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20.08.2021 | (rsn) - Auf der turbulenten 7. Etappe der 76. Vuelta a Espana fehlte nicht viel und Felix Großschartner (Bora - hansgrohe) hätte nach einer beeindruckenden Leistung Top-Favorit Primoz Roglic (Jumbo - Visma) das Rote Trikot abgeknöpft. Dem 27-jährigen Österreicher fehlten nach extrem schweren 152 Kilometern von Gandía zur Bergankunft am Balcón de Alicante als Tagessiebten nur acht Sekunden zum Slowenen, der mit der deutlich geschrumpften Favoritengruppe 3:30 Minuten hinter Michael Storer (DSM) ins Ziel kam.
Der 24-jährige Australier holte sich die erste Bergetappe dieser Vuelta und den größten Erfolg seiner Karriere nach einer ebenso cleveren wie starken Vorstellung als Solist aus einer ursprünglich 30-köpfigen Ausreißergruppe heraus mit 21 Sekunden Vorsprung auf den Spanier Carlos Verona (Movistar). Dritter wurde mit 59 Sekunden Rückstand der Russe Pavel Sivakov (Ineos Grenadiers), gefolgt von Sepp Kuss (Jumbo - Visma / +1:16), Jack Haig (Bahrain Victorious /+1:24), Storers Teamkollegen Romain Bardet und Großschartner (beide +1:32).
“Ich weiß gar nicht, zu was ich allem in der Lage bin in der Zukunft, aber das war jetzt mein nächster Schritt. Ich wollte unbedingt ein Rennen auf diesem Niveau gewinnen. Jetzt muss ich mir wohl neue Ziele setzen. Mein Spitzname ‘Der Zerstörer‘ wird wohl jetzt erst mal bleiben“, sagte Storer, der nur einer von gleich fünf DSM-Profis in der Ausreißergruppe war, nach seinem ersten Grand-Tour-Etappenerfolg.
Storer profitiert vonn Sivakovs Pech
Ohne Sivakovs Missgeschick wäre es möglicherweise damit aber nichts geworden. “Mir hat es im Finale ein wenig an Kraft gefehlt. Wir waren zu dritt, Storer war richtig stark. Im vorletzten Berg ist mir die Kette runtergefallen und es hat mir nicht gefallen, als er dort attackierte“, sagte Sivakov, der tatsächlich den stärksten Eindruck hinterließ und auch nach seinem Defekt wieder den Anschluss schaffte.
“Als ich zurückkam, hat er nicht mitgearbeitet, aber so ist das im Rennen. Am letzten Berg war es richtig schwer. Ich dachte eigentlich, dass ich die Etappe gewinnen kann, aber das Problem hat mir den Sieg gekostet“, so der 24-Jährige, der sich mit dem Bergtrikot entschädigte. Jasper Philipsen (Alpecin - Fenix) behauptete das Grüne Trikot des punktbesten Fahrers ebenso wie Egan Bernal (Ineos Grenadiers) das Weiße Jersey des besten Jungprofis.
Im Gesamtklassement liegt Roglic, der als einziger Fahrer der Top Ten seine Position behauptete, acht Sekunden vor Großschartner und 25 vor dem Spanier Enric Mas, dessen Teamkollege Alejandro Valverde nach einem schweren Sturz das Rennen unter Tränen aufgeben musste. Auf Rang vier (+0:36) folgt mit dem Kolumbianer Miguel Angel Lopez ein weiterer Movistar-Fahrer vor Roglics Landsmann Jan Polanc (+0:38) und Giro-Sieger Bernal (+0:41).
So lief das Rennen:
Bei strahlendem Sonnenschein schien unmittelbar nach dem Start der über 3.700 Höhenmeter und sechs kategorisierte Anstiege führenden Etappe zunächst niemand gewillt, in die Offensive zu gehen. Ohne große Gegenwehr des Feldes zogen bei Temperaturen von mehr als 30 Grad auf den ersten flachen Kilometern dann aber sieben Fahrer davon, darunter auch der Deutsche Nico Denz (DSM).
Doch die Gruppe wurde bereits im unteren Teil des neun Kilometer langen Puerto La Llacuna (1. Kat.) unter dem Diktat von Bahrain Victorious wieder gestellt. Bei weiter hohem Tempo und zahlreichen vergeblichen Attacken zerfiel das Feld schnell in mehrere Teile, wobei es Jumbo - Visma nicht gelang, das Geschehen zu kontrollieren.
Kurz vor dem Gipfel formierte sich auf Initiative von Gino Mäder und Jack Haig (beide Bahrain Victorious), der sich auch den Bergpreis und die dafür ausgelobten zehn Punkte holte, eine größere Spitzengruppe, die in der Abfahrt ebenfalls wieder eingefangen wurde. Erst nach 31 Kilometern bildete sich eine weitere Gruppe, als sich zunächst Diego Camargo (EF Education - Nippo), Harm Vanhoucke (Lotto Soudal) und Thymen Arensman sowie Chris Hamilton (beide DSM) lösten und kurz darauf noch Verstärkung durch Michael Storer (DSM) und Geoffrey Bouchard (AG2R Citroën) erhielten.
55 Kilometer voller Attacken
Aber auch danach kehrte noch keine Ruhe im Feld ein, so dass sich eine gut 20-köpfige Verfolgergruppe um Felix Großschartner (Bora - hansgrohe), die weiteren DSM-Fahrer Martijn Tusveld und Bardet sowie die Roglic-Helfer Sam Oomen und Sepp Kuss bildete. Für das Tempo verantwortlich war jedoch UAE Emirates um Jan Polanc - der Slowene war mit 1:42 Minuten Rückstand im Klassement der bestplatzierte der ersten beiden Gruppen, die sich nach 55 Kilometern zur 30 Fahrer starken Spitze vereinten.
Das war vor allem auf die unermüdliche Arbeit von Polancs Teamkollegen Matteo Trentin zurückzuführen, der sich auch nach dem Zusammenschluss für seinen Kapitän ins Zeug legte, als es in den Puerto Benilloba hinein ging. Den Bergpreis der 3. Kategorie sicherte sich Bardet im Sprint vor Kenny Elissonde (Trek - Segafredo), das von Jumbo - Visma angeführte Feld folgte rund 2:30 Minuten später, so dass Polanc zu diesem Zeitpunkt virtueller Gesamtführender war.
Den nach einer kurzen Abfahrt folgenden 7,1 Kilometer langen Anstieg zum Puerto de Tudons (2. Kat.) nahm die Spitzengruppe mit knapp drei Minuten in Angriff. Bardet wurde hier am Gipfel Zweiter hinter Polanc, der Abstand zum Feld war auf 3:30 Minuten angewachsen. Im vierten Berg des Tages, dem Puerto El Collao (2.Kat.), wuchs der Abstand zwischen beiden Gruppen auf 4:20 Minuten an, und das, obwohl UAE an der Spitze keine Unterstützung erhielt.
Valverde stürzt und steigt aus
Bereits im unteren Teil des Berges versuchte DSM, seine numerische Überlegenheit auszuspielen und mit mehreren Attacken die Spitzengruppe zu sprengen. Kurz darauf erhöhte Movistar in der Mitte des Anstiegs das Tempo im Feld massiv und bereitete die Attacke von Valverde vor, der dann aber in einer Rechtskurve nach einem Vorderraddefekt einen steilen Abhang hinab rutschte. Nach einigen Schrecksekunden konnte der Spanier zumindest aus eigenen Kräften wieder den Hang hinaufklettern und nach minutenlanger Behandlung das Rennen zunächst sogar fortsetzen. Nach wenigen Kilometern musste der 41-Jährige seine 15. Vuelta a Espana dann aber tief enttäuscht mit einer Schulterverletzung aufgeben.
Sowohl in der deutlich geschrumpften Spitzengruppe als auch unter den Favoriten sackte kurz vor der Bergwertung das Tempo wieder ab. Bardet nutzte vorne eine Tempoverschärfung von Sivakov, um sich den Bergpreis und damit das Gepunktete Trikot zu sichern. In der vorletzten Abfahrt des Tages setzte sich Lawson Craddock (EF Education - Nippo) 32 Kilometer vor dem Ziel aus der Spitze ab und erhielt Begleitung von Sivakov und Storer.
Bereits am Fuß des vorletzten Anstiegs des Tages 19 Kilometer vor dem Ziel versuchte es Sivakov mit einer Attacke am Puerto de Tibi (3. Kat.), doch seine beiden Konkurrenten ließen sich nicht überraschen. Nur eine halbe Minute hinter dem Trio folgte die Verfolgergruppe um Großschartner, das Feld lag 16 Kilometer vor dem Ziel bereits mehr als fünf Minuten hinter der Spitze.
Bei einer weiteren Attacke sprang Sivakov die Kette ab, was Storer und Craddock zu einem Konter nutzten. Der DSM-Profi schüttelte zwar den US-Zeitfahrmeister kurz darauf ab, doch Sivakov schaffte, nachdem der Schaden behoben war, 1,5 Kilometer vor dem Gipfel wieder den Anschluss. Storer holte sich kampflos den Bergpreis, ehe in der folgenden Abfahrt Craddock kurzzeitig nochmals nach vorn fand - nur um am Fuß des 8,4 Kilometer langen Schlussanstiegs wieder abgeschüttelt zu werden.
Storer setzt den entscheidenden Konter
Die Verfolger kamen nicht näher an das Spitzenduo heran, und auch der Rückstand des Feldes schrumpfte erst, als Vlasovs Team am letzten Berg, an dem wegen Waldbrandgefahr keine Zuschauer zugelassen waren, das Tempo hoch schraubte. Sechs Kilometer vor dem Ziel schlossen Andreas Kron (Lotto Soudal) und Verona die Lücke zur Spitze, aus der heraus der Spanier vier Kilometer vor dem Ziel attackierte. Storer setzte aber 700 Meter später den entschlossenen Konter und baute danach seinen Vorsprung gegenüber Sivakov und Verona Meter im Meter aus.
Im Ziel betrug sein Vorsprung 21 Sekunden auf den Movistar-Fahrer und fast eine Minute auf Sivakov, der sich mit dem Bergtrikot trösten konnte. Dahinter war die Verfolgergruppe in den bis zu 14 Prozent steilen Rampen auseinandergefallen. Zu den abgehängten Fahrern gehörte der virtuelle Leader Polanc, wogegen sich Großschartner prächtig hielt und als Tagessiebter nur um acht Sekunden die Eroberung des Roten Trikots verpasste.
In der Favoritengruppe versuchte Adam Yates (Ineos Grenadiers) mit Attacken den Spitzenreiter unter Druck zu setzen. Doch auch ohne Helfer parierte Roglic souverän die Angriff, wogegen Konkurrenten wie Alexandr Vlasov (Astana - Premier Tech), Giulio Ciccone (Trek - Segafredo) oder Mikel Landa (Bahrain Victorius) zurückfielen. Letztlich umfasste die Gruppe um das Rote Trikot, die 3:33 Minuten hinter Storer das Ziel erreichte, nur noch sieben Fahrer: neben Roglic und Yates noch dessen Teamkollege Bernal, das Movistar-Duo Mas und Lopez sowie David de la Cruz (UAE Team Emirates) und Louis Meintjes (Qhubeka NextHash).
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