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20.07.2012 | Kreuzlingen/Düsseldorf (dapd). Das Interesse an der Tour de France hat Tony Martin nicht verloren. Regelmäßig schaltet der Zeitfahr-Weltmeister den Fernseher ein, wenn die Entscheidungen des Tages bei der Großen Schleife anstehen. Das ist nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit nach all den Pleiten, Pech und Pannen, die Martin auf den Landstraßen in Belgien und Frankreich in diesem Jahr erlebt hat. Die Frankreich-Rundfahrt habe ihm neben all den Enttäuschungen sogar etwas gebracht. Sie sei in erster Linie lehrreich dafür gewesen, mit Rückschlägen umzugehen.
Davon hatte es eine Reihe gegeben. Zwei Defekte in den Zeitfahren brachten ihn um mögliche Tagessiege und das Gelbe Trikot, und der Sturz auf der 1. Etappe nach Seraing bescherte ihm zu allem Überfluss noch einen Kahnbeinbruch. Und das zu einer Unzeit. So spult Martin nicht in Frankreich sondern daheim in der Schweiz seine Kilometer ab. Ein Ziel für diesen Sommer bleibt schließlich noch: Die Olympischen Spiele in London.
Am 1. August hofft er im Olympischen Einzelzeitfahren auf Edelmetall. Grund genug, sich noch einmal zu quälen. Er habe noch Schmerzen in der Hand, das werde auch bei Olympia nicht anders sein. "Im Training hielt sich aber der Schmerz in Grenzen. Wir müssen nun schauen, wie es bei Belastung im Wettkampf aussieht. Es bleibt nach wie vor eine Wundertüte", sagt Martin im Interview der Nachrichtenagentur dapd.
Von Gold will er erst gar nicht mehr sprechen. Martin ist nach den Erfahrungen bei der Tour vorsichtig geworden. "Der Topfavorit wird Fabian Cancellara sein. Er ist gesund aus der Tour gekommen, sein Ausstieg war sicher auch geplant. Ich denke, er wird die letzten Tage genutzt haben, um hart zu trainieren. Der Sieg geht nur über Fabian", ergänzt der gebürtige Cottbuser.
Die Zuversicht ist zurück bei Martin. Er sei mit Topform in die Tour gegangen. Das habe der Prolog gezeigt. "Bis zum Defekt war ich auf Augenhöhe mit den Topfahrern. Die Möglichkeit wäre da gewesen, den Prolog zu gewinnen und das Gelbe Trikot zu holen", ergänzt Martin. Auch beim Zeitfahren in Besancon auf der 9. Etappe hatte er angesichts des geplatzten Reifens und der verletzten Hand noch eine respektable Leistung abgeliefert und den zwölften Platz belegt. Danach beendete er seine "Tour der Leiden".
Am Mittwoch wird Martin die Reise nach London antreten. Bevor es für ihn im Zeitfahren ernst wird, will er aber noch seinen Teil dazu beitragen, dass die deutsche Mannschaft im Straßenrennen am Samstag einen erfolgreichen Start hinlegt. Er werde sich voll einbringen, wenn es darum gehhe, Topsprinter Andre Greipel im Duell mit Weltmeister Mark Cavendish in eine gute Position zu bringen. Dass der Lotto-Kapitän bei der Tour von Sieg zu Sieg eile, gebe der Mannschaft noch einen Extra-Schub. Martin sieht Greipel und Cavendish auf Augenhöhe. Der Brite sei zwar der Topfavorit, "aber Andre muss sich auf keinen Fall verstecken".
Wenn Martin am kommenden Samstag sein Olympia-Debüt gibt, wird er den Luxemburger Fränk Schleck dagegen wohl kaum wiedertreffen. Der Tour-Dritte von 2011 war am 14. Juli positiv auf das Diuretikum Xipamid getestet worden. "Das sind erst einmal schlechte Nachrichten für den Radsport, zumal sich in letzter Zeit vieles so gut entwickelt hat. Auf der anderen Seite zeigt es aber auch, dass Dopingkontrollen funktionieren und Leute überführt werden. Es wird intelligent kontrolliert. Es ist ein gutes Signal, dass Leute aussortiert werden", sagt Martin.
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