97. Giro d’Italia: Etappensieg am 26. Geburtstag

Kittel macht sich auf den letzten Drücker das schönste Geschenk

Foto zu dem Text "Kittel macht sich auf den letzten Drücker das schönste Geschenk"
Hauchdünn bezwingt Marcel Kittel (Giant-Shimano) auf der 3. Giro-Etappe den Briten Ben Swift (Sky, re.) | Foto: Cor Vos

11.05.2014  |  (rsn) – Am Samstag hatte Marcel Kittel (Giant-Shimano) locker und leicht seine Konkurrenten abgehängt und seine Sammlung an Grand Tour-Tagessiegen komplettiert. Heute an seinem 26. Geburtstag musste der Erfurter aber mächtig kämpfen, um quasi auf den letzten Drücker sich selbst sein schönstes Geschenk zu machen.

Kittel war im Finale der 3. Etappe über 187 Kilometer von Armagh nach Dublin auf der Zielgeraden in einer denkbar ungünstigen Position und musste seinen Sprint von weit hinten anziehen. Doch dann raste er doch noch ganz knapp am Briten Ben Swift (Sky) vorbei, der nach guter Vorarbeit seines Teamkollegen Edvaold Boasson Hagen (Sky) schon wie der Sieger aussah. Enttäuscht waren auch die beiden Italiener Elia Viviani (Cannondale) und Davide Appollonio (Ag2R) auf den Plätzen drei und vier.

„Ich dachte eigentlich, ich hätte schon verloren. Ich war in keiner guten Position, dachte aber: nicht aufgeben, gib‘ einfach alles. Es war mehr ein Angriff als ein Sprint. Ich bin sehr froh, dass es noch gereicht hat“, kommentierte Kittel seinen Sieg, mit dem er die Führung in der Punktewertung ausbaute.

Der Australier Michael Matthews (Orica-GreenEdge) verteidigte trotz eines Sturzes sein Rosa Trikot und rettete die Gesamtführung in den Ruhetag, an dem der Giro-Tross nach Italien aufbricht, wo das Rennen am Dienstag in Giovinazzo in Apulien fortgesetzt wird. „Es ging gut los und ich konnte bei noch gutem Wetter auf den ersten 30 Kilometern das Rosa Trikot zeigen. Das war toll“, erklärte der 23-Jährige, der dann bei einem Massensturz rund 80 Kilometer vor dem Ziel zu Boden ging. „Es ist nicht allzu schlimm, aber ich konnte deshalb später nicht in den Sprint eingreifen. Trotzdem habe ich das Trikot verteidigt und darf es nach Italien bringen“, freute sich Matthews.

Das Bergtrikot verteidigte auf ziemlich souveräne Art und Weise der Niederländer Maarten Tjallingii (Belkin), der schon wieder als Ausreißer unterwegs war und beide Bergwertungen gewann. „Ich wusste, dass, wenn ich heute noch ein paar Punkte holen würde, ich das Trikot dann noch ein paar Tage länger würde halten können“, erläuterte der 37-Jährige seine Renntaktik. Wenn es nach ihm ginge, könnte das Rennen morgen weitergehen. „Meine Beine fühlen sich sehr gut an und ich bin daher sogar etwas traurig, dass jetzt schon Ruhetag ist.“

Am letzten Giro-Tag in Irland hatten wohl viele der Zuschauer, die sich vom erneuten Schmuddelwetter nicht davon abhalten ließen, in großer Zahl und in viel Rosa gehüllt den 197 Fahrern zuzujubeln, ein Déjà vu. Im nur von kurzen trockenenen Phasen unterbrochenen Dauerregen, der die Profis bis auf die letzten 40 Kilometer begleitete, bekam die Ausreißergruppe rund sechs Minuten an Vorsprung zugestanden.

An der Spitze zeigte sich wie schon gestern Tjallingii, zu dem sich der Kolumbianer Miguel Angel Rubiano (Colombia), der Italiener Giorgio Cecchinel (Neri Sottoli), der Belgier Gert Dockx (Lotto-Belisol) sowie der Venezolaner Yonder Godoy (Androni-Giocattoli) gesellten. Bis auf Androni waren all diese Teams bereits am Samstag in der Fluchtgruppe vertreten gewesen.

Der Träger des Bergtrikots sicherte sich bereits bei Kilometer 32 und 51 die beiden Bergpreise des Tages und verdoppelte sein Punktekonto um sechs auf nunmehr 12 Punkte. Im Feld erhielt Orica-GreenEdge diesmal schon früh Hilfe von Cannondale, Sky und Lampre-Merida, wogegen Giant-Shimano zunächst noch der Konkurrenz das Feld überließ.

Die machte mächtig Dampf und hatte den Abstand bei der Rennhälfte auf nur noch zwei Minuten reduziert. Um die Spitzengruppe nicht zu frühzeitig zu stellen, wurde das Tempo dann deutlich heruntergefahren, bis sich der Rückstand bei rund vier Minuten einpendelte. Größere Gefahr als von den Ausreißern drohte dem Feld von den regennassen Straßen und den dortigen Engpässen, zumal sich auch die Klassementfahrer weit vorne aufhielten.

Gut 50 Kilometer vor dem Ziel gingen dann bei einem größeren Sturz mehrere Lampre- und Astana-Fahrer zu Boden, darunter auch Michele Scarponi. Doch wie der Astana-Kapitän konnten auch alle anderen Gestürzten das Rennen fortsetzen. Ebenso rund 15 Kilometer später, als das Feld ausgangs eines Kreisverkehrs nochmals durch einen Sturz aufgehalten wurde, bei dem es unter anderem Cameron Meyer (Orica-GreenEdge) erwischte. Der Australier wirkte zunächst benommen, schwang sich dann aber doch wieder aufs Rad.

Am Schicksal der Ausreißer änderte all das aber nichts, denn auf den letzten gut 30 Kilometern schickten immer mehr Teams ihre Helfer nach vorne, so dass auf nun abtrocknenden Straßen und sogar unter einigen Sonnenstrahlen der Vorsprung des Quintetts schnell zusammenschmolz. Auch diesmal gab es ein letztes Aufbäumen, als der 24-jährige Cecchinel – wie gestern Tjallinggi - auf den letzten acht Kilometern nochmals attackierte, kurz darauf aber aufgab.

Auf den letzten fünf Kilometern schickte dann Kittel seine Helfer nach vorne, doch der Giant-Shimano-Zug musste wie schon gestern Cannondale vorbeiziehen lassen und hatte in der Folge viel Mühe, gegen die geballte Macht der Konkurrenten zu bestehen. Auf den letzten rund 1,5 Kilometern warteten mehrere 90-Grad-Kurven auf das jagende Feld, das sich nun weit auseinander zog. Kittel verlor in dieser Passage mehrere Plätze und schien nach der letzten Kurve rund 300 Meter vor dem Ziel sogar eingebaut zu sein.

Die besten Karten hatte hier Team Sky mit Boasson Hagen und Swift, die als erste auf die Zielgerade sprinteten. Kittel befreite sich aber aus seiner misslichen Lage, mobilisierte die letzten Kräfte und jagte mit der höchsten Endgeschwindigkeit an allen Konkurrenten noch vorbei. Im Ziel sackte der Thürinter völlig ausgepumpt zusammen und brauchte einige Minuten, bis er sich von der Anstrengung erholt hatte. Dann jedoch konnte er mit strahlendem Lachen die Glückwünsche seiner Teamkollegen entgegen nehmen.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.07.2014Wegmann sitzt wieder auf dem Rad

(rsn) – Der beim Giro d’Italia schwer gestürzte Fabian Wegmann (Garmin-Sharp) hat wieder mit dem Training begonnen. „Gestern saß ich zum ersten Mal wieder auf dem Straßenrad. Letzte Woche fuh

03.06.2014Koch schaffte es beim Giro-Debüt bis nach Triest

(rsn) – Michel Koch hat bei der ersten großen Rundfahrt seiner Karriere das Ziel erreicht. Der 22-Jährige aus Wuppertal stellte sich am Sonntag auf der letzten Etappe des Giro d’Italia noch einm

02.06.2014Katusha früh im Pech, BMC nur im Zwischenhoch

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugte, welche sind hinter den Erwa

02.06.2014Bardiani-CSF die Überraschung, Canndondale die Enttäuschung

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugte, welche sind hinter den Erwa

02.06.2014Trek überzeugt komplett, FDJ.fr jubelt ein Mal zu viel

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugte, welche sind hinter den Erwa

02.06.2014Majka: Magenkrämpfe kosteten die Top Five

(rsn) - Der Traum vom Podium bei der 97. Austragung der Italien-Rundfahrt ist für Rafał Majka im Bergzeitfahren hinauf zum Cima Grappa geplatzt. Der gesundheitlich angeschlagene Pole belegte

02.06.2014Orica-GreenEdge und Giant-Shimano jeweils dreifach erfolgreich

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugte, welche sind hinter den Erwa

02.06.2014Uran und Aru: „Quintana hat den Giro-Sieg verdient"

rsn) – Rigoberto Uran (Omega Pharma-Quick Step) und Fabio Aru (Astana) waren beim Giro d’Italia gegen den alle überragenden Nairo Quintana (Movistar) chancenlos. Aber so wie der Kolumbianer mit s

02.06.2014Quintana: Giro-Triumph mit weniger als 100 Prozent

Triest (dpa) - Nairo Quintana (Movistar) hat in 105 Jahren Giro d`Italia als erster Kolumbianer die zweitwichtigste Rundfahrt der Welt gewonnen. Nach 21 Etappen und 3445 Kilometern verwies der 24 Jahr

01.06.2014Mezgec sorgt zum großen Finale für dritten Giant-Shimano-Sieg

(rsn) – Luka Mezgec hat dem Giant-Shimano-Team zum Abschluss der 97. Giro d’Italia den dritten Tagessieg beschert. Der 25 Jahre alte Slowene gewann die 21. und letzte Etappe über 169 Kilometer vo

01.06.2014Quintana: „Ich bin kein Außerirdischer"

(rsn) –Nairo Quintana (Movistar) ist nur noch eine Etappe vom ersten Triumph eines Kolumbianers beim Giro d’Italia entfernt. Und der 24-Jährige schmiedet nach seinen Demonstrationen in den Bergen

01.06.2014Geschke: Noch vor Quintana am Zoncolan im Ziel

(rsn) – Auf der 20. Etappe des 97. Giro d’Italia ging Simon Geschke (Giant-Shimano) nochmals in die Offensive. Gemeinsam mit seinem Teamkollegen Georg Preidler war der Freiburger in der Gruppe des

Weitere Radsportnachrichten

21.11.2024Uijtdebroeks denkt über Rallye-Karriere nach

(rsn) – Seine Profikarriere als Radsportler hat kaum begonnen, da macht sich Cian Uijtdebroeks schon Gedanken über die Zeit danach. Der 21-Jährige hat jüngst in einem Interview mit Het Nieuwsblad

21.11.2024Pogacar schließt Start bei Paris-Roubaix nicht aus

(rsn) – Fährt er, oder fährt er nicht? Zuletzt schien es so, als wolle Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) für die nächsten Jahre noch einen Bogen um Paris-Roubaix machen. Doch neue Aussagen des 2

21.11.2024Nach Dopingsperre jetzt Haft auf Bewährung gefordert

(rsn) - Nach vier Jahren Dopingsperre aufgrund eines positiven Test auf Epo im Jahr 2019 droht der früheren französischen Radsportlerin Marion Sicot jetzt eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung.

21.11.2024Amador beendet Karriere trotz Vertrag, Movistar macht Nägel mit Köpfen

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

20.11.2024Pieterse gibt ihr Cross-Programm bekannt

(rsn) – Mountainbikeweltmeisterin Puck Pieterse (Fenix – Deceuninck) hat auf ihren Social-Media-Kanälen ihr Programm für den Winter bekannt gegeben. Die 22-Jährige steigt erst Mitte Dezember be

20.11.2024Das Pech zog sich wie ein roter Faden durchs Jahr

(rsn) – Nach einer starken Saison 2023, als er Deutscher U23-Meister auf der Straße und im Zeitfahren wurde sowie einen sechsten Platz im WM-Straßenrennen der Espoirs einfuhr, ging Moritz Kretschy

20.11.2024Die negativen Erlebnisse übermalten die positiven

(rsn) - Eigentlich hatte sich Marco Schrettl (Tirol - KTM) 2024 vorgenommen mit tollen Leistungen eine starke Empfehlung an die besten Teams des Straßenradsports abzugeben, doch ganz klappte der ambi

20.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

20.11.2024Drei Mal Gold zu holen bleibt ein Traum

(rsn) – Madison-Gold bei EM und WM, dazu zwei Podien in UCI-Rennen auf der Straße. Für Roger Kluge (rad-net – Oßwald) lief die Saison 2024 eigentlich perfekt, wäre da nicht die Enttäuschung b

20.11.2024Rundfahrtchefs Pupp, Senn und Wegmann heute im “Windschatten“

(rsn) – Zum fünfjährigen Bestehen der österreichischen Radsport-Initiative "Österreich dreht am Rad" finden in dieser Woche in der Medienhalle Hall in Tirol täglich Podiumsdiskussionen und Live

20.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Frauen-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profiteam seit dem 1. August ihre Transfers offiziell bekanntgeben. Radsport-news.com samme

20.11.2024Van Gils und Lotto - Dstny sprechen über Vertragsauflösung

(rsn) – Letzten Winter forcierte der Belgier Cian Uijtdebroeks seinen vorzeitigen Wechsel vom deutschen Bora - hansgrohe zu Visma - Lease a Bike. Eine ähnliche Geschichte könnte sich auch jetzt an

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine