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22.03.2022 | (rsn) - Waghalsig stürzte sich Matej Mohoric am vergangenen Samstag bei Mailand - Sanremo den Poggio hinunter, was ihm schließlich den Sieg beim ersten Monument des Jahres einbrachte. Um dabei besonders tief und damit aerodynamischer zu sitzen, nutzte er eine sogenannte Vario-Sattelstütze (englisch Dropper Post) des kalifornischen Dämpfungs-Spezialisten Fox. Wir stellen Ihnen das Modell vor, das er verwendete - und die Reaktion des Radsportweltverbands UCI darauf.
Was ist eine Vario-Sattelstütze? Sie lässt sich während der Fahrt in der Höhe verstellen, mit einen Hebel unter dem Sattel oder am Lenker. Mit dem Körpergewicht wird der Sattel nach unten gedrückt, ohne Belastung bewegt er sich nach oben - ähnlich der Höhenverstellung an einem Bürostuhl. An Mountainbikes werden diese Sattelstützen seit rund 15 Jahren verwendet, um in steilen Abfahrten tiefer zu sitzen und so den Schwerpunkt weiter nach unten zu verlagern.
Seit einigen Jahren werden Dropper Posts auch an manchen E-Bikes verbaut, um den meist älteren Nutzern das Auf- und Absteigen zu erleichtern. Auch Gravelbikes werden damit ausgerüstet, um technische Abfahrten sicherer zu machen. Dass sie an Rennrädern eingesetzt werden, ist allerdings neu. Der frühere "Super Tuck"-Fan Mohoric hat hier am vergangenen Samstag für eine echte Premiere gesorgt.
“Wir hatten schon den ganzen Winter über den Plan gesprochen, heute mit dem Dropper Post zu fahren, weil mir das Rennen wegen seiner sehr technischen Abfahrt am Ende sehr gut liegt", sagte Mohoric in der Pressekonferenz nach dem Rennen: "Die versenkbare Sattelstütze ist besser für die Leistung und sicherer als der Super Tuck, der ja von der UCI verboten wurde."
Die Vario-Stütze senkt den Sattel um 50 bis 70 mm ab
Verwendet hat Mohoric die neue Fox-Vario-Sattelstütze "Transfer SL Performance Elite". Sie ist für den Crosscountry-Mountainbike- und Gravel-Einsatz konzipiert, und senkt den Sattel je nach Version um 50 oder 70 Millimeter ab.
die neue Fox-Vario-Sattelstütze "Transfer SL Performance Elite" | Foto: Fox
Die Fox-Ingenieure legten bei der Entwicklung den Schwerpunkt auf geringes Gewicht. Anders als bei den meisten Vario-Stützen ist in der Transfer SL daher eine Stahlfeder verbaut, die den Sattel wieder nach oben drückt. Dafür lässt sich der Sattel lediglich in der höchsten und in der niedrigsten Stellung arretieren.
Laut Fox wiegt die Stütze 327 bzw 338 Gramm. Das genaue Gewicht der serienmäßigen "S-Flex"-Carbon-Stütze an den Sculturas des Baharin-Teams ist zwar nicht bekannt, aber die Verwendung der Vario-Stütze dürfte das Gesamtgewicht von Mohorics Rad wohl um lediglich etwa 150 Gramm erhöht haben.
Um die Stütze zu verwenden, musste Mohoric allerdings auf sein Aero-Bike, das Merida Reacto, verzichten und stattdessen das Allround-Bike Scultura fahren, denn nur das kann eine runde 27,2-mm-Stütze wie die Fox Transfer SL aufnehmen.
Mohoric: "Mein Rad wurde speziell auf die Poggio-Abfahrt abgestimmt"
"Mein Rad wurde speziell für die Abfahrt vom Poggio abgestimmt", sagte der 27-Jährige in der Pressekonferenz: "Ich war erstaunt, wie viel mehr Kontrolle ich über das Rad hatte, wie viel sicherer ich mich fühlte und wie viel einfacher ich meine Fehler korrigieren konnte, indem ich einfach einen Knopf drückte." Diesen Hebel zur Steuerung des Dropper Posts hatte Mohoric auf der rechten Seite seines Lenkers montieren lassen.
Der Hersteller der Stütze, Fox Racing Shox, ist eine kalifornische Firma, die sich auf die Produktion von Dämpfer-Systemen und Federungen für Mountainbikes, Motorräder, Quads und Schneemobile spezialisiert hat. Der Motocrosser Bob Fox hat 1974 den erste Prototypen eines Luft-Dämpfers entwickelt, 1977 wurde Fox Factory, Inc. gegründet. Nach zahlreichen Erfolgen verlegte sich Fox auch auf den Rallye- und Schneemobil-Rennsport.
die Tele-Sattelstütze im "eingefahrenen" Zustand | Foto: Fox/ Sebastian Schiek
Mohoric hatte unterwegs aus der Stütze kein Geheimnis gemacht, wie er in der Pressekonferenz ebenfalls erzählte: "Ich bin an allen Favoriten vorbeigefahren, und habe die James-Bond-Melodie gesungen, um es spannend zu machen. Dann habe ich ihnen meinen Dropper gezeigt. Sie fragten: 'Matej, was machst du da?' Ich sagte: Ich habe das getestet, es macht einen großen Unterschied. Versucht nicht, mir auf der Abfahrt vom Poggio zu folgen, das ist euer eigenes Risiko."
Grünes Licht von der UCI
Als die Details der Vario-Stütze bekannt wurden, fragten sich viele, ob die Verwendung bei einem WorldTour-Rennen legal sei. Die UCI stellte jedoch schnell klar, dass keine Regeln gebrochen wurden, und erklärte nach dem Rennen: "Die UCI-Ausrüstungs-Kommission genehmigte bereits 2014 die Verwendung von Dropper Posts bei Straßenradrennen, in Übereinstimmung mit Artikel 1.3.013. Das heißt, wenn die Vario-Stütze auf ihre höchste oder niedrigste Einstellung gestellt ist, muss der Sattel mindestens fünf Zentimeter hinter einer vertikalen Linie liegen, die durch die Tretlagerachse geht."
"Das halten wir ein. Und nach den UCI-Regeln darf man nur Teile verwenden, die bereits auf dem Markt sind. Auch das haben wir getan", sagte Mohoric: "Die Sattelstütze macht das Abfahren viel sicherer als Super Tuck, das kann ich sagen. Man hat mehr Kontrolle, man fährt schneller, und man kann die Sattelposition so einfach einstellen. Ich denke, das ist die Zukunft des Radsports."
Allerdings: Bereits 2016 war Vincenzo Nibali während der Tour de France mit einer Tele-Stütze unterwegs - mit jedoch nur 20 Millimeter Verstellweg. Zudem war damals das zusätzliche Gewicht noch höher. "Die Technologie ist inzwischen fortgeschritten, so dass es kaum noch einen Gewichtsunterschied zu einer normalen Sattelstütze gibt", meinte Mohoric dazu: "Ich kann mir vorstellen, dass nächstes Jahr alle Profi-Räder mit Dropper Posts ausgestattet sein werden."
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