Herzschlag-Duell beim Superprestige in Zolder

Van der Poels Rausrutscher verhilft van Aert zum Sieg

Von Kevin Kempf

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Wout van Aert (Jumbo - Visma) feierte in Zolder seinen dritten Saisonsieg. | Foto: Cor Vos

27.12.2022  |  (rsn) – Nach einer nervenaufreibenden Schlussrunde hat Wout van Aert (Jumbo – Visma) beim fünften Superprestige der Saison in Zolder Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) auf den zweiten Platz verwiesen. Der Niederländer war im Zweiersprint chancenlos, da er kurz vor dem Ziel aus dem Pedal rutschte. Lars van der Haar (Baloise – Trek Lions) komplettierte das Podium und übernahm die Gesamtführung. Als Vierter kam Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) vor Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen – Bingoal) ins Ziel.

Für van Aert war es nach Dublin und Mol der dritte Saisonsieg im fünften Rennen; in Antwerpen und Gavere wurde er jeweils Zweiter. In Zolder profitierte er auch vom frühen Angriff seines ewigen Konkurrenten. “Mathieu ist die erste Runde gefahren, als sei es die letzte“, so der Vorjahressieger im Ziel-Interview. Danach haben die beiden Topstars wie ein Paar gemeinsam ihre Runden gedreht. Der Kurs an und auf der Auto-Rennstrecke liegt den beiden; seit 2015 hieß der Sieger in Zolder immer van Aert (dreimal) oder van der Poel (fünfmal).

Van der Poel erklärte seinen frühen Angriff im Ziel-Interview: “Ich wollte nicht mit einer so großen Gruppe unterwegs sein. Wenn man dann Wout mitbekommt weiß man gleich, dass man den Rest des Rennens zu zweit vorn bleiben wird.“ Doch der vierfache Weltmeister drehte nicht nur in der Auftaktrunde auf. Auch im Finale setzte der 27-Jährige die Akzente. “Ich wollte im technischen Teil wegspringen. Das klappte nicht“, blickte er auf die zweite Hälfte des letzten Umlaufs zurück. Grund dafür war ein technischer Fehler, der den Niederländer zum Absteigen zwang. “Es kam dann auf den Sprint an. Ich merkte schon früh, dass wir ungefähr gleichstark waren. Leider bin ich aus dem Pedal gerutscht. Schade, dass ich nicht wirklich sprinten konnte“, so der Alpecin-Profi.

Um jeden Punkt und somit Platz musste van der Haar kämpfen. Er wurde auf der Zielgerade von Pidcock gejagt, konnte sich aber vor dem Briten behaupten. “Ich musste so einen langen Sprint fahren, das Laktat spritzte mit aus den Ohren“, stöhnte er gut gelaunt im Ziel. Die Gesamtführung hatte er übernommen, auch dank eines Gesprächs vor dem Wettkampf. “Ich bin jetzt vorn, weil du mir das vorher so gut erklärt hattest. Ich habe da während des Rennens sogar drüber nachgedacht“, lobte er die Interviewerin Sophie de Boer lachend. Am Mittwoch steht bereits das sechste Superprestige-Event auf dem Programm. “Morgen wird natürlich schwer, da geht es wieder ums gleiche Klassement. Aber ich versuche einfach, ein gutes Ergebnis zu erzielen“, so van der Haar.

Nicht zufrieden war Pidcock mit seinem Wettkampf. Im Gegensatz zum Vortag in Gavere konnte er nicht mit den beiden Topstars mithalten. “Heute war ich in einem ganz anderen Rennen unterwegs als die Zwei“, meinte er im Ziel-Interview. “Ich hatte keinen guten Tag. Normalerweise kann ich auf den langen Gerade Lücken zufahren. Heute ging das einfach nicht“, resümierte er.

Im Klassement übernahm van der Haar die Gesamtführung vom Tagessiebten Laurens Sweeck (Crelan – Fristads), der im Zielinterview über Rückenprobleme im Finale klagte. Der Niederländer liegt nun fünf Punkte vor dem Belgier. Dritter ist Vanthourenhout mit insgesamt acht Zählern Rückstand. Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) stand noch angeschlagen am Start und verlor als Elfter wertvolle Punkte. Er liegt auf Position vier elf Punkte hinter van der Haar.

So lief das Rennen:

Nach einer eher gemächlich absolvierten ersten halben Runde, machte van der Poel auf der zweiten Hälfte des Parcours ernst. Auf den technischen Passagen konnte nur van Aert dem Niederländer folgen - bei der ersten Zielpassage dauerte es schon 19 Sekunden, bis das Feld vorbeikam.

Mitte des zweiten Umlaufs ging van Aert erstmals an van der Poel vorbei. Hinten riss Vanthourenhout derweil das Peloton auseinander. Mit Quinten Hermans (Tormans CX) und Pidcock löste er sich vom Rest. Auf der Zielgeraden kamen Sweeck, van der Haar und Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) ebenfalls heran, da die beiden Belgier sich nicht mit dem Briten einig wurden.

Die Rennsituation veränderte sich nun erstmal nicht mehr. Mitte der vierten von neun Runden schaffte Joris Nieuwenhuis (Baloise – Trek Lions) den Anschluss an das Verfolgersextett. Durch einen Fahrfehler von Hermans wurden er, der Belgier selbst und van der Haar allerdings nur wenig später aufgehalten, sodass sich die Gruppe teilte. Pidcock erkannte die Situation, erhöhte den Druck und schüttelte so Vandeputte ab. Außerdem verhinderte er, dass van der Haar und Co. zurückkehren konnten.

Eingangs der sechsten Runde schaffte van der Haar mit Hermans und Vandeputte am Hinterrad doch die Widervereinigung mit dem Verfolgertrio. Nieuwenhuis hingegen blieb auf der Strecke, kurz danach platzte auch Hermans durch das hohe Tempo von Pidcock, der sich nun langsam aber sicher von seinen Begleitern absetzte. Das alles spielte sich aber schon weit hinter dem Spitzenduo ab, das einsam seine Kreise zog.

Das Finale hatte inzwischen begonnen, an allen Fronten wurde der Druck erhöht, auch bei der Führungsgruppe, wo beide Fahrer sich nun gegenseitig angriffen. Eingangs der Vorschlussrunde holten van der Haar und Vanthourenhout den auf dem dritten Rang fahrenden Pidcock wieder ein. Sweeck hingegen musste passen und lag nun auf Position sechs vor Hermans und Nieuwenhuis.

Van der Haar zog nun sofort voll durch, was Vanthourenhout zum Verhängnis wurde. Bei den Spitzenreitern herrschte nun die Ruhe vor dem Sturm. Sie gingen gemeinsam mit 27 Sekunden Vorsprung auf van der Haar und Pidcock in die Schlussrunde. Den entscheidenden technischen Teil des Kurses nahm van der Poel als Erster in Angriff. Er attackierte sofort. Er konnte sich jedoch nur wenige Meter von van Aert lösen. Als der Niederländer an einem kurzen Anstieg einen Fehler machte und vom Rad musste, ging der Belgier an ihm vorbei. Van der Poel blieb aber an dessen Hinterrad, das er bis zur langen Zielgeraden halten konnte. Van Aert setzte zuerst zum Sprint an und als der Alpecin-Profi es ihm gleich tat, rutschte er wieder aus dem Pedal. Der Weg war frei für van Aert. Van der Haar war im Finale besser als Pidcock und kam als Dritter ins Ziel.

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