Als Doper überführt

Armstrong-Saga: Zu gut, um wahr zu sein

Foto zu dem Text "Armstrong-Saga: Zu gut, um wahr zu sein"
Lance Armstrong bei der Tour de France 2005 | Foto: ROTH

22.10.2012  |  Düsseldorf (dapd) - Eine Überlebenschance von weniger als fünf Prozent räumten ihm die Ärzte ein. Trotzdem überlebte Lance Armstrong den Hodenkrebs im fortgeschrittenen Stadium, kehrte im Frühjahr 1998 auf die Radsport-Bühne zurück und gewann ab 1999 sieben Mal in Folge die Tour de France. Eine Geschichte, die aus dem Drehbuch von Hollywood-Regisseuren stammen könnte. Mit dem nun durch den Weltverband UCI bestätigten Urteil steht aber fest: Die Armstrong-Saga war zu gut, um wahr zu sein.

Denn durch die Sisyphusarbeit der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA ist das Radsport-Idol auch ohne offiziellen positiven Test als Doper überführt worden. Mehr als ein Jahrzehnt lang hatte der Texaner wie im Film "Catch me if you can" die Dopingjäger zum Narren gehalten. Armstrong beantwortete die immer wiederkehrenden Anschuldigungen gebetsmühlenartig mit seinem Standardsatz, dass er mehr als 500-mal kontrolliert worden und nicht eine positive Probe dabei gewesen sei.

Erst im Februar dieses Jahres schien er seinen Kopf endgültig aus der Schlinge gezogen zu haben, nachdem die strafrechtlichen Untersuchung in den USA durch den zuständigen Staatsanwalt ohne Begründung eingestellt worden war. Doch die USADA gab nicht auf und brachte die mehr als zwei Jahre andauernde Ermittlungen schließlich zu einer Anklage gegen Armstrong - mit dem Ergebnis einer lebenslangen Sperre.

Dabei hatte Armstrong dem Radsport gegeben, was dieser so dringend brauchte: eine schier einzigartige Heldengeschichte. Vor seiner Krebserkrankung hatte er bereits im Alter von 22 Jahren 1993 die Straßen-WM gewonnen. Armstrong kam bullig daher, er war kein Fahrer für die steilen Rampen in den Alpen und Pyrenäen. Das änderte sich, als der Texaner sein Comeback gab. Armstrong hatte einige Kilos abgenommen und sich zu einem exzellenten Rundfahrer entwickelt. Er dominierte die Tour von 1999 an wie vorher nicht einmal die fünffachen Gewinner Eddy Merckx, Bernard Hinault oder Miguel Indurain.

Das bekam insbesondere Jan Ullrich schmerzlich zu spüren. An Armstrong kam der einzige deutsche Toursieger nicht mehr vorbei. Dreimal Zweiter, einmal Dritter, einmal Vierter lautete die ernüchternde Bilanz während der Armstrong-Regentschaft.

In Erinnerung bleiben große Auftritte Armstrongs wie einst 2001 in Alpe d'Huez, als er die ganze Etappe über Schwächen simulierte, um dann im Radsport-Mekka Ullrich davonzufahren. Oder 2003 beim Aufstieg nach Luz-Ardiden: Armstrong stürzte, kämpfte sich wieder heran und fuhr schließlich Ullrich davon. Am Ende holte er sich mit 61 Sekunden Vorsprung den Toursieg vor dem Deutschen.

2003 war das Denkmal Armstrong aber auch sportlich erstmals ins Wanken geraten, als er im Zeitfahren von Cap'Decouverte dehydrierte und eine empfindliche Niederlage gegen den überragenden Ullrich einstecken musste. Danach war wieder alles beim Alten. Armstrong und sein überragendes US-Postal-Team (später Discovery Channel) beherrschte die Szenerie nach Belieben.

Mit dem Belgier Johann Bruyneel als Teamchef bildete Armstrong ein kongeniales Erfolgsduo, das 2005 den siebten Tour-Sieg feiern konnte. Danach folgten Armstrongs Rücktritt und das Comeback 2009 - allerdings ohne glorreiches Ende.

Armstrong lieferte aber nicht nur auf dem Rad immer wieder Schlagzeilen. In seinem Privatleben sorgte die zweieinhalbjährige Partnerschaft mit Sängerin Sheryl Crow für Aufsehen, oder die Liäson mit der US-Schauspielerin Kate Hudson. Längst hat er sein Glück mit Lebensgefährtin Anna Hansen gefunden, die ihm Tochter Olivia Marie und Sohn Max schenkte. Zuvor hatte Armstrong schon eine gescheiterte Ehe mit Ehefrau Kristin hinter sich, aus der die Kinder Luke, Isabelle Rose und Grace Elizabeth hervorgingen.

Armstrong will sich zukünftig seiner Krebsstiftung widmen. Für viele Patienten bleibt er ein Held, sein Buch "Tour des Lebens - Wie ich den Krebs besiegte und die Tour de France gewann" wurde zigfach verkauft. Eine Geschichte, die nun umgeschrieben wurde. Ohne Happy End für Armstrong.

