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09.12.2009 | (rsn) – Lange Zeit machte Bradley Wiggins nur als Bahn- und Prologspezialist von sich reden. In diesem Jahr mutierte der Brite allerdings zum erstklassigen Rundfahrer mit ungeahnten Kletterqualitäten. Vor allem bei der Tour de France sorgte der Garmin-Kapitän für Furore.
Schon zu Saisonbeginn stand Wiggins auf dem Podium. Zum Auftakt der Katar-Rundfahrt (Kat. 2.1) gewann Garmin-Slipstream das Mannschaftszeitfahren und Wiggins, der sein Team ins Ziel geführt hatte, übernahm das Trikot des Gesamtführenden. Seine erste persönliche Spitzenplatzierung holte der Brite bei Paris-Nizza, wo er sich im Prolog nur dem Spanier Alberto Contador (Astana) geschlagen geben musste.
Auch im Zeitfahren des Criterium International (Kat. 2.HC) wurde Wiggins Zweiter. Kurz darauf gelang ihm im Zeitfahren der Drei Tage von De Panne (Kat. 2.HC) der erste Saisonsieg. „Ich wusste, dass die Form gut war. Bei de Panne hat mir die Distanz des Kurses und die Topographie aber besser gelegen als bei Paris-Nizza und dem Criterium International“, so der Sieger zu cyclingnews.com.
Allrounderqualitäten bewies der Olympiasieger in der Einzel- und Mannschaftsverfolgung bei seinen Klassiker-Einsätzen. Sowohl bei Gent-Wevelgem (23.) als auch bei Paris-Roubaix (25.) überraschte der 29-Jährige. „Nach den Klassikern habe ich mir gedacht: Nächstes Jahr möchtest du bei Roubaix in die Top Ten fahren“, so Wiggins zu velonews.
Doch das Hauptaugenmerk des im belgischen Gent geborenen Wiggins lag eindeutig auf den Rundfahrten. Beim Giro d`Italia überzeugte der Garmin-Neuzugang vor allem im Kampf gegen die Uhr, als er einmal Siebter und einmal Zweiter wurde.
Für eine echte Sensation sorgte Wiggins im Sommer bei der Tour de France. Platz drei im Zeitfahren von Monaco war ein Auftakt nach Maß, der die meisten Experten aber noch nicht überraschte. Dagegen hatte wohl niemand damit gerechnet, dass der ehemalige Columbia-Profi auch auf den Bergetappen mit den Allerbesten mithielt und regelmäßig unter die ersten Zehn fuhr. Wiggins biss sich im Hochgebirge an seinen Rivalen regelrecht fest und zeigte kaum Schwächen.
Mit seiner Kombination von starken Zeitfahrlesitungen und Kämpferqualitäten bergauf hätte es der Garmin-Profi sogar fast auf das Podium in Paris geschafft. Aber auch Platz vier der Gesamtwertung war mehr als eine Überraschung. „Beim Tour-Start in Monaco habe ich gesagt, ich will unter die Top-20 und viele haben gedacht, das ist unrealistisch", kommentierte Wiggins voller Genugtuung seinen Auftritt. "Jetzt weiß ich, auf welche Art von Rennen ich mich in Zukunft konzentrieren werde.“
Bei der Konkurrenz rief die Leistungssteigerung allerdings auch Zweifel hervor. „Man kann nur hoffen, dass die UCI und die WADA genau hingucken", wurde ein Sportlicher Leiter, der nicht genannt werden möchte, in "sport.ard.de" zitiert. Um alle Zweifel auszuräumen ließ der Garmin-Kapitän Auszüge seiner Blutwerte ins Internet stellen, die allesamt unter denen des Vorjahres lagen. „Es wäre hilfreich, auch die Angaben über die Retikulozyten zu erhalten", sagte dazu der Nürnberger Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel. Die Information über die Anzahl der jungen roten Blutkörperchen veröffentlichte Garmin aber nicht.
Während die Tour-Stars nach der Frankreich-Rundfahrt in erster Linie regenerierten und die Saison locker ausrollen ließen, fuhr Wiggins, getriebenen vom neu gewonnenen Selbstvertrauen, auch eine starke zweite Saisonhälfte. Bei der Eneco Tour holte er im Zeitfahren einen vierten Platz und sicherte sich im Anschluss bei den Britischen Meisterschaften den Titel im Kampf gegen die Uhr.
Als letzter großer Saisonhöhepunkt war das WM-Zeitfahren eingeplant. In Mendrisio lag Wiggins bis kurz vor Schluss auf Medaillenkurs. Ein Defekt auf den letzten Kilometern machte den Traum vom Podium aber zunichte. Wütend schleuderte Wiggins seine Zeitfahrmaschine in die Landschaft und beendete das Rennen auf einem Ersatzrad auf Rang 21.
Doch auch nach der WM war die Wiggins' Saison noch nicht beendet. Bei der australischen Herald Sun Tour (Kat. 2.1) gewann er das Zeitfahren und sicherte sich zudem den Gesamtsieg. Erst Mitte Oktober verabschiedete sich der Aufsteiger der Saison in den verdienten Urlaub.
Mit seinem herausragenden Tour-Auftritt hatte Wiggins auch andere Teams auf sich aufmerksam gemacht, vor allem den neuen britischen Sky-Rennstall, der ihn als Rundfahrt-Kapitän verpflichten wollte. Plötzlich wollte auch der heftig Umworbene selbst vorzeitig aus seinem noch bis Ende 2010 laufenden Vertrag bei Garmin aussteigen. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass sich mal zwei Teams um sich streiten würden. Doch die Tour hat alles verändert“, begründete Wiggins gegenüber velonews seine Wechselabsichten. "Es ist, wie wenn man die Champions League gewinnen will – dafür musst du bei Manchester United spielen, aber ich bin derzeit bei Wigan, also muss ich diesen Schritt gehen. Ich hatte ein gutes Jahr bei Garmin, aber die Zeiten haben sich geändert."
Garmin-Teamchef Jonathan Vaughters betonte aber mehrfach, dass er nicht gewillt sei, seinen neuen Star vorzeitig abzugeben. Ganz gleich, für welches Team Wiggins 2010 fahren wird - man darf gespannt sein, ob er die in diesem Jahr bei der Tour gezeigten Leistungen wiederholen kann. Selbstvertrauen hat der Engländer jedenfalls genügend getankt. „Ich bin ein besserer Fahrer als Lance und noch ein paar andere Jungs“, lautete Wiggins Kampfansage an die Konkurrenten.
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