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05.06.2022 | (rsn) – Jahrelang war es der Weg der Wahl für die großen Top-Favoriten auf den Tour-de-France-Sieg: Beim Critérium du Dauphiné holte man sich Anfang bis Mitte Juni den letzten Feinschliff im Rennmodus für die große Schleife im Juli. Doch mit Tadej Pogacars Abwesenheit im vergangenen Jahr und der erneuten Entscheidung des 23-Jährigen, die Slowenien-Rundfahrt in der Heimat auch 2022 dem Critérium du Dauphiné vorzuziehen, ist der Titel "Tour-Generalprobe" etwas verblasst.
Trotzdem werden am Sonntag zur in La Voulte-sur-Rhône beginnenden 74. Ausgabe eine ganze Reihe Spitzenfahrer antreten, die auch Ende Juli in Paris auf dem Podium stehen könnten – an erster Stelle Pogacars Landsmann und womöglich größter Herausforderer Primoz Roglic, der sein erstes Rennen seit zwei Monaten bestreitet, sowie dessen Co-Kapitän Jonas Vingegaaard.
Ihr Team Jumbo – Visma reist in Bestbesetzung nach Frankreich – mit Wout Van Aert, Tiesj Benoot, Rohan Dennis, Christophe Laporte und Steven Kruijswijk als illustrer Helferriege - während die Konkurrenz eher andere Wege geht, oder ihre Kapitäne aufteilt. Die Gelb-Schwarzen aus den Niederlanden sind daher diejenigen, die es zu schlagen gilt - zumal sie nach dem in Sachen Gesamtklassement enttäuschenden Giro d'Italia auf Erfolge brennen werden.
Bei UAE und Ineos dürfen sich die Edelhelfer ausprobieren
Pogacars UAE Team Emirates bringt mit Brandon McNulty sowie George Bennett und dem erst 19-jährigen Spanier Juan Ayuso ebenfalls ein Spitzenensemble für die Berge mit und bietet den Edelhelfern des Tour-Siegers somit die Chance, in dessen Abwesenheit nun auch auf eigene Kappe zu fahren und sich so Erfolgserlebnisse zu holen, bevor im Juli dann für Pogacar geackert werden soll.
Ineos Grenadiers schickt die designierten Tour-Kapitäne Adam Yates, Geraint Thomas und Dani Martinez allesamt zur Tour de Suisse, während Ex-Giro-Sieger Tao Geoghegan Hart in Frankreich ran darf. Von ihm war in diesem Jahr aber noch wenig zu sehen. Auch die Briten haben beim Critérium du Dauphiné mit Filippo Ganna, Michal Kwiatkowski und Andrey Amador eher Tour-Helfer am Start.
Viele Teams teilen Kapitäne zwischen Dauphiné und Suisse auf
Die größten Herausforderer der Jumbo – Visma-Übermacht kommen daher eher solo daher: Enric Mas startet für Movistar, David Gaudu für Groupama – FDJ und Ben O'Connor für Ag2r – Citroen jeweils ohne den Co-Kapitän des Tour-Kaders. Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) und Benoit Cosnefroy (Ag2r – Citroen) fahren genau wie Alexey Lutsenko (Astana Qazaqstan) die Tour de Suisse.
Einen Dreizack, um Jumbo – Visma zu kitzeln, bietet immerhin Bahrain Victorious mit Jack Haig, Pello Bilbao und Damiano Caruso auf. Doch auch die Sieger der Giro-Teamwertung hätten in Frankreich mehr auffahren können, entschieden sich aber die zweite Hälfte an Klassementfahrern in die Schweiz zu beordern: Gino Mäder und Mikel Landa starten dort.
Bei Bora – hansgrohe wird es nach dem Giro-Sieg von Jai Hindley interessant sein, zu sehen, wie gut Wilco Kelderman aus der Italien-Rundfahrt herausgekommen ist und ob Patrick Konrad nach seinen Problemen im Frühjahr nun in Form gekommen ist. Der Österreicher kämpft noch um sein Tour-Ticket.
Reine Sprinter haben kaum etwas zu melden
Die Strecke des Critérium du Dauphiné jedenfalls bietet sich als letzter Härtetest vor der Tour einmal mehr gut an. Denn auch wenn es etwas weniger durchs Hochgebirge geht als in früheren Jahren, so gibt es kaum einen wirklich flachen Tag in der kommenden Woche. Die 1. und die 5. Etappe könnten mit einer Massenankunft enden, sonst aber haben echte Sprint-Spezialisten kaum eine Chance – entsprechend wenige von ihnen stehen auch am Start.
Dylan Groenewegen (BikeExchange – Jayco) führt die Phalanx der Sprinter gemeinsam mit dem Bora-Duo Jordi Meeus und Matthew Walls an und wird vor allem von Fahrern herausgefordert werden, die auch an bergigeren Tagen noch mithalten können, um auf den Etappen 2 und 6 noch um den Tagessieg zu spurten – zum Beispiel Van Aert und Ethan Hayter (Ineos Grenadiers).
Etappe 8 gleicht bis auf den Schlussanstieg der 12. Tour-Etappe
Wie so oft findet sich im Parcours der Dauphiné-Woche auch diesmal wieder ein Teilstück, das sehr nah an einem dran ist, das einen Monat später bei der Tour de France zu absolvieren ist.
Dieses Jahr aber bringt diese Etappe den Dauphiné-Startern aber kaum einen Wissensvorteil gegenüber jenen, die nicht dabei sind. Denn die vorletzte Dauphiné-Etappe wird bis auf den 5,7 Kilometer langen Schlussanstieg nach Vaujany zwar exakt genauso auch bei der Tour de France am Nationalfeiertag zu absolvieren sein. Doch die am 14. Juli auf dem Weg nach L'Alpe d'Huez zu bewältigenden Anstiege Col du Galibier und Col de la Croix de Fer kennen die Protagonisten ohnehin wie ihre Westentasche.
Froome zum zehnten Mal bei seinem Schicksalsrennen
Einer, der die großen Tour-Anstiege ohnehin in- und auswendig kennt, ist Chris Froome (Israel – Premier Tech). Er hat das Critérium du Dauphiné bereits dreimal gewonnen und startet dieses Jahr bereits zum zehnten Mal bei dem Rennen, während dem er sich vor drei Jahren lebensgefährlich verletzte.
Seitdem spielte Froome keine große Rolle mehr in den Ergebnislisten großer Rennen – und viel darf man wohl auch in der kommenden Woche nicht erwarten – doch mit Rang elf beim bergigen Classic Alpes-Maritimes am Dienstag, wo sein Teamkollege Jakob Fuglsang gewann, fuhr Froome gerade sein mit Abstand bestes Rennen seit dem folgenschweren Sturz im Juni 2019. Zumindest erwähnt werden sollte er deshalb auch im Vorfeld.
Deutsche und Österreicher kämpfen um Tour-Tickets
Und dann sind da natürlich noch die deutschsprachigen Starter: Konrad und seine Hoffnungen auf den Tour-Kader wurden bereits erwähnt. Doch Bora – hansgrohe bietet auch seinen Landsmann Lukas Pöstlberger und den Hürther Nils Politt auf, die beide zur Tour de France wollen.
Außerdem fährt Ex-Bora-Helfer Gregor Mühlberger mit Movistar nach Frankreich, um sich als wichtiger Helfer für Mas zu beweisen und Jannik Steimle startet für Quick-Step – Alpha Vinyl in eine Rundfahrt, deren Einzelzeitfahren für ihn besonders interessant sein dürfte – vor allem mit Blick auf die Deutschen Meisterschaften über beinahe dieselbe Distanz zweieinhalb Wochen später.
Team DSM bietet einen sehr jungen Kader beim Critérium du Dauphiné auf und bringt mit Niklas Märkl, Marco Brenner und Leon Heinschke gleich drei deutsche Youngster mit, während der älteste Deutsche im Dauphiné-Starterfeld derjenige ist, dem im Gesamtklassement am meisten zuzutrauen ist: Simon Geschke darf in der kommenden Woche voll auf eigene Kappe fahren, bevor er sich im Juli bei der Tour de France für Cofidis wieder in den Dienst seiner Kapitäne Ion Izagirre und Guillaume Martin stellt.
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