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10.02.2016 | (rsn) - Mit einem breiten Grinsen saß Edvald Boasson Hagen beim Ausfahren auf der Rolle. Der Norweger wusste zwar noch nicht, dass er gewinnen würde, doch er dürfte es zumindest geahnt haben. Schließlich hatte niemand zuvor den bereits 2013 und 2014 befahrenen, elf Kilometer langen Zeitfahrkurs an der Lusail-Rennstrecke so schnell umrundet wie er.
13:26 Minuten, ein Schnitt von 50,9 Stundenkilometern - und das ohne Zeitfahrrad, da wegen der Reisekosten in Katar alle Teams mit Straßenrädern antreten. "Ich habe mich nicht so gefühlt, als wäre ich besonders schnell", sagte Boasson Hagen nach der Siegerehrung mit einem verschmitzten Lächeln. "Aber es ist schön, am Ende den Beweis bekommen zu haben, dass ich doch recht flott war."
Auch von den 18 nach ihm gestarteten Fahrern kam niemand mehr annähernd an Boasson Hagens Zeit heran. Der 28-Jährige gewann mit beeindruckenden 25 Sekunden Vorsprung vor dem Niederländer Jos Van Emden (LottoNL-Jumbo) und 29 Sekunden vor Manuel Quinziato (BMC) aus Italien.
"Eddies Fahrt war absolut unglaublich", fand Dimension-Data-Sportdirektor Roger Hammond und scherzte: "Es war, als ob man hinter einem Motorrad herfahren würde - auch wenn man das heutzutage im Radsport vielleicht nicht sagen sollte."
Boasson Hagen übernahm durch seinen Sieg, wie vorher gewünscht und von Teamkollege Mark Cavendish prognostiziert, dessen Goldenes Trikot. Doch etwas überraschend ist nicht ein Kontrahent aus einem anderen Team nach dem dritten Tag der Katar-Rundfahrt sein ärgster Verfolger, sondern Cavendish selbst. Der Sprint-Star nämlich wurde 44 Sekunden hinter Boasson Hagen Tagessiebter und distanzierte Alexander Kristoff (Katusha) um 14 Sekunden.
"Dass Cav dann auch noch so ein Zeitfahren gezeigt hat und Zeit auf Kristoff herausgeholt hat, das war perfekt", fand Hammond. Und Cavendish selbst sagte: "Normalerweise würde ich so einen Tag als Ruhetag betrachten. Aber durch das Goldene Trikot hatte ich natürlich schon Ambitionen, schnell zu fahren - und ich bin recht glücklich, wie es gelaufen ist." Überrascht von sich selbst war der Mann von der Isle of Man aber nicht. "Ich bin in Großbritannien schon viele 10-Meilen-Zeitfahren gefahren", erklärte er. Alles bis 16 Kilometer sei daher in seiner Reichweite.
Dimension Data steht nun vor einem Luxus-Problem. Denn in den kommenden zwei Tagen muss man sich entscheiden, ob man an den Bonussprints Sekunden und Punkte für den Gesamtführenden oder den Gesamtzweiten, der in der Punktewertung führt, herausholen will. "Wir müssen vorsichtig sein, auch wenn wir in einer sehr guten Position sind", meinte Cavendish, der auf mindestens einen weiteren Etappensieg hofft, und sich dabei im direkten Duell mit dem wohl zweitstärksten Sprinter in Katar im Nachteil sieht: "Dass Edvald und ich jetzt beide in einem Wertungstrikot fahren, ist ein aerodynamischer Nachteil", erklärte er. Und tatsächlich dürfte das klassische geschnittene Führungstrikot mehr Wind-Widerstand bieten als die Aero-Einteiler, die inzwischen sonst gefahren werden.
Während es für Dimension Data ideal lief, ließ Katusha am Lusail Circuit Federn. Kristoff büßte 14 Sekunden gegen Cavendish ein und rutschte bei nun 45 Sekunden Rückstand auf Boasson Hagen auf Gesamtrang fünf ab - hinter dem BMC-Duo Quinziato (+ 32 Sekunden) und Greg Van Avermaet (+ 34). Cavendish liegt als Gesamtzweiter 26 Sekunden hinter seinem Teamkollegen. Für einen Etappensieg gibt es in Katar zehn Bonifikationssekunden, an den zwei täglichen Zwischensprints jeweils drei für den Ersten.
Genau wie Kristoff gegen Cavendish, so büßte auch der zweite Katusha-Norweger, Sven Erik Byström, 14 Sekunden auf seinen schärfsten Kontrahenten ein. Er unterlag im Duell ums Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers dem Dänen Sören Kragh Andersen (Giant-Alpecin), ist an den kommenden beiden Tagen, von denen vor allem der Donnerstag im Norden Katars sehr windig werden dürfte, aber noch durchaus in Reichweite.
Geschlagen wurde Byström in Lusail aber auch noch von einem anderen U25-Fahrer: seinem Katusha-Teamkollegen Nils Politt. Der Neu-Profi wurde 51 Sekunden hinter Boasson Hagen Tageselfter und somit bester Deutscher. Politt ist nun Dritter der Nachwuchswertung mit 1:49 Minute Rückstand auf Andersen.
Zweitbester Deutscher im Zeitfahren war Rick Zabel (BMC), der als 17. genau eine Minute langsamer war als Boasson Hagen und sich auf Twitter erfreut über seine Leistung äußerte: "Happy mit meinem Zeitfahren hier in Katar", schrieb der 22-Jährige, der 20 Sekunden schneller fuhr als im Vorjahr. "Der erste Tag, an dem ich mich nach meiner Reise aus Australien hierher gut gefühlt habe. Zwei Tage kommen noch!"
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