Mayers Kolumbien-Tagebuch / 8. Etappe

So langsam geht es an die Substanz

Von Yannick Mayer

Foto zu dem Text "So langsam geht es an die Substanz"
Yannick Mayer (Bike Aid) | Foto: Bike Aid

15.08.2014  |  (rsn)  So langsam sehne ich mir das Ende der Rundfahrt herbei und auch mein Körper schreit regelrecht danach. Ich bin heute Morgen im selben Zustand aufgewacht, in dem ich gestern Abend ins Bett gegangen bin. Die Regeneration blieb völlig aus. In dieser Verfassung eine windstille Flachetappe zu überleben, würde ja noch gehen, aber 200 Kilometer mit zwei Bergen der 1. Kategorie inklusive Bergankunft sollte man eigentlich möglichst frisch antreten.

Generell passt sich der Körper den Strapazen zwar an, läuft aber irgendwie auf Notstrom. Er verlangt nicht mehr nach Unmengen Nahrung wie in den ersten Tagen, lässt sich dafür aber auch weniger an das absolute Leistungslimit bringen. Normalerweise trinke ich auch weder Cola noch Kaffee, damit sich der Zucker- und Koffeinschub der Final-Cola auf den letzten Kilometern im Rennen voll entfalten kann. Aber heute wäre ich ohne morgendlichen Kaffee völlig neben der Spur gewesen.

Sogar der genügsame Meron stand heute nach dem Sturz von gestern am Start. Mit tieftraurigem Blick meinte er nur: „Yannick, I want to go home“. Ich kann ihn verstehen.

Die Etappe begann mit 50 Kilometer Einrollen zum ersten Berg, einem Anstieg der 1. Kategorie. Erwartungsgemäß war für Daniel, Meron und mich relativ zeitig das Limit erreicht und wir fuhren wieder im Gruppetto bis zum Gipfel. Unglücklicherweise bestand das Gruppetto bis dato nur aus uns Dreien und einem US-Amerikaner, was die Tempoarbeit in der Abfahrt und der Ebene danach zur Qual werden ließ.

Bei Kilometer 155 liefen wir dann endlich auf das eigentliche Gruppetto mit 36 Fahrern auf. Da blieben wir dann bis zum Etappenziel und fuhren zwar geschlossen, aber dennoch ziemlich am Anschlag die Bergankunft nach Manizales hoch.

Manizales und der Startort Pereira sind übrigens nur 35 Kilometer voneinander entfernt. Die weiteren 165 Kilometer wären also nicht unbedingt nötig gewesen.

Richard bekam diese Etappe nicht so gut, er war komplett appetitlos und wer ihn kennt weiß, dass es normalerweise beinahe unmöglich ist, Richard satt zu bekommen. Ich hoffe, dass er die morgige Etappe wenigstens antreten kann und dann wird man schnell sehen, wie es ihm geht. Wobei auch ich bereits vor dem Abendessen um 20 Uhr kurz eingenickt bin. So langsam geht es an die Substanz.

Die morgige Etappe wird übrigens die letzte „richtige“ Etappe. Danach folgen noch ein Bergzeitfahren und eine bergiges Rundstreckenrennen in Medellin auf dem Kurs der berüchtigten Mittwochs-Trainingsrennen der Rennfahrer aus Medellin.

Bis morgen,

Euer Yannick

P.S.: Meine Entscheidung, nach Karriereende auf keinen Fall mehr freiwillig einen Berg mit dem Rad hochzufahren, wurde heute wieder bestätigt.

 

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.08.2014Wir kommen wieder - aber nicht als Radfahrer

(rsn) - Letzter Tag und nur 100 Kilometer auf einem schönen Rundkurs in der Stadt, was will man mehr? Gut, vielleicht einen fast sicheren Gesamtsieger, dessen Mannschaft das Geschehen unter Kontrolle

17.08.2014Bergzeitfahren bei Nacht - ein surreales Erlebnis

(rsn) - Als vorletzte Etappe der Kolumbien-Rundfahrt hatte sich der Veranstalter ein besonderes Schmankerl ausgedacht: ein Bergzeitfahren über 17 Kilometer bei Nacht. Es ging von Medellin zum Alto de

16.08.2014Vanilleduft oder Sinnestäuschung?

(rsn) - Heute darf ich leider nur noch von vier aktiven Bike Aid Fahrern berichten. Wie es sich bereits gestern Abend angedeutet hat, konnte Richard nicht mehr zur 9. Etappe antreten. Nach einer schla

14.08.2014Aus dem lockeren Tag wurde doch noch ein harter

(rsn) - Vor der heutigen 7. Etappe der Kolumbien-Rundfahrt durften wir einen Ruhetag genießen. Dieser ist übrigens Pflicht bei Rennen von mehr als zehn Tagen. Wir blieben also einen weiteren Tag in

12.08.2014Mit fürchterlichem Ohrwurm den Scharfrichter hochgefahren

(rsn) - Die Anspannung vor der heutigen Etappe war bei uns im Team förmlich greifbar. Beim Frühstück wurde wenig gesprochen und jeder achtete nochmals besonders darauf, hochwertige Nahrungsmittel z

11.08.2014„I really, really don’t like this race“

(rsn) - Das heutige Resümee fällt etwas knapper aus als das doch sehr emotionale von gestern. Viel gibt es auch nicht zu berichten, obwohl auch diese Etappe wieder anders verlief als erwartet. Der S

10.08.2014Im Ziel brachen bei mir alle Dämme

(rsn) - Vor der heutigen Etappe war bei mir die Angst riesengroß, am Abend nicht mehr im Rennen zu sein. Eine deutlich längere Etappe mit sehr geringer Karenzzeit war nicht gerade das, wonach mir de

09.08.2014Man fühlt sich wie im Circus Maximus

Den Tagesverlauf der dritten Etappe muss ich zumindest teilweise chronologisch schildern, um ein authentisches Gefühl dafür vermitteln zu können, wie es uns momentan geht. Der Sinn für die Schö

08.08.2014Doch nicht Letzter!

(rsn) - Es gibt Rundfahrten, die super organisiert sind und uns Fahrern große Freude bereiten, sofern man von den vier Stunden Radrennen jeden Tag absieht. Die Vuelta a Colombia gehört zu dieser Kat

07.08.2014Die beste Regelung seit Erfindung des Zeitfahrens spielte uns in die Karten

(rsn) - Vor der Ankunft am Startort stand für unsere Truppe noch ein kleiner Inlandsflug von Bogota nach Bucaramanga auf dem Programm. Wollte man eine Rangliste der spektakulärsten Landebahnen diese

Weitere Radsportnachrichten

21.12.2024Schöne Highlights und ein sehr starker August

(rsn) – 22 Jahre ist Fabio Christen (Q36.5 Pro Cycling) alt, und der Schweizer kommt aus einer wahren Radsportfamilie. Schon sein Großvater gehörte zu den besten Straßensportlern und auch sein Va

21.12.2024Red-Bull-Sportchef Aldag über die Transfers von Lazkano und Co.

(rsn) – Es war abzusehen, dass Red Bull – Bora – hansgrohe auch in diesem Winter wieder allerhand Veränderungen am Kader für die neue Saison vornehmen würde. Neun Profis stoßen 2025 zum Team

21.12.2024Vandeputte mit Start-Ziel-Sieg zum ersten Weltcuperfolg

(rsn) – Dank einer technischen Glanzleistung hat Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) in Hulst nicht nur einen Start-Ziel-Sieg, sondern auch seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert. Der Belgier w

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Knolle, Groß, John und Zemke zu rad-net - Rembe - Sauerland

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

21.12.2024“Riesige Erleichterung“: Auf dem Weg zurück zu alter Stärke

(rsn) – Er war noch nicht ganz wieder der Alte, doch nach zwei krankheitsbedingt schwarzen Saisons hat Maximilian Schachmann 2024 endlich erneut aufblitzen lassen können, wozu er fähig ist. Das ge

21.12.2024Van Empel muss Cross-Wochenende auslassen

(rsn) - Wegen eines Trainingssturzes muss Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) die beiden Cross-Weltcups in Hulst und Zonhoven an diesem Wochenende auslassen. Wie die Niederländerin a

21.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Van Aert kehrt in Mol zu seiner ersten Liebe zurück

(rsn) - Viel Zeit zur Vorbereitung konnte sich Wout van Aert (30) nicht gönnen. Nach nur drei Tagen im Cross-Training will der Belgier am Montag beim Superprestige in Mol starten. Der Cross-Vizeweltm

20.12.2024Van Schip wegen Drohungen und Beleidigungen gesperrt

(rsn) - Wegen "Beleidigungen, Drohungen und unangemessenem Verhalten“ bei der Bahn-WM in Ballerup (Dänemark) hat die UCI den Niederländer Jan-Willem van Schip vom 27. Dezember 2024 bis zum 1. Febr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine