Bei der Vuelta mit 35 erster WorldTour-Sieg

Soupe der schnellste am Ende einer Bummeletappe

Von Sebastian Lindner

Foto zu dem Text "Soupe der schnellste am Ende einer Bummeletappe "
Geoffrey Soupe (Total Energies) hat die 7. Etappe der 78. Vuelta a Espana gewonnen. | Foto: Cor Vos

01.09.2023  |  (rsn) - Zwischendurch schien es, als würde die 7. Etappe der 78. Vuelta a Espana nie zu Ende gehen. Denn auf den 201 Kilometern zwischen Utiel und Oliva bummelte das Feld dermaßen, dass es deutlich unter dem langsamsten errechneten Schnitt unterwegs war. Dafür wurde es am Ende umso hektischer. Nach zwei schweren Stürzen auf den letzten zehn Kilometern und einer 90-Grad-Kurve 350 Meter vor dem Ziel hieß der Sieger völlig überraschend Geoffrey Soupe (TotalEnergies). Der Franzose hielt sich aus allen Widrigkeiten heraus und zog seinen Sprint unbehelligt bis ins Ziel durch.

Kaum weniger überraschend landete der Venezolanische Meister Orluis Aular (Caja Raral – Seguros) nach starkem Finish auf dem zweiten Platz. Dritter wurde der Belgier Edward Theuns (Lidl - Trek). Top-Favorit Kaden Groves (Alpecin-Deceuninck) wurde mehrfach ausgebremst und kam hinter Juan Sebastian Molano (UAE Team Emirates) als Fünfter ins Ziel, nachdem er ihm der Kolumbianer zuvor ins Gehege gekommen war.

Damit der 35-jährige Soupe, der bisher in seiner Karriere nur zwei Etappen der Tropicale Amissa Bongo (2011 und 2023) und einmal die Gesamtwertung der Rundfahrt gewinnen konnte, überhaupt in die Situation kam, um den Sieg zu fahren, musste einiges zusammenkommen. “Ich war gar nicht für die Vuelta vorgesehen. Nur weil Alexis Vuillermoz bei der Tour de l’Ain gestürzt war, hat man beschlossen mich mitzunehmen“, erklärte der Sieger im Ziel. “Und eigentlich sollte ich für Dries Van Gestel fahren, aber durch die Stürze war er im Finale eingebaut. Ich kam in der letzten Kurve noch vorbei und konnte sprinten. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Etappensieg möglich sein würde“, zeigte er sich völlig überrascht von seinem Coup.

Der elf Jahre jüngere Groves hingegen war ausgesprochen sauer. Das zeigte er nicht nur mit einem kräftigen Schlag auf seinen Lenker, als er über die Ziellinie rollte. ”Das war sehr enttäuschend. Robbe (Ghys) ist an meinem Hinterrad schwer zu Fall gekommen und ich hoffe, dass er okay ist. Dann kam ein Caja-Rural-Typ außer Kontrolle um die Kurve und hat einen Sturz verursacht. Viele von uns konnten nicht sprinten“, erzählte der Australier, der aber sein Grünes Trikot behalten konnte. “Es war im Prinzip keine gefährliche Ankunft. Wir Fahrer haben die Risiken verursacht. Wir wollen alle gewinnen, deswegen wird so viel gestürzt“, fügte Groves selbstkritisch an.

Auch die weiteren Trikotträger konnten ihre Leibchen verteidigen. Soupes Landsmann Lenny Martinez (Groupama – FDJ) führt die Gesamtwertung weiter an mit acht Sekunden Vorsprung auf Sepp Kuss (Jumbo – Visma) an und bleibt damit auch im Besitz des Weißen Trikots. Auf den vorderen Plätzen des Klassements kam es zu keinen Veränderungen, lediglich Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) tauschte mit Enric Mas (Movistar) die Positionen und ist neuer Gesamtzehnter. Eduardo Sepulveda (Lotto - Dstny) ist weiter Führender in der Bergwertung, Bahrain Victorious führt die Bergwertung an.

So lief die 7. Etappe der Vuelta a Espana

Bereits auf dem ersten Kilometer setzte sich das spanische Duo Jose Herrada (Cofidis) und Ander Okamika (Burgos – BH) ab. Die Motivation, zu zweit weiterzufahren, stellte sich im Rennverlauf aber als eher gering heraus. Maximal zweieinhalb Minuten konnten sich beide herausarbeiten. Und das lag nicht daran, dass im Feld die Leine besonders kurz gehalten wurde.

Auf den ersten 100 Kilometern betrug die Durchschnittsgeschwindigkeit knapp unter 40 km/h – und das auf einer Flachetappe. Das von Alpecin – Deceuninck angeführte Feld musste quasi anhalten, um die beiden Spitzenreiter nicht viel zu früh zu stellen, wobei zwischenzeitlich weniger als eine Minute Abstand vermeldet wurde.

