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02.11.2005 | T-Mobile-Neuzugang Patrik Sinkewitz will nach entnervenden Mobbing-Erfahrungen bei seinem alten Team Quick.Step nur noch nach vorn schauen. Im Interview mit Radsport aktiv äußert sich der 25 jährige Fuldaer über seine Ziele für die neue Saison und warum er alles tun will, um Jan Ullrich zum Tour-Sieg zu verhelfen.
Sie sind nach den Erfolgen 2004 mit großen Erwartungen in das Jahr gestartet. Würden Sie widersprechen, wenn man den Verlauf der Saison 2005 als enttäuschend beschreiben würde?
Sinkewitz: Sicher war es ein enttäuschendes Jahr. Aber das Gute daran ist: Ich kenne die Gründe dafür. Im Frühjahr war ich bei den Klassikern mit relativ wenig Aufwand vorne mit dabei. Die Tour de Suisse lief zunächst auch ganz gut, am Arlberg war ich immerhin Dritter. Aber noch während der Rundfahrt wurde ich krank, wie übrigens Paolo Bettini auch. Dann kam die Sache mit meinem Wechsel zu T-Mobile und das Mobbing von Teamchef Lefévère. Von da an lief nicht mehr viel zusammen. Bei der Tour hatten wir trotz der beiden Etappensiege von Tom Boonen schon eine miese Stimmung, man hatte das Gefühl, dass das ganze Team ziellos wäre. Unter solchen Bedingungen kann man einfach keine guten Leistungen bringen. Mit den Möglichkeiten und Bedingungen von 2004 hätte ich aber ähnlich gute Ergebnisse erreicht, da bin ich mir sicher.
Sie sprechen die Auseinandersetzungen mit Quick.Step-Boss Patrik Lefévère an, der nach vorzeitiger Bekanntgabe ihres Wechsels zu T-Mobile öffentlich auf Konfrontationskurs ging...
Sinkewitz: Ja, die ganze restliche Saison merkte ich die Folgen von Lefèvères Attacken. Nach der Tour hatte ich praktisch kein festes Rennprogramm mehr, eine gezielte Vorbereitung auf die Rennen war nicht mehr möglich. Zu dem Zeitpunkt hätte ich die Saison schon abhaken können. In die Deutschland-Tour ging ich zwar motiviert, war aber schon wieder krank. Bei einem so schweren Rennen kann man sich aber nicht von einer Grippe erholen. Den Rest der Saison bin ich dann nur noch gefahren, weil ich musste. Man hat mich sogar zu Kirmesrennen nach Belgien beordert. Ohne überheblich klingen zu wollen, aber da gehöre ich einfach nicht hin. Das hat mir gezeigt, dass man mich künstlich ausbremsen wollte. Jetzt habe ich meinen Vertrag erfüllt und möchte mit Lefévère und Quick.Step nichts mehr zu tun haben.
Was hätten Sie tun können, um eine solche Eskalation zu vermeiden?
Sinkewitz: Ehrlich: Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Lefévère hatte mich darum gebeten, ihn frühzeitig zu informieren, falls ich das Team verlassen würde. Als feststand, dass ich zu T-Mobile gehen würde, wollte ich es ihm direkt sagen, aber er hat es auf dem Weg zur Tour aus anderer Quelle erfahren. Ich habe in der Hinsicht keinen Fehler gemacht. Mein Vertrag lief aus und da ist es völlig normal, wenn man sich für einen anderen Rennstall entscheidet. Lefévère ist erfahren genug zu wissen, wie man Fahrer hält, wenn man sie wirklich halten will.
Quick.Step wollte Sie gar nicht halten?
Sinkewitz: Man ist mir schon entgegengekommen. Lefévère hat sich um mich bemüht, aber unter dem Strich war das Angebot von T-Mobile einfach besser.
Die Konkurrenz bei T-Mobile wird größer sein als bei Quick.Step. Fürchten Sie nicht, dabei auf der Strecke zu bleiben?
Sinkewitz: Die Situation bei T-Mobile kann ich zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nur schlecht beurteilen. Aber ich habe mich als ausländischer Fahrer bei Quick.Step durchsetzen müssen und mir ist das gelungen. Deshalb habe ich da bei T-Mobile wenige Bedenken. Ich bin jetzt 25 geworden, habe fünf Jahre als Profi hinter mir. Die nächsten zwei, drei Jahre sind für meine Karriere entscheidend. Ich habe viele Gespräche mit Olaf Ludwig geführt und er hat mir das Gefühl gegeben, dass man mich wirklich will. Das Team wird ja fast komplett umgekrempelt. Ich kann mir gut vorstellen, auch länger als die drei Jahre, für die ich unterschrieben habe, für T-Mobile zu fahren.
Was versprechen Sie sich von Ihrem Wechsel zu T-Mobile?
Sinkewitz: Ich möchte zum Beispiel gerne einmal Deutscher Meister werden. Ich war einige Male nahe dran, aber da gab es immer diese Magenta-Phalanx, gegen die kein Durchkommen war. Olaf Ludwig erwartet, dass ich eine gute Rolle bei den Frühjahrsklassikern und bei den größeren Rundfahrten spiele. Ich will die Tour de France fahren, aber nur in guter Form. Beim ersten Teamtreffen wird sich herausstellen, wie mein Rennkalender im nächsten Jahr aussehen wird, aber ich bin mir sicher, dass mich T-Mobile nicht als Wasserträger geholt hat.
Bei der Tour wird alles auf Jan Ullrich ausgerichtet sein. Wie passt das mit eigenen Ambitionen zusammen, die sie sicher auch haben?
Sinkewitz: Ich habe damit keine Probleme. Wenn ich Ullrich unterstützen kann, werde ich auch davon profitieren. Die Erfahrungen, die ich dabei sammeln kann, können mir in der Zukunft nur helfen. Vor die Wahl gestellt, 16. im Gesamtklassement zu werden oder Ullrich dabei zu helfen, den Tour-Sieg einzufahren, fällt die Wahl nicht schwer: Ich will, dass Ullrich gewinnt. Natürlich habe ich auch eigene Ambitionen, ein Etappensieg wäre schön. Aber ganz klar ist auch: Die stehen in diesem Jahr zurück hinter dem großen Ziel Tour-Sieg.
Trauen Sie sich zu, einen der begehrten neun Startplätze zu ergattern?
Sinkewitz: Wenn ich meine Form erreiche und gesund bleibe, gehöre ich in das Tour-Aufgebot. Es liegt letztlich nur an mir, ob ich dabei sein werde oder nicht. Aber ich habe den Eindruck, dass die Teamleitung zu professionell ist, als dass ich mir da Gedanken machen müsste. Die werden schon die richtigen Leute aufstellen. Wichtig wird sein, dass unsere Fahrer nicht schon ihre Topform im Kampf um den Startplatz erreichen, sondern in Topform zur Tour kommen.
Wie werden Ihre ersten Monate bei T-Mobile aussehen?
Sinkewitz: Vom 15. bis zum 21. November haben wir ein Teamtreffen, bei dem das Rennprogramm aufgestellt wird. Im Dezember reise ich dann mit anderen Fahrern wie Ullrich, Klöden, und Wesemann nach Südafrika ins Trainingslager. Vom 7. bis zum 21. Januar geht’s dann ins Teamtrainingslager nach Mallorca.
Die Fahrer erholen sich in diesen Tagen von einer strapaziösen Saison. Viele, darunter auch Jens Voigt in seiner Eigenschaft als Fahrervertreter, kritisieren den ihrer Meinung nach zu vollen Rennkalender. Haben Sie auch den Eindruck, dass es mit Einführung der ProTour immer weniger Regenrationsmöglichkeiten für die Fahrer gibt?
Sinkewitz: Ehrlich gesagt sehe ich das nicht so tragisch. Natürlich gibt es viele Rennen und teilweise überschneiden die sich auch, was ich nicht ganz verstehen kann. Aber von keinem Fahrer wird ja erwartet, dass er jedes ProTour-Rennen bestreitet. Ich halte die ProTour für eine sinnvolle Sache; das einzige, was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist die Punktewertung. Wenn es für einen Tour-Etappensieg genauso viele Punkte gibt wie für einen neunten Platz bei Paris-Tours – nämlich drei - , dann stimmt etwas nicht. Aber die UCI will ja zur nächsten Saison da offenbar einiges nachbessern.
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