shapira. Auf den letzten drei Kilometern trat van Vleuten ein zweites Mal an diesem Tag an und fuhr noch zur Silbermedaille, gefolgt von Longo Borghini, die sich ebenfalls noch aus der Gruppe hatte lösen können.

Mehr Informationen zu diesem Thema

08.08.2021Valente holt zum Abschluss Gold im Omnium der Frauen

(rsn) - Mit der Omnium-Goldmedaille für Jennifer Valente (USA) sind die Olympischen Bahnwettbewerbe in Izu zu Ende gegangen. Nach vier Wettbewerben setze sich die US-Amerikanerin mit 14 Punkten Vorsp

07.08.2021Programm der Olympischen Rad-Wettbewerbe

(rsn) - Nachdem in der ersten Woche der Olympischen Spiele von Tokio die Straßenrennen sowie die MTB- und BMX-Wettbewerbe ausgetragen wurden, stehen in der zweiten Woche die Bahnwettbewerbe auf dem P

07.08.2021Am Schlusstag greift Hinze noch nach einer Bahnmedaille

(rsn) - Die Chancen auf eine dritte deutsche Bahnmedaille bei den Olympischen Spielen stehen weiterhin gut. Denn Weltmeisterin Emma Hinze schaffte im Sprint der Frauen den Einzug in das Halbfinale. So

07.08.2021Sturz beendete die deutschen Madison-Hoffnungen

(rsn) – Michael Morkov und Lasse Norman Hansen konnten im Madison-Rennen der Olympischen Spiele vom Tokio einen Favoritensieg einfahren. Sie gewannen in einem unglaublich schnellen Rennen die Goldme

07.08.2021Hinze schafft Sprung ins Semifinale, Friedrich scheitert knapp

(rsn) - Die Chancen auf eine dritte deutsche Bahnmedaille bei den Olympischen Spielen stehen weiterhin gut. Denn Weltmeisterin Emma Hinze schaffte im Sprint der Frauen den Einzug in das Halbfinale. So

06.08.2021Alpecin - Fenix mit Krieger und Bayer zur Vuelta

(rsn) - Nachdem er beim Giro d`Italia sein Grand-Tour-Debüt gegeben hat, steht mit der Vuelta a Espana auch noch die letzte großen Rundfahrt im Programm von Alexander Krieger (Alpecin – Fenix). De

06.08.2021Sprint: Lavreysen schlägt im Gold-Duell Landsmann Hoogland

(rsn) - In einem niederländischen Duell hat sich Sprint-Weltmeister Harrie Lavreysen nun auch den Titel des Olympiasiegers gesichert. Nachdem sein Landsmann Jeffrey Hoogland den ersten Lauf für sich

05.08.2021Omnium-Gold für Bora-Profi Walls, Levy Fünfter im Sprint

Matthew Walls (Großbritannien) ist unangefochten Olympiasieger im Omnium geworden. Der Neoprofi von Bora – hansgrohe baute im Punkterennen, dem vierten und letzten Wettbewerb, als Zweiter hinter Ca

04.08.2021Keirin: Hinze macht es spannend, Friedrich souverän

(rsn) - Mit einem deutlichen Erstrundensieg ist Lea Sophie Friedrich ins Keirin-Viertelfinale eingezogen, das am Donnerstag ausgetragen wird. Spannend machte es dagegen Emma Hinze. Die dreimalige Welt

03.08.2021Geschke kommt langsam wieder im Alltag an

(rsn) – Der Jetlag ist noch nicht ganz überstanden, aber nach seiner Rückkehr von den Olympischen Spielen, die er aufgrund eines positiven Coronatests in einem Quarantäne-Hotel verbringen musste,

03.08.2021Deutscher Frauenvierer auf dem Weg zu Gold immer schneller

(rsn) – Bei 4:04.242 Minuten blieb die Zeit stehen, als der deutsche Frauenvierer kurz nach 17:30 Uhr Tokioter Zeit seinen Finallauf in der 4.000 Meter Teamverfolgung beendet hatte. Franziska Brauß

03.08.2021Dänemark nach Sturzdrama Finalgegner des Ganna-Vierers

(rsn) - Bei den Männern haben die Italiener bei den Olympischen Spielen in Tokio auf der Bahn in der Teamverfolgung einen neuen Weltrekord aufgestellt. Doch für ein großes Drama sorgten die abgelö

Weitere Radsportnachrichten

07.01.2025Alaphilippe und Hirschi sollen Tudor in neue Höhen führen

(rsn) – Angeführt von seinen beiden neuen Topstars Julian Alaphilippe und Marc Hirschi präsentierte sich der Schweizer Zweitdivisionär Tudor Pro Cycling in Moraira bei Calpe der Öffentlichkeit.

