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10.01.2007 | Stefan Schumacher geht mit großen Ambitionen in seine zweite Saison beim Team Gerolsteiner. Im Gespräch mit Radsport aktiv benennt der der 25-jährige Schwabe selbstbewusst seine drei großen Ziele: ein Triumph bei einem Frühjahrsklassiker, ein Tour-Etappensieg und im Herbst das Regenbogentrikot bei der Heim-WM in Stuttgart.
Sie hatten ein herausragendes erstes Jahr bei Gerolsteiner mit drei Rundfahrtsiegen und zwei Etappensiegen beim Giro. Was haben Sie sich für 2007 vorgenommen?
Schumacher: Viele Dinge. Derzeit bereite ich mich auf Paris-Nizza und auf die großen Frühjahrsrennen wie die Flandern-Rundfahrt und die Ardennenklassiker vor. Da will ich ganz vorne dabei sein. Mein Traum ist es, einen Frühjahrsklassiker zu gewinnen. Am 1. Mai nehme ich noch das Henninger Turm-Rennen mit, danach beginne ich mit dem Neuaufbau, um meine erste Tour de France in Angriff nehmen zu können. Mein Ziel dort ist ein Etappensieg. Was die Gesamtwertung anbelangt, will ich Erfahrungen für die nächsten Jahre sammeln. Im September steht dann mit der WM ein weiterer absoluter Saisonhöhepunkt auf dem Programm. Ich will in Stuttgart den WM-Titel holen.
Wie stark schätzen Sie Team Gerolsteiner nach der Verjüngungskur ein?
Schumacher: Mit Leipheimer, Totschnig und Rich haben drei ganz starke Fahrer das Team verlassen bzw. ihre Karriere beendet. Wir haben trotzdem eine Mannschaft mit unheimlich viel Potenzial, unsere jungen Fahrer werden von Jahr zu Jahr stärker. Bei den großen Rundfahrten wird von uns in der Gesamtwertung sicher kein Platz auf dem Podium erwartet. Da haben wir wenig Druck, außer dem, den wir uns selber machen. Bei den Ardenneklassikern schätze ich uns als das stärkste Team im Peloton ein, mit Fahrern wie Rebellin, Wegmann, Moletta und mir. Und bei anderen Klassikern wie Mailand San Remo oder Paris-Roubaix haben wir mit David Kopp und Heinrich Haussler ebenfalls zwei Fahrer, die ganz vorne landen können. Alles in allem gehen wir mit einem sehr starken Team in die neue Saison.
Nach dem Weggang der erfahrenen Kapitäne Leipheimer und Totschnig sind Sie und Markus Fothen bei den großen Rundfahrten die Kapitäne. Spornt das an oder belastet es Sie eher?
Schumacher: Prinzipiell habe ich kein Problem damit Verantwortung zu übernehmen. Ich sehe mich bei der Tour allerdings noch nicht als einen, der es im Gesamtklassement bringen muss. Die Tour wird schließlich erst meine zweite große Rundfahrt sein. Mir fehlt da noch einiges an Erfahrung. Deshalb muss ich die Lücke, die Leipheimer und Totschnig hinterlassen haben, nicht schließen. Ich habe aber beim Giro im letzten Jahr gezeigt, was ich kann. Ganz klar: Ich will eine gute Tour fahren, aber in erster Linie um in meine Rolle hineinzuwachsen. Ich muss schauen, ob ich ein Mann für die dreiwöchigen Rundfahrten bin, das ist schließlich neues Terrain für mich. Anders sieht es bei den Klassikern aus: Da werde ich ganz sicher Verantwortung übernehmen.
Die Erwartungen speziell an Markus Fothen und Sie sind aber deutlich höher als im letzten Jahr....
Schumacher: Das darf man nicht überbewerten. Zweifellos ist Markus eine Riesen-Tour gefahren. Aber bei der letzten Tour haben aus den bekannten Gründen viele Topfahrer gefehlt. Markus und ich wollen uns in diesem Jahr weiter verbessern und in Frankreich in Topform antreten. Aber die Verantwortung liegt nicht nur auf uns beiden und die Teamstrategie ist nicht nur auf uns beide ausgerichtet. Gerolsteiner wird breit aufgestellt zur Tour antreten. Wir haben zahlreiche Optionen, z.B. Kopp, Haussler, Wegmann oder Förster. Wir haben keinen Druck, der vergleichbar ist mit dem, unter dem früher T-Mobile oder Discovery standen. Diese Teams haben sich fast ausschließlich auf die Tour konzentriert.
Ihr Teamchef Hans Holczer traut Ihnen auch zu, in der Gesamtwertung der großen Rundfahrten ganz vorne zu landen – unter der Voraussetzung, dass Sie auch im Hochgebirge mithalten können. Bereiten Sie sich speziell auf die Berge vor?
Schumacher: Das habe ich schon vor. Ich gehe die Saison anders an als früher und werde zu Beginn auf Teneriffa ein zweiwöchiges Höhentraining absolvieren. Vor der Tour werde ich dann noch einmal zehn bis 14 Tage in die Höhe gehen und lange Passfahrten machen. Ich traue mir schon zu, auch im Hochgebirge mithalten zu können. Ob es für ganz vorne reicht, das wird man sehen.
Sie sind ein Allrounder. Auf welchem Gelände fühlen Sie sich am wohlsten?
Schumacher: Grundsätzlich bin ich immer motiviert. Wenn ich ins Rennen gehe, dann will ich am liebsten immer um den Sieg mitfahren. Aber natürlich muss man sich gezielt vorbereiten, vor allem, wenn es um die großen Dinger geht. Ich hänge schon an den Klassikern, die sprechen mich total an. Besonderen Reiz haben für mich auch WM-Rennen. Aber ich mag auch die Rundfahrten. Weil mir alle diese Rennen gefallen, bin ich wohl auch so vielseitig. Man kann nur etwas gut machen, was man auch mag.
Die Tendenz ging in den letzten Jahren allerdings immer mehr in Richtung Spezialisierung. Befürchten Sie nicht sich zu verzetteln?
Schumacher: Nein. Ein Winokurow oder ein Valverde haben bewiesen, dass man Klassiker und Rundfahrten gewinnen oder zumindest um den Sieg mitfahren kann. Ich bin von den Anlagen her ein ähnlicher Typ wie die beiden, auch wenn ich nun nicht auf diesem Niveau fahre.
Wann und wo starten Sie in die Saison?
Schumacher: Bei der Mallorca-Rundfahrt, die ich direkt aus dem Höhentraining kommend nutzen werde, um in Tritt zu kommen. In Topform werde ich da sicher noch nicht sein, das will ich auch gar nicht.
Die Heim-WM in Stuttgart zählt zu ihren ganz großen Saisonzielen. Auch Erik Zabel hat den WM-Titel im Visier. Werden sie schwarz-rot-goldene Konkurrenten sein?
Schumacher: Das darf nicht sein, vor allem nicht bei einer Heim-WM. Man muss sich vorher absprechen, beim WM-Rennen eine klare Linie haben und darf sich nicht gegenseitig im Weg stehen. Bei der letzten WM in Salzburg hat das deutsche Team schon sehr gut harmoniert. Wir waren zusammen mit den Italienern und den Spaniern die stärksten Teams. In Salzburg haben alle ihre Rollen perfekt gespielt und am Ende hätte es für Erik Zabel fast zum WM-Sieg gereicht. Ganz klar: Die Strecke von Stuttgart liegt mir und ich will dort Weltmeister werden. Das wollen viele, aber nur wenige haben das Zeug dazu und ich denke, ich kann einer von denen sein. Da muss ich natürlich abwarten, wie die Saison verläuft. Wenn ich vor der WM nichts auf die Reihe bringe, darf ich auch keine Ansprüche stellen.
Mit Stefan Schumacher sprach Matthias Seng
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