RSNplusStarker Zweiter beim Klassikerauftakt

De Lie: Von der TV-Couch aufs Omloop-Podium

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "De Lie: Von der TV-Couch aufs Omloop-Podium"
Arnaud De Lie (Lotto Dstny, li.) feiert seinen zweiten Platz beim Omloop Het Nieuwsblad. | Foto: Cor Vos

26.02.2023  |  (rsn) - Die TV-Regie wusste ganz genau, welche Bilder sie im Zielbereich haben wollte. Da waren natürlich die Feierlichkeiten rund um Sieger Dylan van Baarle und seinen Teamkollegen von Jumbo – Visma. Später verharrte ein Kamerateam aber vor allem bei Arnaud De Lie (Lotto Dstny). Der Belgier bekam ebenfalls Glückwünsche, wirkte dabei aber eher wie jemand, der abgeschlagen unter ferner liefen den Zielstrich überquert hatte – womöglich lag das aber auch an der Erschöpfung.

___STEADY_PAYWALL___

Dabei war De Lie die Offenbarung des Rennens. Seit einem Jahr muss er damit leben, von vielen Seiten als kommender belgischer Klassikerstar angesehen zu werden – nach seinem Auftritt beim Omloop Het Nieuwsblad dürften sich diese Stimmen bestärkt sehen. Platz zwei. Mit 20 Jahren. Bei seiner ersten Teilnahme am schweren flämischen Klassiker. In Belgien löst das große Aufregung aus.

Arnaud De Lie (Lotto Dstny) imponierte bei seiner ersten Omloop-Teilnahme. | Foto: Cor Vos

Hinterher wusste De Lie dieses Ergebnis einzuordnen. “Ich bin sehr glücklich mit diesem zweiten Platz beim Omloop. Es ist mein erstes Podium bei einem WorldTour-Rennen – damit kann ich nicht unzufrieden sein“, sagte er und fügte an: “Im letzten Jahr habe ich das Rennen noch im Fernsehen verfolgt, nun an der Muur van Geraardsbergen ganz vorne mit dabei zu sein, das ist unglaublich.“

Sturz und Aufholjagd kurz vor dem Molenberg

De Lie gewann letztendlich 20 Sekunden hinter Solosieger van Baarle den Sprint um Platz zwei. Dabei war sein Auftritt weitaus beeindruckender als nur der Schlusssprint. Davon zeugten im Zielbereich auch die TV-Bilder seines blutenden rechten Knies. Rund 50 Kilometer vor dem Ziel war De Lie in einer Rechtskurve weggerutscht und zu Fall gekommen.

Er musste sein Rad wechseln und kämpfte sich zunächst alleine ins Feld zurück, ehe sich einige Teamkollegen ans Ende der Gruppe zurückfielen ließen. Dass sich die Szene kurz vor dem Molenberg ereignete, machte seine Aufholjagd nicht leichter. “Es war ein konstanter Kampf um die Positionen“, sagte er, “ich nahm eine Kurve etwas zu weit und kam zu Fall. Aber ich bin im Anschluss ruhig geblieben und habe auf meine starken Teamkollegen gezählt.“ Noch vor dem Molenberg war De Lie zurück in der großen Gruppe.

Den vorentscheidenden Antritt von van Baarle kurz nach dem Molenberg folgte allerdings Teamkollege Florian Vermeersch, der wenige Kilometer später jedoch abreißen ließ. De Lie hatte seinen großen Moment hingegen an der Muur van Geraardsbergen: Dort fuhren Tim Wellens (Team UAE Emirates) und Matej Mohoric (Bahrain Victorious) die große Verfolgergruppe auseinander und De Lie blieb als einer der wenigen in Schlagdistanz.

Im Zielsprint der Verfolgergruppe sicherte sich der 20-jährige Belgier den zweiten Platz – und das, obwohl er zuvor gestürzt war und mit blutendem Knie eine Aufholjagd starten musste. | Foto: Cor Vos

Dass er für einen schnellen Mann bemerkenswerte Kletterfähigkeiten besitzt, bewies der Omloop-Debütant zuletzt mit seinem Etappensieg im Bergaufsprint beim Etoile de Bessèges – die 475 Meter lange und bis zu 19,8 Prozent steile Muur van Geraardsbergen ist aber ein anderes Kaliber. “An der Muur ging es nur um Power und ich konnte an Wellens und Mohoric dranbleiben. An einem so ikonischen Anstieg vorne mitzufahren, da habe ich Gänsehaut bekommen“, sagte De Lie, der anschließend zu einer vierköpfigen Verfolgergruppe gehörte, die aber nicht mehr zu van Baarle aufschließen konnte.

Start beim Omloop war ursprünglich nicht vorgesehen

“Van Baarle war am Ende einfach zu stark, aber bis zum Ziel gab ich alles. Ich wollte den Podiumsplatz“, sagte De Lie. Damit schien es am Ende allerdings eng zu werden, denn die größere Verfolgergruppe schloss auf den letzten Metern noch einmal auf. De Lie taktierte jedoch nicht, startete 200 Meter vor dem Ziel seinen Sprint an und zog bis zur Linie durch. Der Lohn war Platz zwei bei seinem nach Gent-Wevelgem 2022 ersten großen flämischen Klassiker. Denn in seiner ersten Profisaison ließ ihn das Team ein dosiertes Programm fahren – das mit neun Sprintsiegen sehr erfolgreich ausfiel.

Als 20-jähriger Debütant aufs Podium von Omloop Het Nieuwsblad: Arnaud De Lie (Lotto Dstny, li.) neben den Routiniers Dylan van Baarle (Mi.) und Christophe Laporte (beide Jumbo – Visma). | Foto: Cor Vos

Auch für den diesjährigen Omloop Het Nieuwsblad war De Lie ursprünglich nicht vorgesehen. Sein Klassikerauftakt sollte kommende Woche bei Le Samyn erfolgen, mit Kategorie 1.1. ein deutlich niedriger klassifiziertes Rennen. “Arnaud selbst hat die Änderung in seinem Rennkalender angeregt, da er glaubt, so wichtige Erfahrungen für seine weitere Karriere sammeln zu können", teilte Lotto Dstny jedoch Mitte Februar per Twitter mit. Im Nachhinein war das Team damit gut beraten - De Lie ist mit bislang drei Siegen erneut stark in die Saison gestartet.

Bei Kuurne-Brüssel-Kuurne dürfte er am Sonntag aufgrund seiner Sprintstärke ebenfalls zu den Favoriten zählen. Als weitere flämische Klassiker folgen Gent - Wevelgem, Dwars door Vlaanderen und Paris – Roubaix. Auch bei diesen Rennen dürfte die TV-Regie ihn nun vermehrt im Blick haben.

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.02.2023Lefevere kritisiert sein Team: “Für zu leicht befunden“

(rsn) – Mit bisher zehn Saisonsiegen liegt Soudal Quick-Step in Sachen Ergebnissen Ende Februar zwar durchaus im Plan, zumal das Team bei der UAE Tour mit drei Etappenerfolgen und dem Gesamtsieg dur

27.02.2023SD Worx top abgestimmt, Van Vleuten im Pech

(rsn) – Zum Openingsweekend hat radsport-news.com sechs Fragen aufgeworfen, die sich vor dem Klassiker-Auftakt stellten – und teilweise lieferten der Omloop Het Nieuwsblad (1.WWT) und der Omloop v

27.02.2023Sechs Antworten zum Openingsweekend der Männer

(rsn) - Das Openingsweekend ist Geschichte - und lieferte einige interessante Antworten auf unsere Fragen zu Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) und Kuurne-Brüssel-Kuurne (1.Pro), den ersten beiden belgisc

25.02.2023Siebter! Politts bester Omloop hätte noch besser enden können

(rsn) - Mit Platz sieben ist Nils Politt (Bora - hansgrohe) beim Omloop Het Niewusblad (1.UWT) ein sehr guter Start in die Klassikerkampagne 2023 gelungen. Aus deutscher Sicht war es sogar das beste A

25.02.2023Kopecky gewinnt Omloop Het Nieuwsblad als Solistin

(rsn) – Lotte Kopecky (SD Worx) hat mit einer Attacke an der Muur van Geraardsbergen den Omloop Het Nieuwsblad (1.WWT) für sich entschieden. Die belgische Lokalmatadorin setzte sich nach 132,2 Kilo

25.02.2023Van Baarle mit Instinkt und Soloritt zum Omloop-Triumph

(rsn) - Auch ohne Titelverteidiger Wout Van Aert dominierte Jumbo – Visma den Auftakt der Klassikersaison. Der Niederländer Dylan van Baarle gewann den Omloop Het Nieuwsblad als Solist vor Arnaud D

25.02.2023Küng vor dem Omloop: “Wir werden offensiv fahren“

(rsn) – Vor knapp einer Woche feierte Stefan Küng (Groupama – FDJ) im Zeitfahren der Algarve-Rundfahrt seinen ersten Saisonsieg. Mit dem Rückenwind dieses Erfolges führt der Schweizer nun seine

25.02.2023Ackermann: “Freue mich tierisch auf europäische Rennen“

(rsn) – Es ist Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) anzumerken: Die Vorfreude auf den Klassiker-Auftakt beim Openingsweekend in Belgien sprudelt gerade so aus dem 29-Jährigen heraus. Er will, nach

25.02.2023Kanter kommt mit Saudi-Rückenwind nach Belgien

(rsn) – Max Kanter (Movistar) ist gut ins Jahr gekommen. Das steht außer Zweifel. Bei der Saudi Tour (2.1) sprintete der 25-Jährige gleich dreimal auf Rang fünf. Dabei kam er vor allem auch sehr

25.02.2023Rutsch fit und bereit für die Klassiker: “Jetzt wird´s ernst“

(rsn) – Sieben UCI-Renntage hat Jonas Rutsch (EF Education – EasyPost) in dieser Saison schon auf dem Konto. Doch nach der Tour Down Under (2.UWT) und dem Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.UWT)

25.02.2023Sechs Fragen zum Openingsweekend der Männer

(rsn) - Am Wochenende steht mit Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) und Kuurne-Brüssel-Kuurne (1.Pro) das Openingsweekend in Flandern auf dem Programm, auf das die Klassikerasse und Fans gleichermaßen hi

25.02.2023Sechs Fragen zum Openingsweekend der Frauen

(rsn) – Wie für die Männer, so beginnt auch für die Frauen am Wochenende mit dem Openingsweekend die flämische Klassikersaison. Dabei gehört der Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) erstmals zur Women

Weitere Radsportnachrichten

16.04.2025Amstel Gold Ladies Edition im Rückblick: Die letzten 8 Jahre

(ran) - Das Amstel Gold Race der Frauen wurde erstmals 2001 ausgetragen. Nach drei Editionen wurde das niederländische Eintagesrennen aber wieder eingestellt und erst zur Saison 2017 wiederbelebt. Se

16.04.2025Rutsch: “Ich habe das wirklich gebraucht“

(rsn) – Beim 122. Paris-Roubaix (1.UWT) fuhr Jonas Rutsch (Intermarché – Wanty)  bei einem “Ritt auf Messers Schneide“ ein Ergebnis heraus, “dass der Kopf dingend brauchte“, wie er RSN b

16.04.2025Fretin stürmt auf Aniolkowskis Rad zum ersten Sieg in der Heimat

(rsn) – Milan Fretin (Cofidis) hat die Ronde van Limburg (1.1) für sich entschieden. Der 24-jährige Belgier setzte sich bei seinem dritten Saisonsieg nach 178,6 Kilometern von Hasselt nach Tongere

16.04.2025Spuckattacke gegen van der Poel: Mann muss Geldstrafe zahlen

(rsn) – Bereits bei der E3 Classic im März wurde Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) vom Streckenrand attackiert. Der Zuschauer, der ihn damals bespuckt hatte, wurde mittlerweile von der

16.04.2025Brenner rückt als Tagesdritter auch im Gesamtklassement vor

(rsn) – Nach dem fünften Platz zum Auftakt ist Marco Brenner (Tudor) auf der 2. Etappe des 7. Giro d´Abruzzo (2.1) auf dem Podium gelandet. Hinter dem portugiesischen Solosieger Ivo Oliveira (UAE

16.04.2025Degenkolb: “Das komplette Gesamtpaket rechts ist kaputt“

(rsn) - Trotz schwerster Armverletzungen denkt John Degenkolb (Picnic – PostNL) nicht ans Karriereende. Nachdem er 2016 im Trainingslager von Calpe von einem Auto umgefahren worden war, will sich de

16.04.2025Titelverteidigerin Longo Borghini kann beim Brabantse Pijl starten

(rsn) – Knapp zwei Wochen nach ihrem Sturz bei der Flandern-Rundfahrt kehrt Elisa Longo Borghini (UAE Team ADQ) wieder ins Feld zurück. Wie ihr Team mitteilte, wird die Italienische Meisterin am Fr

16.04.202562. Eschborn-Frankfurt: Viele starke Puncheure am Start

(rsn) - Zwei Wochen vor dem Start von Eschborn-Frankfurt hat der Veranstalter die vorläufige Startliste des 1.Mai-Klassikers bekanntgegeben. Mit der Startnummer 1 wird Vorjahressieger Maxim Van Gils

16.04.2025Söderqvist folgt Teutenberg zum Profiteam von Lidl – Trek

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

16.04.2025Das Amstel Gold Race im Rückblick: die letzten zehn Jahre

(rsn) – Das Amstel Gold Race bildet traditionell den Auftakt der sogenannten Ardennenklassiker. Schmale Straßen sowie viele kurze, aber steile Anstiege kennzeichnen das einzige niederländische Wor

15.04.2025Flaschenwerfer entschuldigt sich bei van der Poel

(rsn) – Nach der Flaschen-Attacke gegen Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) bei Paris-Roubaix hat sich nun auch erstmals der Täter zu Wort gemeldet. Über einen Anwalt ließ der Mann, ein

15.04.2025WM-Straßenrennen 2027: In Sallanches gibts´s ein Kletterfestival

(rsn) – Im Rahmen der Präsentation der zweiten “Super-WM“, die vom 24. August bis 3. September 2027 im Département Haute-Savoie in den französischen Alpen stattfindet, hat der Radsportweltver

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Il Giro Abruzzo (2.1, ITA)
  • Tour du Loir et Cher (2.2, FRA)