07.01.2025Hindley will 2024 so schnell wie möglich vergessen machen

(rsn) – Gleich in seiner ersten Saison bei Bora – hansgrohe gelang Jai Hindley die Sensation: Der Australier gewann als erster Fahrer seines Landes den Giro d‘Italia 2022 und sorgte so für den

07.01.2025Sponsoren-Rückzug: CIC - Mont Ventoux hat finanzielle Probleme

(rsn) – Nach dem Rückzug von mehreren Geldgebern sieht sich das französische Eintagesrennen CIC - Mont Ventoux (1.Pro) vor finanzielle Probleme gestellt. “Zwei private Sponsoren haben inzwischen

07.01.2025Sicherheitsdiskussion: Froome für Begrenzung bei Übersetzungen

(rsn) – Nachdem vor einigen Tagen bereits Wout van Aert (Jumbo – Visma) gegenüber dem TV-Sender Sporza eine Begrenzung der Übersetzungen angeregt hatte, um die Sicherheit der Fahrer zu erhöhen,

07.01.2025Poels will im Astana-Trikot Grand-Tour-Sammlung komplettieren

(rsn) – Nach fünf Jahren bei Bahrain Victorious wechselte Wout Poels zu XDS Astana, das mit neuem, finanzstarken Sponsor ausgestattet ist. Doch das Geld war nicht der Hauptgrund bei der Entscheidun

07.01.2025Jakobsen muss sich als Sprinter neu erfinden

(rsn) – Fabio Jakobsen (Picnic – PostNL) blickt auf ein Jahr zum Vergessen zurück. Dem mit so großen Erwartungen in seine erste Saison beim Rennstall von Manager Iwan Spekenbrink gestarteten Nie

06.01.2025Picnic - PostNL setzt auf Routine und viele junge Talente

(rsn) – Mit 28 Fahrern, nur drei davon neu im Aufgebot, startet der niederländische Rennstall Picnic – PostNL in die Saison 2025. Bei einem Even in Calpe wurden sowohl das Männer- und Frauenteam

06.01.2025De Lie: Aus den Ardennen auf (simulierte) 3000 Meter Höhe

(rsn) – Arnaud De Lie fordert in der Vorbereitung auf die neue Saison seinem Körper viel ab. Nach einer zweieinhalbstündigen Ausfahrt mit dem Mountainbike bei frostigen Bedingungen durch die Arden

06.01.2025Junioren-Weltmeister Finn: “Wir sind nicht alle wie Remco“

(rsn) – Im vergangenen Herbst stürmte Lorenzo Finn im WM-Straßenrennen der Junioren mit mehr als zwei Minuten Vorsprung zur Goldmedaille. Im Gegensatz zum gleichaltrigen U19-Zeitfahrweltmeister Pa

06.01.2025De Buyst war an Post-Covid-Asthma erkrankt

(rsn) – Jasper De Buyst (Lotto) hatte in der vergangenen Saison mit großen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Schließlich stellte sich heraus, dass er an Post-Covid-Asthma erkrankt war. “Be

06.01.2025Van Aert beginnt Saison in Spanien und holt Giro-Debüt nach

(rsn) – Nachdem er die letztjährige Klassikersaison in Folge seines schweren Sturzes bei Dwars door Vlaanderen vorzeitig beenden musste, ist Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) auf Wiedergutmach

06.01.2025Van der Poel will nicht fahren, bis er 40 ist

(rsn) – Das erste große Ziel des Jahres ist der siebte Weltmeistertitel im Cross, doch Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) hat auch schon die Straßensaison 2025 fest im Blick. Im vergang

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine