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08.07.2022 | (rsn) – Mit seinem zweiten Tagessieg in Folge hat Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) seine Führung in der Gesamtwertung der 109. Tour de France ausgebaut. Der 23-jährige Slowene entschied die 7. Etappe über 176,3 Kilometer von Tomblaine nach La Super Planche des Belles Filles zur dortigen Bergankunft auf 1.141 Metern nach einem dramatischen Finale knapp vor dem Dänen Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) und dessen slowenischem Teamkollegen Primoz Roglic (+0:12) für sich.
Nach einer herausragenden Vorstellung musste sich Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) 14 Sekunden hinter dem zweimaligen Tour-Champion mit Rang vier begnügen. Der Bremer lag bis rund 100 Meter vor dem Ziel in Führung und hatte seinen zweiten Tour-Etappensieg schon vor Augen, als Vingegaard und Pogacar noch an ihm vorbeijagten. Auf den letzten Metern ließ der Träger des Gelben Trikots dann noch Vingegaard hinter sich und sprintete zu seinem achten Tagessieg bei der Frankreich-Rundfahrt in den letzten drei Jahren.
“Es war sehr schwierig, vor allem am Ende, als Jonas attackierte. Er war so stark, aber ich habe mir gesagt, dass meine Jungs den ganzen Tag für mich gearbeitet hatten und daher musste ich bis zur Ziellinie pushen“, sagte Pogacar nach seinem zweiten Sieg an der Super Planche des Belles Filles, nachdem er dort 2020 das entscheidende Zeitfahren gewonnen und Roglic das Gelbe Trikot noch abgenommen hatte, um am darauf folgenden Tag seinen ersten Gesamtsieg zu feiern. Knapp zwei Jahre später legte er an dem spektakulären Anstieg in den Vogesen die Grundlage zu seinem, möglichen dritten Tour-Triumph in Folge.
Pogacar schlägt den "stärksten Kletterer der Welt"
“Ich bin stolz darauf, dass ich diesen Sieg heute erzielt habe. In meinem Kopf hatte ich diese Etappe schon lange abgespeichert. Es war ein großes Ziel, hier zu gewinnen. Jonas ist einer der stärksten Kletterer, wenn nicht der stärkste der Welt“, lobte Pogacar seinen Konkurrenten, dem er dank der Zeitbonifikation vier weitere Sekunden abnahm. “Ein bisschen Zeit zu gewinnen ist immer gut, aber im Radsport gibt es keinen Vorsprung, der groß genug ist“, fügte er an.
“Das ist ein brutales Finale. Ich kann zufrieden sein, ich habe es probiert, aber als er (Pogacar) 20 Meter vor dem Ziel an mir vorbeifuhr, hatte ich keine Antwort mehr. Es war verdammt knapp, aber ich kann zufrieden sein. Hoffentlich bin ich an den längeren Anstiegen noch besser, kommentierte Vingegaard seinen zweiten Platz.
Lange sah es danach aus, als würden die vielen Fans einen deutschen Sieg an der Planche des Belles Filles bejubeln können. Als letztes Überbleibsel einer Spitzengruppe kämpfte Kämna verbissen um den Tageserfolg. "Es war super hart. Ich hatte mich super gefühlt und noch echt Power am Pedal. Am Ende hat es nicht ganz gereicht. Ich wusste, es wird eng mit der kleinen Lücke, die wir noch hatten. Wir haben das beste daraus gemacht. Ich kann mir nichts vorwerfen", sagte der Deutsche im Ziel der ARD. Am Ende trennten ihn nur wenige Meter von einem erfolgreichen Coup.
Im Gesamtklassement liegt Pogacar nun 35 Sekunden vor Vingegaard, der die Tour 2021 auf dem zweiten Platz beendet hatte. Auf Rang drei verbesserte sich der Brite Geraint Thomas (Ineos Grenadiers / + 1:10), der zeitgleich mit Kämna Tagesfünfter wurde, gefolgt von seinem Landsmann und Teamkollegen Adam Yates (+ 1:18) und dem französischen Tagessechsten David Gaudu (Groupama FDJ / +1:31).
Schwarzer Tag für Vlasov
Bora-Kapitän Aleksandr Vlasov hingegen, vor der Etappe noch Gesamtachter, fiel im bis zu 24 Prozent steilen Schlussanstieg zurück und büßte bis ins Ziel 1:39 Minuten ein. Damit rutschte der Russe aus den Top Ten der Gesamtwertung und wohl auch aus dem Kreis der Podiumskandidaten heraus.
Wout Van Aert (Jumbo – Visma) behauptete seine Führung in der Punktewertung, Magnus Cort (EF Education – EasyPost) liegt in der Bergwertung nur noch einen Zähler vor Pogacar, der wiederum seine Führung in der Nachwuchswertung ausbaute.
So lief das Rennen:
172 Fahrer machten sich am Mittag bei Sonnenschein und Temperaturen über 20 Grad auf den Weg zur Planche des Belles Filles, wo die erste Bergankunft dieser Tour de France wartete. Im Kampf um die Gruppe des Tages zeigte sich auf welligem Terrain Bora – hansgrohe ausgesprochen aktiv, wobei sich zunächst der Deutsche Meister Nils Politt und dessen Vorgänger Maximilian Schachmann sowie auch Kämna hervortaten.
Bei den zahlreichen vergeblichen Attacken bei erneut hohem Tempo von mehr als 50 Kilometern in der ersten Rennstunde hielten sich Pogacars Teamkollegen zurück und beobachteten aus hinteren Positionen, wie sich Simon Geschke (Cofidis) nach rund 40 Kilometern auf den Weg machte und in Person von Zeitfahrweltmeister Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) kurz darauf prominente Begleitung erhielt – allerdings nur kurzzeitig, weil der Italiener aus unbekanntem Grund sich wieder zurückfallen ließ.
Dafür konnte sich Geschke kurz darauf über zahlreiche und erstklassige Verstärkung freuen. Zum Freiburger schlossen neben dem Bora-Duo Schachmann und Kämna noch Dylan Teuns (Bahrain Victorious), Mads Pedersen und Giulio Ciccone (beide Trek - Segafredo), Vegard Stake Laengen (UAE Team Emirates), Luke Durbridge (BikeExchange - Jayco), Imanol Erviti (Movistar) Cyril Barthe (B&B Hotels) sowie Kasper Asgreen (Quick-Step Alpha Vinyl) auf. Dagegen versuchten Michael Woods (Israel – Premier Tech) und Bergkönig Cort (EF Education – EasyPost) vergeblich, noch zu den elf Ausreißern vorzufahren.
Schachmann und Kämna sprengen die Spitzengruppe
Die Spitzengruppe allerdings schien sich zunächst nicht einig zu sein und erhielt vom im Feld die Kontrolle übernehmenden UAE-Team nicht einmal drei Minuten Vorsprung. Pogacars Helfer drückten kräftig aufs Tempo, so dass der Abstand zur Spitze beim Zwischensprint in Gerardmer nur noch zwei Minuten betrug. Hinter der Spitzengruppe sicherte sich Van Aert noch fünf weitere Zähler für sein Grünes Trikot. Kurz darauf sprengten Kämna und Schachmann am Col de Grosse Pierre (3. Kat.), dem ersten von drei Bergen des Tages, die hier noch zehnköpfige Spitzengruppe. Der Attacke der beiden Deutschen konnten nur Durbridge, Teuns und Geschke folgen, wobei sich kurz darauf der Cofidis-Routinier den Bergpreis und die damit verbundenen beiden Punkte vor Kämna holte.
In Folge der Tempoverschärfung an der Spitze wuchs der Vorsprung des Quintetts wieder auf mehr als drei Minuten auf das unverändert von UAE angeführte Feld an. Gut 50 Kilometer vor dem Ziel schafften Erviti und Barthe wieder den Anschluss, zehn Kilometer späte schnappte sich Geschke am Col de Croix (3.Kat.) weitere zwei Zähler und erhöhte damit sein Konto auf insgesamt vier Punkte. 2:40 hinter der Spitze folgte das Feld, in dem weiterhin keine Mannschaft UAE in der Verfolgung unterstützte.
Kämna und Geschke eröffnen das Finale, Vlasov fällt zurück
In der Anfahrt auf den sieben Kilometer langen Schlussanstiegs zeigten sich auch die weiteren Favoritenteams wie Jumbo – Visma, Ineos Grenadiers, Groupama - FDJ oder Movistar an der Spitze des Feldes, das seinen Rückstand bis zum Fuß des ersten Kategorie-1-Berges dieser Tour auf unter 90 Sekunden schrumpfte, wobei vor allem der von Ganna angeführte Ineos-Zug für Tempo sorgte.
An der Spitze der Fluchtgruppe, aus der Erviti sich wieder hatte zurückfallen, stellte sich Schachmann in den Dienst seines Teamkollegen Kämna, der schon auf den ersten Metern der letzten Steigung des Tages die Initiative ergriff. Kurz darauf setzte Geschke den Konter, Teuns versuchte mit Kämna im Schlepptau sechs Kilometer vor dem Ziel die Lücke zu schließen was dem Sieger von 2019 aber nicht gelang. Stattdessen ließ der Gewinner der Giro-Etappe zum Ätna seinen Kontrahenten stehen und sprang ohne sichtbare Mühe zu seinem Landsmann vor, den er 4,8 Kilometer vor dem Ziel stehen ließ
Im Feld hatte UAE Ineos wieder in die zweite Reihe verdrängt und mit drei Helfern die Kontrolle übernommen. Auf den letzten vier Kilometern schrumpfte das Feld schnell zusammen, wobei auch Bora-Kapitän Aleksandr Vlasov überraschend zurückfiel.
Auf den letzten Metern fangen Vingegaard und Pogacar Kämna ab
Kämna nahm noch gut 30 Sekunden Vorsprung mit auf den über Naturpisten führenden Schlusskilometer, an dem Pogacar aus der nur noch rund 20 Fahrer umfassenden Favoritengruppe heraus beschleunigte. Während der Deutsche auf den letzten Metern verzweifelt kämpfte, um seine knappe Führung über die Ziellinie zu retten, trat Vingegaard von Pogacars Hinterrad aus an und machte sich auf die Jagd nach Kämna.
Der UAE-Kapitän hatte aber auch darauf eine Antwort, sprang an das Hinterrad seines Konkurrenten, an dessen Seite er mit spielerischer Leichtigkeit am völlig ausgepumpten Kämna vorbei jagte, um sich auf den letzten Metern auch noch gegen Vingegaard durchzusetzen. Kämna musste auch noch Roglic an sich vorbeiziehen lassen, behauptete sich aber knapp vor Thomas und den weiteren Klassementfahrern.
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