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26.10.2015 | (rsn) - "Wir hätten gerne eine Nationalmannschaft bei uns am Start gesehen. Punkt“, sagte Kerstin Dewaldt, Projektleiterin des Sparkassen Münsterland Giro, nach der eigentlich gelungenen 10. Jubiläumsauflage am 3. Oktober in Münster. Ihre Worte waren auch eine unausgesprochene Kritik am Bund Deutscher Radfahrer (BDR) – und die war verständlich.
Gründe zur Freude hatten die Veranstalter zwar genügend: viele Fans an der Strecke, sehr positive Stimmung und mit Tom Boonen ein Mann aus der absoluten Weltspitze als Sieger. Doch eins ist dem Team rund um Organisationsleiter Rainer Bergmann nicht gelungen: Die deutsche Nationalmannschaft, angeführt von Lokalmatador Fabian Wegmann, nach Münster zu holen. Und damit war man nicht allein.
Seit der Auflösung des Teams Milram Ende 2010 standen alle Top-Fahrer aus Deutschland bei internationalen Rennställen unter Vertrag. So entstand auch die Idee einer deutschen Nationalmannschaft, die sich früher nur bei den internationalen Großereignissen präsentierte. Zu den wenigen verbliebenen Radrennen in Deutschland wurde seit 2011 immer eine Nationalauswahl geschickt – oft genug mit starken Fahrern, deren Mannschaften nicht gemeldet hatten.
"Wir haben tatsächlich versucht, bei den deutschen Eintagesrennen jeweils eine Mannschaft an den Start zu bringen. Das ist bis letztes Jahr mehr oder weniger geglückt“, erklärte BDR-Vizepräsident Udo Sprenger gegenüber radsport-news.com.
2015 allerdings war die deutsche Nationalmannschaft bei keinem deutschen UCI-Rennen dabei. Und das, obwohl fast alle Veranstalter und viele Fahrer an Starts des BDR-Teams interessiert waren. In Münster hatte sich nach Informationen von radsport-news.com Fabian Wegmann sogar persönlich bemüht, doch noch ein Team zusammenzustellen. Das scheiterte am Ende wohl auch an der fehlenden Hilfsbereitschaft seitens des BDR. "Natürlich wollte ich das Rennen in Münster nicht als Zuschauer erleben“, sagte Wegmann. Angeblich wollte auch André Greipel im Juni sein Heimrennen Rund um Köln fahren, was ohne die Nationalmannschaft aber nicht möglich war.
„Vor Münster hat mir der Ausrichter Bergmann eine Liste der eingeladenen Teams geschickt. Die Fahrer aus diesen Mannschaften scheiden für die Nationalmannschaft aus“, erklärte Sprenger. Zehn Tage vor dem Rennen hatte er nur drei Zusagen und informierte die Veranstalter, dass keine Mannschaft zustande käme: „Von Seiten des Ausrichters wurde dann versucht, noch Profis zu finden, was bis auf Linus Gerdemann nicht gelang. Dann bemühte sich auch Fabian Wegmann, konnte aber auch keinen weiteren Fahrer finden.“ Allerdings telefonierte der Münsteraner Wegmann mehrmals mit seinen Kollegen und schlug nach unseren Informationen auch einige Lösungsmöglichkeiten vor, die aber vom BDR abgelehnt wurden.
Ärger wegen der Absage des Nationalteams bekam Markus Weinberg, der Veranstalter von Rund um Sebnitz, das in diesem Jahr zum ersten Mal in der UCI-Kategorie 1.2 geführt wurde. "Für unser Debüt wollten wir auch starke Fahrer gewinnen – und das ist für die Kategorie 1.2 nur mit einer Nationalmannschaft möglich“, sagte Weinberg im Gespräch mit radsport-news.com. "Der BDR sagte uns erstmal zu – und dann mussten wir uns allein um alles kümmern. Man könnte auch das Gefühl haben, dass der BDR einfach nicht genug Interesse hatte.“
Für Weinberg wurde die Absage des BDR zum Problem. "Als es nicht klappte, musste ich mir natürlich von Sponsoren und Partnern einiges anhören. Wir haben auch nicht das Medieninteresse bekommen, auf das wir gehofft hatten. Der BDR brachte uns in eine schwierige Situation“, erklärte Weinberg, der ein weiteres Problem sieht, dass "fast alle deutsche Profis mit Christian Baumer nur einen Manager haben. Und ich hatte leider auch nicht das Gefühl, dass er an einem Start seiner Fahrer für die Nationalmannschaft wirklich interessiert war.“
Baumer selbst, einer von fünf offiziellen UCI-Agenten aus Deutschland, konterte diese Vorwürfe gegenüber radsport-news.com: "Bei Rund um Sebnitz ging es um zwei, drei Fahrer, zu denen Herr Weinberg mich kontaktierte. Er konnte oder wollte die gesamte Problematik nicht nachvollziehen.“
Vor allem die hohe Belastung der Top-Fahrern erschwere die Formierung einer Nationalmannschaft: "75 Prozent der von mir betreuten Fahrer sind in der World Tour. Deren Terminkalender ist voll", sagte er. "Das sind nicht nur Rennen, sondern auch Trainingslager und PR-Veranstaltungen. Münster konkurrierte zum Beispiel mit vier Veranstaltungen, darunter auch die Lombardei-Rundfahrt, die zur World Tour zählt.“ Viel Hoffnung, dass sich die Situation bessern könnte, konnte auch Baumer nicht machen: "Das Problem wird eher noch größer."
Kann man also sagen, dass das Projekt Nationalmannschaft gescheitert ist? "Generell hat der BDR keine Möglichkeit, über den Einsatz der Profis, die von ihren Teams bezahlt werden, zu entscheiden“, beschrieb Sprenger das Hauptproblem. Doch ein bisschen mehr Willen hätte dem Verband gut zu Gesicht gestanden. Denn auch wenn die meisten deutschen Top-Profis nach wie vor für ausländische Teams fahren, wollen sie bei den wenigen Heimrennen gerne mit dabei sein.
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