Wegbereiter Bernal bricht am Ende ein

Vuelta: Roglic fährt mit 60-Kilometer-Attacke ins Rote Trikot

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Vuelta: Roglic fährt mit 60-Kilometer-Attacke ins Rote Trikot"
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) freut sich über seinen Solosieg an den Lagos de Covadonga | Foto: Cor Vos

01.09.2021  |  (rsn) - Mit einer dominanten Vorstellung auf der 17. Etappe der Vuelta a España hat Primoz Roglic (Jumbo – Visma) wieder die Gesamtführung zurückerobert. Der Slowene folgte 60 Kilometer vor dem Ziel einer Attacke von Egan Bernal (Ineos Grenadiers). Doch während Bernal am Schlussanstieg zu den Lagos de Covadonga einbrach, sicherte sich Roglic den Etappensieg und baute seinen Vorsprung auf die Konkurrenz in der Gesamtwertung vorentscheidend aus. Teamkollege Sepp Kuss sicherte den Doppelerfolg vor Miguel Ángel López (Movistar).

Der entscheidende Moment des Rennens spielte sich am vorletzten Anstieg nach Collada Llomeda ab. Bernal nahm 60 Kilometer vor dem Ziel sein Herz in die Hand und setzte sich von den restlichen Favoriten ab. “Wir hatten einen Plan, aber Ich wollte mich einfach amüsieren. Ich hatte endlich gute Beine und wollte das Rennen hart machen. Das habe ich gemacht. Und dann habe ich jeden Kilometer genossen“, erklärte Bernal seine Attacke.

Anstatt defensiv zu fahren und sich auf seine Helfer zu verlassen, sprang Roglic an Bernals Hinterrad. “Ich habe nicht nachgedacht, als Bernal attackierte, ich bin ihm einfach gefolgt. Ich fand es eigentlich ein bisschen zu weit und der Schlussanstieg ist schwer. Aber es lief gut, wir sind richtig Radrennen gefahren heute“, beschrieb Roglic die Situation. Nach dem Anstieg arbeiteten Roglic und Bernal zusammen und konnten so ihren Vorsprung kontinuierlich ausbauen.

Roglic agierte klug und sparte ein paar Körner, während Bernal schon früh alles in die Waagschale werfen musste, um noch eine Chance aufs Podium zu haben. Am letzten Anstieg zog Roglic dann einfach davon. “Ich habe nicht entschieden,  anzugreifen. Ich bin einfach so schnell wie möglich gefahren und irgendwann konnte er nicht mehr folgen. Da bin ich natürlich weitergefahren“, erklärte Roglic. Über den gesamten Schlussanstieg büßte er kaum Zeit auf die frischere Konkurrenz aus der Verfolgergruppe ein und sicherte sich seinen dritten Etappensieg bei dieser Spanien-Rundahrt.

Bernal hingegen brach ein und wurde kurz vor dem Ziel noch von den Konkurrenten gestellt, die er eigentlich distanzieren wollte. Seine Attacke bereute der Kolumbianer trotzdem nicht. “Ich habe mich gefreut, Teil seines Sieges zu sein. Er war großartig. Ich hatte nichts zu verlieren. Er war im Grunde der Leader und er folgte mir. Er hat im Flachen sogar mitgearbeitet. Er war der Stärkste und ich freue mich für ihn“, lobte Bernal seinen Konkurrenten. Als Trostpflaster konnte er die Führung in der Nachwuchswertung konsolidieren.

Die Gesamtwertung führt Roglic nun mit 2:22 Minuten auf Enric Mas und 3:11 Minuten auf López an. Das Movistar-Duo war über die gesamte Etappe hinweg sehr passiv unterwegs und kann sich kaum noch Chancen ausrechnen, Roglic zu entthronen. “Der Vorsprung ist nie groß genug. Aber es ist schön, jetzt vorn zu sein, wir haben es verdient. Morgen ist die Königsetappe, dann sehen wir, ob es genug ist“, meinte Roglic.

Der bisherige Träger des Roten Trikots, Odd Christian Eiking (Intermarché – Wanty – Gobert Matériaux) fiel schon am vorletzten Anstieg zurück und war anschließend noch in einen Sturz verwickelt. Felix Großschartner (Bora – Hansgrohe) rückte in der Gesamtwertung auf den neunten Rang vor. Den Rang hinter ihm belegt nun Gino Mäder (Bahrain – Victorious), der heute außerdem wertvolle Helferdienste für seinen Kapitän Jack Haig verrichtete, der im Klassement Vierter ist. In der Sprintwertung führt weiterhin Fabio Jakobsen (Deceuninck – Quickstep), Romain Bardet (DSM) bleibt im Bergtrikot.

So lief das Rennen: 

In der ersten Rennstunde der Etappe wurden atemberaubende 50 Kilometer zurückgelegt, ohne dass sich eine Gruppe absetzen konnte. Die erste Bergwertung gewann Jan Polanc (UAE – Emirates). Erst am zweiten Anstieg des Tages bildete sich eine größere Spitzengruppe um Mikel Landa (Bahrain – Victorious). Michael Storer (DSM) sicherte sich aus dieser Gruppe heraus die Bergpunkte. Auf der Abfahrt setzte sich schließlich Olivier Le Gac (Groupama – FDJ) alleine an die Spitze des Rennens.

