Giro: Pogacar erzwingt den Massensprint

Kooj triumphiert im Sprint-Krimi von Neapel vor Milan

Von Kevin Kempf

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Olaf Kooij (Visma -Lease a Bike) gewinnt die 9. Etappe des Giro d´Italia| Foto: Cor Vos

12.05.2024  |  (rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat die 9. Etappe des 107. Giro d’Italia im Massensprint gewonnen. Nach 214 Kilometern mit Start in Avezzano und Ziel in Neapel jagte er auf den letzten Metern noch an Jonathan Milan (Lidl – Trek) vorbei. Der Italiener hatte wenige Augenblicke zuvor Ausreißer Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) kurz vor dem Zielstrich überholt, verpasste aber seinen zweiten Tagessieg denkbar knapp.

Dritter wurde der Kolumbianer Juan Sebastian Molano (UAE Team Emirates), dessen Kapitän Tadej Pogacar auf dem Schlusskilometer dafür gesorgt hatte, dass der Spitzenreiter noch eingeholt werden konnte. Der Träger des Rosa Trikots kam im Hauptfeld ins Ziel und verteidigte seine Gesamtführung. Tagesvierter wurde der Italiener Alberto Dainese (Tudor) vor dem Niederländer Danny van Poppel (Bora – hansgrohe).

Obwohl Cian Uijtdebroeks als Gesamtfünfter gut im Rennen liegt, lief der Giro bisher für Visma – Lease a Bike bisher nicht nach Wunsch. Am zweiten Tag stürzte Grand-Tour-Debütant Kooij und trat lädiert zu den nächsten Etappen an. Mit Robert Gesink und Christophe Laporte sind gleich zwei Fahrer nicht mehr dabei. Da kam Kooijs Auftritt vor dem ersten Ruhetag wie gerufen. “Dieser Etappensieg war unser großes Ziel. Die ersten Sprints liefen nicht so gut für uns und heute mussten wir wirklich kämpfen“, meinte der 22-Jährige im Ziel-Interview.

Narvaez lässt die Sprinter zittern

Ein Sprint war auf der Etappe nach Neapel wegen mehrerer Hügel auf den letzten Kilometern keine Selbstverständlichkeit. “Es war ein sehr hartes Finale. Das Team hat sich komplett hinter mich gestellt, obwohl wir nicht sicher waren, wie es ausgehen würde“, gab Kooij zu. Visma ist mit zwei Kapitänen nach Italien abgereist, jeweils ein Berg- und ein Sprinthelfer fehlen inzwischen aber.

So musste auf den letzten Kilometern sogar Uijtdebroeks Spanndienste für den Teamsprinter verrichten. “Wir wussten, dass wir ein bisschen improvisieren müssen; vor allem während des letzten Kilometers. Mit Christophe (Laporte) war es quasi sicher, dass ich in einer Top-Position bin. Ohne ihn ist es viel schwieriger. Heute mussten wir auf die Situationen reagieren und die Entwicklungen abwarten. Ich habe schon einige Rennen gewonnen, aber von diesem Sieg bei einer Grand Tour habe ich geträumt", strahlte Kooij.

Das Festival der Sprinter hätte beinahe Narvaez verhindert. Der Auftaktsieger attackierte am letzten Anstieg knapp acht Kilometer vor dem Ziel und holte Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) ein, der bester Fahrer einer späten Ausreißergruppe war. Narvaez hatte den Sieg bereits vor Augen, doch er wurde wenige Meter vor der Ziellinie noch überspurtet. "So ist der Radsport. Manchmal erzielt man tolle Ergebnisse, manchmal eben nicht. Das Wichtigste ist, dass ich meine Zeit hier beim Giro genieße und es weiter versuchen werde“, resümierte der 27-Jährige, der noch auf Rang elf durchgereicht wurde.

Eine Schrecksekunde erlebte Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) rund 60 Kilometer vor dem Ziel, als er mit dem Gesamtdritten Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) am Boden lag. Sowohl der Bora-Profi als auch der Waliser konnten das Rennen fortsetzen. Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) konnte diesmal nicht in den Sprint eingreifen. Besser lief es bei Max Kanter (Astana Qazaqstan), der als Zehnter bester Deutscher wurde.

Mit Ausnahme des nicht mehr zur 9. Etappe angetretenen Gesamtelften Alexey Lutsenko (Astana Qazaqstan) änderte sich auf den ersten Positionen des Klassements nichts. Pogacar bleibt 2:40 Minuten vor Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) und verteidigte auch das Bergtrikot. In der Punktewertung baute Milan seinen Vorsprung aus. Uijtdebroeks startet auch zur 10. Etappe als bester Nachwuchsfahrer.

So lief die 9. Etappe des Giro d’Italia:

Mit Andrea Pietrobon und Mirco Maestri (beide Polti – Kometa) fanden sich gleich nach dem Start zwei Teamkollegen, die den Großteil der Etappe vor dem Feld zurücklegen wollten. Das italienische Duo bekam maximal 3:15 Minuten Vorsprung zugestanden. Den Zwischensprint in Mondragone holte sich eingangs der letzten 80 Kilometer Pietrobon. Aus dem Feld heraus sicherte sich Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) den dritten Platz vor Milan, Kooij und Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck).

Den Intergiro in Giugliano in Campania gewann 55 Kilometer vor dem Ziel Maestri, Groves ließ im Kampf um den dritten Platz Merlier hinter sich. Milan und Kooij dagegen sparten ihre Kräfte fürs Finale und sprinteten nicht mit. An der 40-Kilometer-Marke begann der einzige klassifizierte Anstieg des Tages zum Monte di Procida (4.Kat). Auch hier sammelte Pietrobon die meisten Punkte ein, dahinter erhöhte Alpecin – Deceuninck im letzten Teil des Anstiegs das Tempo und hängte so Merlier, Fabio Jakobsen und Tobias Lund Andresen (beide dsm-firmenich – PostNL) ab.

An einem nicht klassifizierten Hügel griff Alaphilippe 27 Kilometer vor dem Ziel gemeinsam mit Nicola Conci (Alpecin – Deceuninck) an. Das Duo holte die beiden Spitzenreiter 200 Meter später ein, wurde aber seinerseits von Lewis Askey (Groupama – FDJ) und Kevin Vermaerke (dsm-firmenich – PostNL) gestellt. Ewen Costiou (Arkéa - B&B Hotels) schaffte vier Kilometer später solo ebenfalls den Anschluss.

Das Streckenprofil der 9. Etappe des Giro d‘Italia | Foto: Veranstalter

Am vorletzten Anstieg attackierte Alaphilippe erneut. Nur Costiou konnte dem zweimaligen Weltmeister eingangs der letzten 20 Kilometer folgen. Das französische Duo setzte sich bis auf 25 Sekunden vom Peloton ab, nahm den letzten Hügel aber nur noch mit 50 Metern Vorsprung in Angriff. Dort drehte Alaphilippe voll auf und schüttelte seinen Landsmann ab.

Knapp acht Kilometer vor dem Ziel trat Narvaez an. Einige Konkurrenten versuchten vergeblich zu folgen. Innerhalb von 300 Metern holte der Ecuadorianische Meister Alaphilippe ein und zog an seinem Gegner vorbei. Am Ende der Abfahrt hatte Narvaez seinen Vorsprung auf das Feld Sekunde um Sekunde ausgebaut – unter dem Teufelslappen lag er deren zwölf vor den von Lidl – Trek angeführten Verfolgern.

Dann folgte der Auftritt von Pogacar, der das Feld doch noch in Schlagdistanz zu Narvaez heranbrachte. Als das Rosa Trikot seine Arbeit für Molano erledigt hatte, übernahm Milans Anfahrer Simone Consonni, der die Lücke fast schloss, ehe der Träger des Maglia Ciclamino seinen Sprint begannt und Narvaez 30 Meter vor dem Ziel stellte. Doch es war Kooij, der mit der höchsten Endgeschwindigkeit noch an Milan vorbeizog und sich den größten Sieg seiner bisherigen Karriere sicherte.

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