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.06.2015Armstrong: „Ich habe keine 100 Millionen“

Aspen (dpa) - Lance Armstrong bangt um sein Vermögen. „Ich habe keine 100 Millionen Dollar“, sagte der lebenslang gesperrte Amerikaner der britischen Tageszeitung The Telegraph vor Beginn des vom

24.03.2015Armstrong: Kaum noch Chancen auf Reduzierung der Sperre

Lausanne (dpa/rsn) - Der lebenslang gesperrte Lance Armstrong dürfte kaum noch Chancen auf eine Reduzierung seiner Strafe haben. David Howman, Generaldirektor der Welt Anti-Doping-Agentur WADA, ertei

18.03.2015NYT: Armstrong traf sich mit USADA-Chef Tygart

Berlin (dpa) - Lance Armstrong hat im Kampf um eine Reduzierung seiner lebenslangen Dopingsperre den nächsten Vorstoß unternommen. Wie die „New York Times“ berichtete, soll sich Armstrong in de

18.02.2015Fall Bruyneel: Anfang März Berufungsverhandlung vor dem CAS

(rsn) – Die Berufungsverhandlung gegen den vom Amerikanischen Sportgerichtshof AAA zu einer zehnjährigen Sperre verurteilten Johan Bruyneel findet am 2. März vor dem Internationalen Sportgerichts

17.02.2015Armstrong muss um sein Vermögen fürchten

Berlin (dpa) - Auf den lebenslang gesperrten Lance Armstrong rollt eine Prozesslawine zu, der nahezu das gesamte Vermögen des entthronten siebenmaligen Tour-Siegers zum Opfer fallen könnte. Ei

16.02.2015Armstrong muss zehn Millionen Dollar an Ex-Sponsor zahlen

Dallas (dpa) - Der lebenslang gesperrte Lance Armstrong muss an einen früheren Sponsor zehn Millionen US-Dollar (8,824 Millionen Euro) Schadenersatz zahlen. Der 43 Jahre alte US-Amerikaner verlor ein

27.01.2015Armstrong erntet mit BBC-Interview viel Kritik

London (dpa) - Lance Armstrong kniff nur kurz die Lippen zusammen. Ohne äußerliche Regung gab er dann zu, dass er zwar 2015 nicht dopen, es in einer vergleichbaren Situation wie damals in den neunzi

26.01.2015Armstrong will kein Ausgestoßener mehr sein

London (dpa) - Lance Armstrong würde unter gleichen Umständen wieder zu verbotenen Mitteln greifen. „Wenn man mich ins Jahr 1995 zurückversetzen würde, als Doping allgegenwärtig war, würde ich

12.12.2014Armstrong-Prozess in einer Sackgasse?

Boston (dpa) - Lance Armstrong schweigt. Keine Namen von Komplizen, kein Wort über Mittäter und auch keine Hinweise auf die Ärzte im Hintergrund. Der US-Amerikaner setzt im Rechtsstreit mit staatli

23.10.2014Winokurow: „Ich fühle mich betrogen“

Paris (dpa/rsn) – Astana-Teamchef Alexander Winokurow hat sich vor dem Doping-Hearing beim Radsportweltverband UCI als Opfer dargestellt und sieht sein Dopingvergehen von 2007 mit der danach erfolgt

16.10.2014Hushovd wusste schon 2011, dass Armstrong dopte

Oslo (dpa) - Ex-Weltmeister Thor Hushovd wusste seit 2011 von den Doping-Praktiken Lance Armstrongs nach einem privaten Gespräch mit dem inzwischen lebenslang gesperrten Ex-Profi. Der im

25.09.2014Cookson: „Die Uhr tickt"

Ponferrada (dpa) - Brian Cookson drängt auf baldige Ergebnisse bei der Aufarbeitung der Doping-Vergangenheit. „Es sind Fortschritte gemacht worden, die Vergangenheit und aktuelle Gegebenheiten im A

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

24.12.2024Die Trikots der Women´s WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) – Auch die Teams der Women’s WorldTour zeigen ihre Trikots für die Saison, teilweise in gemeinsamen Präsentationen mit ihren männlichen Kollegen. Den Anfang machte in diesem Winter das US

24.12.2024Horror-Jahr mit zwei Knie-OPs: “Ich saß weinend auf dem Rad“

(rsn) – Sie war gemeinsam mit Teamkollegin Antonia Niedermaier der Shootingstar im deutschen Frauen-Radsport und nach ihrem Tour-de-France-Etappensieg in Albi am 27. Juli 2023 die gefeierte Heldin.

24.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

24.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

23.12.2024Eine Saison, die keinen Grund zur Klage gab

(rsn) – Auch wenn er gegenüber RSN nicht von einer perfekten ersten Saisonhälfte sprechen wollte, so war Tim Torn Teutenberg (Lidl – Trek Future Racing) doch sehr nahe dran. Dazu wurden seine st

23.12.2024Van der Poel gräbt den Schatz am Silbersee aus

(rsn) – Am Zilvermeer in Mol hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) bei seinem zweiten Saisoneinsatz den zweiten Sieg gefeiert. Dabei war der Weltmeister - obwohl er es in der Anfangsphas

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine