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23.10.2012 | Paris/Düsseldorf (dapd/rsn) - Es ist wohl der unpassendste Zeitpunkt für den traditionellen Festakt. Wenn am Mittwoch im Pariser Palais des Congres der Vorhang zum großen Jubiläum der Tour de France fällt, könnte die Strecken-Präsentation der 100. Auflage eher einer Trauerfeier als einer Jubelveranstaltung ähneln.
Denn der Dopingfall Lance Armstrong lastet tonnenschwer auf dem französischen Nationalheiligtum, das nach all den Skandalen der vergangenen Jahre schon als "Apotheker-Rundfahrt" verschrien wurde und spätestens mit der Enttarnung ihres Rekordsiegers als einem der größten Betrüger der Sportgeschichte endgültig am Abgrund angelangt ist.
"Die Tour de France wird sich davon erholen", sagte Tourchef Christian Prudhomme getreu dem Motto "The games must go on". So werden wohl wieder leuchtende Bilder von begeisterten Zuschauern an den Rampen in den Alpen oder Pyrenäen auf der großen Leinwand zu sehen sein, die ihren Helden in den bunten Trikots zujubeln. Prudhomme wird wieder auf den unermüdlichen Kampf gegen Doping hinweisen. Was soll er auch anderes tun, schließlich ist die Tour längst eine gut geölte Geldmaschine für die Amaury Sport Organisation.
Doch ein "Weiter so" mit den handelnden Personen dürfte schwer zu vermitteln sein. "Der Fisch stinkt vom Kopf", sagte der geständige Doper Jörg Jaksche dem ZDF und zielt auf den Weltverband UCI mit Präsident Pat McQuaid und dessen Vorgänger Hein Verbruggen ab. Er habe selbst die "Verlogenheit" feststellen müssen, als er nach seiner Dopingbeichte im Jahre 2007 zu einem "Höflichkeitsgespräch" bei der UCI eingeladen worden ist. Passiert sei damals nichts, wie so oft in der Vergangenheit.
"Es tut mir leid, dass wir nicht jeden verdammten Dopingsünder erwischen konnten", sagte McQuaid auf der Pressekonferenz in Genf und wusch seine Hände in Unschuld. Warum er oder Verbruggen einem "verdächtig" gemeldeten Dopingtest Armstrongs bei der Tour de Suisse nicht nachgegangen sind, bleibt ihr Geheimnis. Stattdessen wurde der Star der Szene von höchster Stelle protegiert, Geldzahlungen Armstrongs in Höhe von 125.000 Dollar wurden freudig entgegen genommen, während Geständnisse von Ex-Dopern wie Floyd Landis oder Tyler Hamilton, die entscheidend zur Aufdeckung des einzigartigen Sportbetrugs um Armstrong beitrugen, ungehört blieben.
Was McQuaid etwa von den Beiden hält gab er in Genf in entlarvender Weise preis. "Hamilton und Landis sind weit davon entfernt, Helden zu sein. Sie sind Drecksäcke. Alles was sie gemacht haben, ist dem Sport zu schaden", sagte der Ire, der selten ein Fettnäpfchen auslässt. Tatsächlich will McQuaid sogar noch für eine dritte Amtszeit antreten.
In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob sich tatsächlich eine Allianz gegen die höchst umstrittene UCI-Spitze bildet. Jean Regenwetter, Chef des Luxemburgischen Radsport-Verbands, hatte die UCI jüngst bereits mit einer Bananenrepublik verglichen. Gegenwind gibt es auch von Seiten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). "Die UCI muss definitiv die Scheuklappen abnehmen, sich die Leute anschauen, die damals für sie gearbeitet haben und sich fragen: Sind diese Leute immer noch dabei und können wir mit ihnen in Zukunft weitermachen?", sagte WADA-Boss John Fahey im australischen Fernsehen.
So dürfte am Mittwoch in Paris nicht nur mit, sondern auch über McQuaid geredet werden. Denn ob die Tour de France eine weitere schwarze Ära, zu der die Armstrong-Zeit erklärt werden soll, unbeschadet überstehen wird, ist fraglich.
Schon jetzt kehren die Sponsoren dem Radsport den Rücken zu, wie der Ausstieg der Rabobank nach fast zwei Jahrzehnten jüngst zeigt.
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