Interview mit dem Herausforderer von Rudolf Scharping

Berkmann: "Offensiver im Kampf gegen Doping"

Foto zu dem Text "Berkmann:

Dieter Berkmann

Foto: ROTH

27.02.2009  |  (rsn) - Dieter Berkmann tritt am 21. März bei den Wahlen zum Vorsitz des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) gegen den amtierenden Präsidenten Rudolf Scharping an. Im Gespräch mit Radsport News erklärt der 58-jährige Orthopäde aus Miesbach, früher selbst erfolgreicher Bahnfahrer, warum er sich zur Kandidatur entschlossen hat und was er anders machen will als sein Konkurrent.

Warum treten Sie gegen Herrn Scharping an?

Berkmann: Die negative Entwicklung der letzten Jahre im Radsport und die unklare Linie des BDR beunruhigen mich in zunehmendem Maße. Im Umgang mit der Dopingproblematik etwa wurde sehr viel verkehrt gemacht, da gab es keine klare Linie. Nur ein Beispiel: Dass ein Erik Zabel trotz seines Dopinggeständnisses für die WM nominiert wurde, war nicht gerade öffentlichkeitswirksam und glaubwürdig. Auch in rein sportlicher Hinsicht gab es Versäumnisse, wie das Abschneiden der Bahnfahrer in letzter Zeit belegt. Dazu kommen organisatorische Mängel - so wurden Fahrer etwa nicht über Reisen informiert, was darauf hindeutet, dass die Geschäftsstelle überlastet ist.

Was hat Herr Scharping selber falsch gemacht?

Berkmann: Dazu möchte ich keinen persönlichen Kommentar abgeben.

Was wollen Sie anders machen als er?

Berkmann: Ich werde offensiver im Kampf gegen Doping vorgehen, die Zusammenarbeit mit den Landesverbänden verbessern und verstärkt den Bahnrad- und Mountainbike-Sport fördern.

Sie treten mit einem namhaften Team an. Wie haben Sie alle zueinander gefunden?

Berkmann: Wir haben zum Teil seit Jahren persönlichen Kontakt zueinander und im konkreten Fall hat sich das über längere Zeit entwickelt. Wir haben über die Situation des deutschen Radsports gesprochen, jeder hat sich so seine Gedanken darüber gemacht. Die Mannschaft um Dieter Kühnle, Gerd Strittmacher, Udo Hempel  und Karl Link ist dann zur Auffassung gelangt, dass ich der richtige Mann für das Amt des BDR-Präsidenten wäre. Ich selber habe mich am vergangenen Samstag nach einem abschließenden Gespräch zur Kandidatur entschlossen.

Sie wollen Sportdirektor Bremer ablösen. Wie wollen Sie das erreichen? Er hat Vertrag und wird nicht ohne Abfindung gehen wollen.

Berkmann: Sollte ich mein Ziel erreichen, ist es dann noch früh genug, mir darüber Gedanken zu machen.

Aufgrund von Mindereinnahmen im sechsstelligen Bereich fährt der BDR einen Sparkurs. Werden Sie den beibehalten?

Berkmann: Gezwungenermaßen ja! Viele Sponsoren sind ja abgesprungen und deshalb müssen Mittel gekürzt werden. Über Mitgliedsbeiträge wird es schwierig sein das auszugleichen. Aber wir können versuchen, mehr Mitglieder zu werben, etwa indem wir Pakete für aktive Radsportler anbieten wie Unfallversicherungen oder Boni für große Veranstaltungen. Da können wir uns auch von anderen großen Verbänden Einiges abschauen. Außerdem gibt es nach wie vor ein großes Einsparpotenzial bei Reisen und Wettbewerben, da muss nicht immer so viel Personal dabei sein wie bisher. Als ehemaliger Aktiver weiß ich, wovon ich rede.

Ihr Team besteht zum Großteil aus erfolgreichen ehemaligen Aktiven. Sie selbst waren Olympiavierter 1976 im Radsprint sowie Vizeweltmeister im Bahnsprint der Profis 1978 und 1979. Sie hatten nie mit Doping zu tun?

Berkmann: Ich weiß, dass es Skepsis gibt gegen ehemalige Aktive, nach dem Motto: Ihr seid so weit vorne gefahren damals, wie soll denn das ohne Doping gegangen sein? Ich kann dazu nur sagen, dass ich den Radsport damals noch mehr als Hobby betrieben und auch recht früh mit 29 Jahren aus beruflichen Gründen meine Karriere beendet habe. Und flächendeckendes Doping wie heute gab es damals noch nicht. Wir sind damals nicht mit Medikamenten groß geworden, wie es heutzutage der Fall ist. Ich selber bin als Mediziner sehr zurückhaltend mit der Verschreibung von Medikamenten.

Der ehemalige Crossweltmeister Mike Kluge behauptet, dass viele Aktive für einen Neuanfang seien. Haben Sie von dieser Seite schon Unterstützung erfahren?

Berkmann: Ja. Ich habe Kontakte zu Athleten und versuche die auch auszubauen. Ab heute ist ein Internetforum freigeschaltet, in dem sich die Athleten äußern und ihre Erfahrungen und Meinungen austauschen können. Ich erhalte Anrufe von Sportlern, die mir Glück wünschen und mir ihre Unterstützung zusichern.

In welcher Beziehung stehen Sie heute zum Radsport?

Berkmann: Nach dem Ende meiner aktiven Karriere war ich von 1982 bis 1984 Honorar-Bundestrainer für Bahnradsport Kurzzeit. Seit 1996 bin ich regelmäßig beim Münchner Sechstagerennen als Bahnarzt tätig. Soweit es mein Beruf als Orthopäde erlaubt, sitze ich regelmäßig auf dem Rad. Letzten Herbst etwa habe ich mit Freunden eine fünftägige Alpenüberquerung mit dem Mountainbike absolviert.

Herr Scharping hat zuletzt erreicht, dass weiterhin Bundesfördermittel fließen. Mit diesem Pfund kann er wuchern. Was haben Sie vorzuweisen?

Berkmann: Ich verfüge über Fachkompetenz in folgenden Bereichen: aktiver Rennsport, Trainer, Arzt.

Sie benötigen eine Mehrheit der Landesverbände bzw. der Delegierten. Wie wollen Sie die gewinnen?

Berkmann: Durch persönliche Kontaktaufnahme. Wir werden uns am Tag vor der Bundeshauptversammlung den Landesverbänden präsentieren und versuchen sie von unseren Konzepten zu überzeugen. Zudem sind in den nächsten Wochen noch zwei Treffen mit den Präsidenten der Landesverbände geplant.

Was macht der BDR im Anti-Dopingkampf Ihrer Meinung nach derzeit richtig und was falsch?

Berkmann: Richtig: Erfreulicherweise wurden bereits viele sinnvolle Programme gestartet, wie etwa das Aufklärungsprogramm für Jugendliche und das RAPID-Programm (Radsport-Antidoping-Programm in Deutschland), in dem Blutuntersuchungen durchgeführt werden. Falsch: Teilweise wurden halbherzige Entscheidungen getroffen, wie der Umgang mit den Dopingfällen aus den neunziger Jahren.

Mit Dieter Berkmann sprach Matthias Seng.

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