Deshalb war es wohl auch ein Mangel an Konzentration, der ein das Ineos-Duo Geraint Thomas und Kim Heiduk sowie einen weiteren Teamkollegen stürzen ließ. Alle drei konnten das Rennen aber fortsetzen, wenngleich Thomas unterwegs mehrmals behandelt werden musste.

75 Kilometer vor dem Ziel war der Vorsprung von Herrada und Okamika, der phasenweise leicht angestiegen war, wieder auf unter eine Minute gesunken. Alpecin - Deceuninck und Soudal – Quick-Step bestimmten das Tempo und hatten so langsam genug von der Bummelei. 7000 Meter später waren die Ausreißer dann gestellt. Während Herrada im Feld verschwand, drückte Okamika allerdings nochmal aufs Gas und fuhr sich tatsächlich nochmal mehr als eine Minute heraus.

Das Streckenprofil der 78. Vuelta a Espana | Foto: Veranstalter

41 Kilometer vor dem Ende war dann aber auch Schluss für den letzten der beiden Ausreißer. In der Vorbereitung auf den Zwischensprint hatte das Feld sein Tempo nochmal deutlich erhöht. 20 Punkte sicherte sich dort Groves – und Jonas Vingegaard (Jumbo-Visma) sprintete als Dritter zu zwei Bonussekunden.

Das Tempo schlief in der Folge dann aber wieder ein und so war der nächste Sturz fast schon vorprogrammiert. An der 10-Kilometer-Marke kamen mehrere Fahrer zu Fall, am heftigsten schien es Matteo Sobrero (Jayco - AlUla) erwischt zu ahben. Fünf Kilometer vor dem Ziel dann der nächste schwere Sturz, nachdem sich zwei Alpecin-Fahrer ins Gehege gekommen waren. Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) war hier der größte Leidtragende. Der Niederländer musste noch auf der Straße versorgt werden, ehe er mit einer Halskrause auf einer Trage in einen Krankenwagen gehievt wurde.

Und auch im finalen Sprint fehlte nicht viel und es hätte nochmal gekracht. Molano und Groves gerieten genauso wie die beiden Caja-Rural-Fahrer Aular und David Gonzalez aneinander. Nutznießer war dann Soupe, der in der 90-Grad-Kurve 350 Meter vor der Ziel die Innenbahn gewählt hatte und dort unbehelligt von allen anderen sein Ding durchziehen konnte. Aular kam ihm mit der höheren Endgeschwindigkeit zwar nochmal nahe, für den Sieg reichte es aber nicht mehr.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.11.2023Kuss: “Was ich bei Jumbo - Visma habe, ist einzigartig“

(rsn) – Vuelta-Sieger Sepp Kuss fühlt sich bei Jumbo – Visma wohl in seiner Rolle als Grand-Tour-Edelhelfer, der auch seine Freiheiten bekommt – so wie eben bei der diesjährigen Spanien-Rundfa

26.10.2023Zeeman zum Angliru-Drama: “Hätten zusammenbleiben sollen“

(rsn) – Primoz Roglic hat die Mannschaft verlassen und jetzt gibt es auch kaum noch einen Grund, den Mantel des Schweigens über die Geschehnisse im Team Jumbo – Visma bei der Vuelta a Espana zu h

19.09.2023Vuelta-Debütanten berichten - Teil 2: Heiduk und Engelhardt

(rsn) – Mit Kim Heiduk (Ineos Grenadiers), Felix Engelhardt (Jayco – AlUla), Jason Osborne und Maurice Ballerstedt (beide Alpecin – Deceuninck) standen gleich vier deutsche Grand-Tour-Debütante

19.09.2023Vuelta-Debütanten berichten - Teil 1: Ballerstedt und Osborne

(rsn) – Mit Kim Heiduk (Ineos Grenadiers), Felix Engelhardt (Jayco – AlUla), Jason Osborne und Maurice Ballerstedt (beide Alpecin – Deceuninck) standen gleich vier deutsche Grand-Tour-Debütante

19.09.2023Kelderman fuhr die Vuelta ab Etappe 4 mit gebrochenem Finger

(rsn) – Wilco Kelderman hat beinahe die gesamte Vuelta a Espana mit einem gebrochenen kleinen Finger absolviert. Das bestätigte Jumbo-Visma-Sportdirektor Merijn Zeeman gegenüber dem niederländisc

18.09.2023Jumbo - Visma räumt mit großem Abstand das meiste Preisgeld ab

(rsn) – Mit drei Mann auf dem Podium, dem Sieg in der Teamwertung und fünf Etappensiegen ist es keine große Überraschung, dass das niederländische Team Jumbo – Visma mit dem meisten Preisgeld

18.09.2023Ganna und Vollering verzichten auf Starts im EM-Zeitfahren

(rsn) – Filippo Ganna (Italien / Ineos Grenadiers) und Demi Vollering (Niederlande / SD Worx) werden am Mittwoch nicht im Einzelzeitfahren bei den Straßen-Europameisterschaften von Drenthe am Start

18.09.2023Video-Highlights der 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) - Der Australier Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) gewann den letzten Abschnitt der Vuelta a Espana 2023. Nach 101 Kilometern vom Hippodromo de la Zarzuela nach Madrid feierte der Australier

17.09.2023Kuss siegt sich vor seinen “Chefs“ in die Geschichtsbücher

(rsn) – Vier Tage nach seinem 29. Geburtstag war der erste Grand-Tour-Sieg für Sepp Kuss (Jumbo – Visma) perfekt. In einem Jahr, wo er alle drei großen Landesrundfahrten bestritt und sowohl beim

17.09.2023Denz: “Wir wollten mit Kämna für ein wenig Chaos sorgen“

(rsn) - Die traditionelle Ehrenfahrt, die Tour d'Honneur, war die letzte Etappe der Vuelta a Espana 2023 nicht. Erst auf den letzten 700 Metern wurde die sechsköpfige Fluchtgruppe mit Remco Evenepoel

17.09.2023Kuss macht mit dem Vuelta-Sieg Jumbos Grand-Tour-Triple perfekt

(rsn) – Sepp Kuss (Jumbo – Visma) hat als zweiter US-Amerikaner nach Chris Horner die Vuelta a Espana gewonnen. Zum zweiten Mal in der Geschichte des Radsports nach 1966, damals ebenfalls in Spani

17.09.202321. Etappe der Vuelta a Espana: Madrid – Madrid, 101 km

(rsn) – Sepp Kuss (Jumbo – Visma) wird am Sonntagabend gegen 20:00 Uhr als zweiter US-Amerikaner nach Chris Horner die 78. Vuelta a Espana gewinnen. Zuerst muss der 29-Jährige aber noch die 101 K

Weitere Radsportnachrichten

05.11.2024Tod der Mutter verdrängte sportliche Erfolge in den Hintergrund

(rsn) – Hinter Anton Albrecht (P&S Metalltechnik – Benotti) liegt ein schwieriges Jahr. Im Saisonverlauf wusste er zu überzeugen und sich etwa mit einem zweiten Etappenrang bei Belgrade Banjaluka

05.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

04.11.2024Krankheiten und Reisestress raubten die Freude am Radsport

(rsn) – Erst zur Saison 2023 wechselte Mountainbiker Pirmin Eisenbarth auf die Straße und sorgte in Diensten des deutschen Kontinental-Teams Bike Aid mit zahlreichen Spitzenplatzierungen für Furor

04.11.2024dsm-Profi Bevin stellt sein Rad in die Ecke

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

04.11.2024Van Anrooij an verengter Beckenarterie operiert

(rsn) - Shirin van Anrooij wird auf Einsätze in dieser Cross-Saison verzichten müssen. Wie die 22-jährige Niederländerin auf Instagram mitteilte, sei sie an einer verengten Beckenarterie ihres lin

04.11.2024Gemischte Gefühle nach größtem Karriereerfolg

(rsn ) – Nach zwei Jahren bei Lotto – Kern Haus wechselte Ole Theiler im vergangenen Winter zu Storck – Metropol, um sich in seinem letzten U23-Jahr als Kapitän für ein Profiteam zu empfehlen.

04.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Transfers offiziell bekanntgeben. Radsport-news.c

03.11.2024Ein Lernjahr mit einem großen Rückschlag

(rsn) – 2024 war ein Jahr mit Licht und Schatten für Fabian Steininger (Maloja Pushbikers). Der 24-jährige Österreicher ging in seine zweite Saison beim deutschen Kontinental-Team und fühlte si

03.11.2024Nys fliegt in Pontevedra zu seinem ersten großen Titel

(rsn) – Nach seinem schwarzen Tag in Pontchateau im letzten Jahr hat der Belgier Thibau Nys im spanischen Pontevedra zum Abschluss der Cross-Europameisterschaften seinen ersten großen Titel in der

03.11.2024Van Empel zum dritten Mal in Folge Europameisterin vor Alvarado

(rsn) – Fem van Empel heißt die alte und neue Cross-Europameisterin. Im spanischen Pontevedra schlug die Niederländerin bei sommerlichen Temperaturen im Sprintduell ihre Landsfrau Ceylin del Carme

03.11.2024Nach Haverdings Pech macht Michels die Titelverteidigung klar

(rsn) – Jente Michels ist bei der Cross-EM im spanischen Ponteverda die Titelverteidigung im U23-Rennen der Männer gelungen. Der 21-jährige Belgier setzte sich auf dem technisch anspruchsvollen un

03.11.2024Gery sprintet aus Schreibers Windschatten zur Goldmedaille

(rsn) – Mit einem cleveren Auftritt hat sich Célia Gery bei der Cross-EM im spanischen Ponteverda den Titel im Rennen der U23 Frauen gesichert. Die 18-jährige Französin verwies im Sprintduell die

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine