35-jähriger Rostocker pulverisiert bisherige Bestmarke von 668 km

24-h-Fixie-Weltrekord: Mit 730,34 km nach Deutschland geholt

Von Falk Radisch

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| Foto: Robert Suche

08.06.2018  | 

Am vergangenen Dienstag Punkt 7 Uhr startete Christian Klopsch, 35, am nordöstlichen Stadtrand der Hansestadt Rostock in sein bisher größtes Abenteuer: 24 Stunden in unbequemer Haltung auf einer Zeitfahrmaschine, die mit einem starren Gang ausgerüstet ist, und eigentlich nur im Bahnradsport zum Einsatz kommt.

Christians Ziel: Einen Rekord zu brechen, der zwar inoffiziell, aber prestigeträchtig
ist: In 24 Stunden mit einem Fixie so weit wie möglich fahren - ohne Gangschaltung, ohne Freilauf. Das heißt, es gibt keinen noch so kurzen Moment, in dem man die Beine mal hochnehmen kann.

An Anbauteilen verfügte das Rad lediglich über Licht – es wird in 24 Stunden auch mal längere Zeit dunkel – und eine Vorderbremse. Reduziert also auf das absolut Notwendige, denn immerhin fand der Rekordversuch im normalen Straßenverkehr statt.

Christian: „Ich liebe die Herausforderung.
Als wir letztes Jahr im Oktober von dem inoffiziellen Weltrekord des Ex-US-Marines Joe Lawhorn gehört hatten, war die Idee schnell geboren, ihn nach Rostock zu holen. 668 Kilometer zu schlagen, schien uns machbar - aber es war ein weiter Weg.“ 24 Stunden Radeln, mit möglichst gleichmäßiger Belastung, immer an der Grenze zwischen zu viel und zu wenig – das macht man auch als Ausdauersportler nicht spontan.

Es folgte eine lange Zeit der Vorbereitung, mit akribischen Trainingsplänen, Organisation, Streckensuche, Testfahrten. Klopsch ist eigentlich Herz-Chirurg, und hat erst 2011 so richtig mit dem Radsport begonnen. Ihm kommt entgegen, dass in der Radsport-Hochburg Rostock praktisch jeden Tag ein Radtreff existiert, bei dem man trainieren kann.

"Die gemeinsame Mittwochsrunde ist mein Wochen-Highlight,
wenn es der Dienstplan zulässt", erzählt Christian: "Aber als Vorbereitung auf den Rekordversuch standen auch viele einsame Einheiten auf dem Zeitfahrrad am Plan. Die aerodynamische Haltung, die man da einnehmen muss, ist nicht ohne.“

Den größten Teil des Trainings absolvierte Klopsch in der nur achtmonatigen Vorbereitungsphase mit Intervall-Training - also Trainings-Einheiten, die bis zu zwei Stunden mit regelmäßigen Belastungs-Sequenzen ablaufen. Und das alles neben einem vollen Dienstplan, Hauskauf, Umzug, und der Geburt des zweiten Kinds...

Der erste längere Test dann drei Wochen vor
dem geplanten Zeitfenster für den Rekordversuch. Dazu Betreuer Mark Albrecht, der während der 24 Stunden ständig im Begleitfahrzeug saß, die Helfer organisierte und koordinierte: „Das lief richtig gut. Christian hat 300 km in neun Stunden und 42 Minuten abgespult. Vor allem war seine Leistung sehr konstant. Da wussten wir: Das kann klappen.“

Vor allem die Helfer-Koordination war ein Meisterstück. Mark Albrecht: „Wir konnten ja nicht schon Monate vorher sagen, wann genau es los geht. Das Zeitfenster war grob angepeilt, aber der genau Zeitpunkt und auch die genaue Strecke konnten je nach Wetter und Verkehrslage erst ein bis zwei Tage vorher fixiert werden."

Die Streckenwahl fiel am Ende auf zwei Runden
von je etwa 110 km, die einen Schnittpunkt in Ribnitz-Damgarten, möglichst wenig Profil, möglichst wenig Ampeln und Kreuzungen und einen günstigen Punkt für Pausen und Begleiterwechsel haben mussten.

Nur am Pausenpunkt, einem Parkplatz, ruhte Klopsch sich jeweils aus, in 24 Stunden insgesamt nicht länger als zwei Stunden. Wirkliche Ruhe gab's da aber auch nicht. Essen, Trinken, Beine lockern, Luft holen – dann wieder rauf aufs Rad.

Und tagsüber Temperaturen bis an die 30-Grad-Marke,
in der anschließenden Nacht dann nur acht Grad. „Das war heftig! Tagsüber musste ich in der Hitze alle zwanzig Minuten mit Wasser übergossen werden, und nachts war es dann empfindlich kalt“, erinnert sich Christian.

Die alte Rekordmarke von 668 km erreicht Klopsch in den frühen Morgenstunden – und hatte noch Zeit, 62 Kilometer draufzupacken. Christian: „Wir wussten von Anfang an, dass es möglich ist. Den Schwung am Anfang zu nutzen, ohne zu überziehen, war trotzdem eine Gratwanderung.“

Im Ziel angekommen, blieb der große Jubel erstmal aus:
„Alles war nur noch Schmerz. Aber nach einem kurzen Moment haben wir uns in den Armen gelegen.“ Insgesamt 14 Begleiter hatten Klopsch und Albrecht auf unterschiedlichen Teilstrecken während ihres 24-Stunden-Ritts.

„Es war immer jemand da, der geholfen hat: Essen und Trinkflaschen reichen, Unterhaltung, in den Pausen Beine massieren, Mark am Steuer des Begleitfahrzeugs ablösen – zu tun gab es immer was“, so Christian.

Mit dabei waren etliche Freunde von den Radtreffs,
und auch aus dem Radsport-Verein PSV Rostock, dem sich Klopsch angeschlossen hat. Neben Weltklasse-Radsportlern wie Jan Ullrich und Andre Greipel hat der Radsport im Nordosten jetzt also auch einen Weltrekord-Halter. "Mal sehen, wie lang der Rekord Bestand hat", meint Christian bescheiden...
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