Die Gruppe um Landa wurde kurz danach vom Feld gestellt. Kurz vor der zweiten Passage des Collada Llomeda übernahm Ineos Grenadiers die Führung und holte Le Gac ein. Am Anstieg konnte Eiking nicht mehr mithalten und fiel früh zurück. Dann fuhr Bernal 60 Kilometer vor dem Ziel einen frühen Angriff, dem nur noch Roglic folgen konnte. López versuchte zwar zeitweise zu dem Duo aufzuschließen, fiel aber schnell wieder in die von Bahrain – Victorious angeführte Verfolgergruppe zurück. Bernal sicherte sich die Bergpunkte und die Bonussekunden.

In der anschließenden Abfahrt stürzte Aleksandr Vlasov (Astana – Premiertech) und musste seine Hoffnung auf eine gute Klassementsplatzierung begraben. Kurz nach ihm rutschte auch Eiking in derselben Kurve weg. Bernal und Roglic konnten auf dem anschließenden Flachstück ihren Vorsprung auf die Verfolgergruppe auf bis zu 2:20 Minuten ausbauen. Auch die Sprintwertung ging an Bernal.

Bei einer Ortsdurchfahrt stürzte auch Großschartner. Er stellte jedoch kurz vor Beginn des Schlussanstieges den Anschluss zur Verfolgergruppe wieder her. In der Zwischenzeit konnte Bahrain – Victorious den Rückstand auf Bernal und Roglic auf 1:30 Minuten senken. Knapp sieben Kilometer vor dem Ziel konnte Bernal nicht mehr mit Roglic mithalten, der unaufhaltbar dem Sieg entgegenfuhr. López attackierte fünf Kilometer vor dem Ziel aus der Verfolgergruppe heraus, wurde jedoch bald von Adam Yates (Ineos Grenadiers), Sepp Kuss (Jumbo – Visma), Mäder, Haig und Mas gestellt. Das Sextett holte kurz vor dem Gipfel noch Bernal ein. Im Sprint um den zweiten Platz hatte Kuss das beste Ende für sich.

 

Mehr Informationen zu diesem Thema

22.10.2021Lopez: “Movistar schafft bestimmte Dinge nicht gut“

(rsn) - Erstmals seit seinem vorzeitigen Weggang von Movistar hat sich Miguel Angel Lopez öffentlich gegenüber spanischsprachigen Medien zu den Umständen der Trennung geäußert. Movistar und Lopez

18.09.2021Bestätigt: Lopez verlässt Movistar nach Vuelta-Eklat

(rsn) – Nun ist offiziell, was sich in den vergangenen zwei Wochen seit dem Ende der Vuelta a Espana immer mehr andeutete: Miguel Angel Lopez wird das spanische Team Movistar verlassen. Wie sein Arb

07.09.2021Roglic ist der erste, der Romingers Serie einstellen konnte

(rsn - Bis zu Primoz Roglic‘ drittem Vuelta-Gesamtsieg in Folge war der Schweizer Tony Rominger alleiniger Rekordsieger der Spanienrundfahrt. Zwar hatte Roberto Heras das Rennen in den Jahren 2000,

06.09.2021Lopez war rücksichtslos gegenüber seinen Teamkollegen

(rsn) - Der Fall Miguel Angel Lopez (Movistar) hat für heftige Diskussion in der Szene gesorgt. Wie ist es zu bewerten, dass der 27-jährige Kolumbianer aus Trotz während der vorletzten Etappe der V

06.09.2021Mäder: “Das Ergebnis ist vielleicht etwas zu gut ausgefallen“

(rsn) - Für die Vuelta a Espana hatte sich das Team Bahrain Victorious große Ziele gesteckt. Mikel Landa sollte nach seinem sturzbedingten Ausscheiden beim Giro d`Italia nun in seiner spanischen He

06.09.2021Lopez-Aus: Unzue kritisiert scharf, zeigt aber auch Verständnis

(rsn) – Movistar-Teamchef Eusebio Unzué hat sich im spanischen Radio am Sonntag erstmals öffentlich zum Ausstieg seines Schützlings Miguel Angel Lopez bei der Spanien-Rundfahrt am Samstag geäuß

06.09.2021Roglic: körperlich, mental und taktisch in neuen Dimensionen

(rsn) - Primoz Roglic (Jumbo – Visma) war bei dieser Vuelta ein viel beschäftigter Mann. Im Rennen, aber auch noch nach dem Rennen. Während auf dem Platz vor der Kathedrale von Santiago de Compost

06.09.2021Großschartner: “Man gewinnt oder man lernt daraus“

Nach drei Wochen bei der Vuelta a Espana wollte Felix Großschartner im Bus zufrieden mit seiner Leistung sein. Das gab der Österreicher im Trikot von Bora – hansgrohe vor dem Auftakt der Rundfahrt

06.09.2021Video-Highlights zur 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) – Mit dem erwarteten Zeitfahr-Triumph von Gesamtsieger Primoz Roglic (Jumbo – Visma) ist die 76. Vuelta a Espana am Sonntag in Santiago de Compostela zu Ende gegangen. Beeindrucken konnte ab

05.09.2021Roglic kannte bei seinem 3. Vuelta-Triumph keine Gnade mit Mas

(rsn) – Sein Sieg kam nur wenig überraschend; Primoz Roglic (Jumbo – Visma), der Goldmedaillengewinner von Tokio im Zeitfahren, hat mit seinem Triumph im Kampf gegen die Uhr in Santiago de Compos

05.09.2021Roglic gewinnt Zeitfahren und feiert 3. Gesamtsieg in Folge

(rsn) - Primoz Roglic (Jumbo – Visma) hat auch im abschließenden Zeitfahren der Vuelta a Espana seine Überlegenheit mit einem deutlichen Sieg demonstriert. Der Slowene überholte kurz vor dem Ziel

05.09.2021Palzer: “Ich habe noch nie so viel leiden müssen“

(rsn) - Es war ein völlig neues Kapitel seiner Karriere, dass Anton Palzer vor drei Wochen in Burgos aufschlug und nun in Santiago de Compostela erfolgreich abschloss. Der 28-Jährige, der im April a

Weitere Radsportnachrichten

23.11.2024Scott David: Trotz Traumwerten keine WorldTour

(rsn) – “Mein Ziel ist ein WorldTour- oder ProTeam-Vertrag. Ich habe mir ein Limit von zwei Jahren gesetzt, so lange möchte ich es auf Kontinental-Niveau versuchen“, hatte Scott David im letzte

23.11.2024Wafler: Rückkehr nach Paris weckt Olympia-Erinnerungen

(rsn) - Tim Wafler hat es erstmals in das illustre Feld der Ausdauerfahrer der UCI Track Champions League geschafft. Der Österreicher startet am Samstagabend im Velodrome National in Saint-Quentin-en

23.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

22.11.2024Top-Favoritin? Archibald nach schwerem Jahr eine “7 von 10“

(rsn) – Katie Archibald ist die Königin der Track Champions League. 2021 und 2023 gewann sie jeweils souverän den Titel in der Endurance League und auch 2022 wäre das wohl gelungen, wenn sie dama

22.11.2024Spiegel will “versuchen, ´die Großen´ etwas zu ärgern“

(rsn) – Luca Spiegel wird am Samstag sein Debüt in der Track Champions League geben. Der 20-jährige U23-Europameister im Sprint will auf der Bahn, auf der er im Sommer zu den jüngsten Olympia-Sta

22.11.2024Olympia-Reservistin Pröpster: Gelingt bei TCL der nächste Schritt?

(rsn) – Mit drei Rennsiegen, dem zwischenzeitlichen Tragen des Führungstrikots und schließlich Gesamtrang zwei in der Sprint League hat Alessa-Catriona Pröpster bei der Track Champions League 202

22.11.2024Eschborn-Frankfurt-Sieger van Gils: “Ich würde lieber gehen“

(rsn) – Maxim van Gils (Lotto - Dstny) scheint entschlossen, sein Team trotz eines noch bis Ende 2026 gültigen Vertrags so schnell wie möglich verlassen zu wollen. Wie er im Gespräch mit mehreren

22.11.2024Gall: Tour of the Alps “absoluter Fokus“ der ersten Saisonhälfte

(rsn) – Felix Gall bestritt 2022 seine bisher letzte Tour of the Alps. In seinem damals ersten Jahr im Trikot von Decathlon – AG2R La Mondiale beendete der Österreicher nach vier Top-Ten-Etappenp

22.11.2024Tour of the Alps auch 2025 ein Kletterfestival mit kurzen Wegen

(rsn) - Fünf Etappen, 739 Kilometer und 14.700 Höhenmeter: Das sind die Eckdaten der Tour of the Alps 2025. Die 48. Ausgabe des grenzüberschreitenden Etappenrennens findet vom 21. bis 25. April 202

22.11.2024Tour Colombia wegen finanzieller Probleme erneut in Gefahr

(rsn) – Nachdem sie bereits in den Jahren 2022 und 2023 aufgrund von finanziellen Problemen ausgefallen war, scheint die Tour Colombia (2.1) erneut zu wackeln. Wie die Zeitung El Tiempo berichtete,

22.11.2024Geht Vingegaard 2025 das Giro-Tour-Double an?

(rsn) – Schon seit einiger Zeit kursieren Gerüchte, wonach Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) Interesse am Giro d´Italia 2025 zeigen würde. In einem Interview mit dem dänischen TV 2 äuß

22.11.2024Track Champions League: Format, Kalender, Punktesystem

(rsn) – Nach Olympia in Paris im Sommer und den Weltmeisterschaften im Oktober im dänischen Ballerup endet das internationale Bahnjahr an den kommenden drei Wochenenden mit der Track Champions Leag

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine