18./ 19. Oktober - Herne/ Flottmann-Hallen - 16 Filme aus 9 Ländern

Festival des Fahrrad-Films: Never Stop Cycling

Von Gernot Mühge

Foto zu dem Text "Festival des Fahrrad-Films: Never Stop Cycling"
die belgische Animation “Velo“ | Foto: www.cyclingfilms.de

17.10.2019  |  "Never Stop Cycling" - das ist der Titel des kanadischen Beitrags zum Festival des Fahrrad-Films am kommenden Wochenende in Herne. Und er passt gut zum Programm des 14. International Cycling Film Festival (ICFF), das allerdings dieses Jahr in vielen der 16 teilnehmenden Filme ein wenig düster eingefärbt ist. Es spiegelt eine gesellschaftliche Stimmung wider, in der angesichts des fortschreitenden Klima-Wandels die positiven Zukunftsentwürfe und utopischen Perspektiven wenig Konjunktur haben.

Ein Beispiel für den dystopischen Fahrrad-Film ist die Animation "Never Stop Cycling": Im Zentrum des Films steht ein Hometrainer, der einen Film-Projektor antreibt. Diese Maschine ist Teil einer bösen Welt, in der das Individuum die zerstörerischen Regeln, die die Apparatur ihm vorgibt, nicht überwinden kann. Der Mensch ist aktiver Teil des destruktiven Systems – und zerbricht letztlich daran, moralisch und psychisch.

Ähnlich blickt das filmische Puppenspiel "Epiplectic Bicycle" auf die Welt. Dort hat das Fahrrad ein Eigenleben, und es versucht, das zersetzende Verhalten der Menschen anzuprangern – aber auch hier mit wenig Erfolg. Am Ende sind Fahrrad und Moral zerstört, das Destruktive hat gesiegt...

Der amerikanische Fahrrad-Zombie-Film "Smile" ist eigentlich prädestiniert für die Endzeit-Thematik. Er entwirft aber auf bemerkenswerte Weise eine optimistische Zukunft, in der die Untoten das Fahrradfahren entdecken. Ihre fröhliche Tour wird unterbrochen durch Ereignisse, die die Zuschauenden mit Stunt-Szenen auf höchstem Niveau erfreuen.

Das neue Programm des Festivals des Fahrrad-Films hat seinen Schwerpunkt auf dem narrativen Film. Im vielschichtigen Spielfilm "Cycle" versucht ein Obdachloser mit all seiner begrenzten Kraft, seiner Tochter endlich das in früheren Tagen versprochene Fahrrad zu schenken. Die Drehungen der Handlung geben dem Titel „Cycle“ eine zweite Bedeutung und führen das Publikum gekonnt in die Irre.

Ebenfalls rätselhaft geht es im Science-Fiction-Fim "The Job" zu, in dessen Zentrum ein schwer verkabeltes Ergometer steht. Es befindet sich in einem geheimnisvollen Raum, der wie ein Gefängnis anmutet, in dem das Gerät gefahren werden muss – aber niemand ahnt den Sinn der Apparatur.

Wer hingegen das romantische Kino lieber mag, der/ die wird die belgische Animation "Velo" ebenso überzeugend finden wie "Velo Hoot" aus USA. Beides sind kunstvoll animierte Filme über alte und neue Lieben und das Fahrrad als Werkzeug der Lebenskunst auf höchstem Niveau.

Diese und viele andere Filme aus dem neuen Festival-Programm zeigen, dass das Fahrrad für eine neue, vielleicht eher auf Kultur statt Konsum setzende Gesellschaftsordnung eine tragende Rolle spielen kann. Der Fahrradfilm kann ein Stück des Weges dorthin ebnen.

Insgesamt zeigt das Festival in seinem Hauptprogramm 16 Kurzfilme aus neun Ländern, darunter Experimental-Kino aus Japan, eine Dokumentation über rikschafahrende Frauen in einer Männerwelt aus Bangladesh sowie atemberaubendes Fixie-Flitzen aus Südafrika.

Höhepunkt des Festivals ist wie jedes Jahr die Verleihung der "Goldenen Kurbel" für den besten Fahrrad-Film am Samstag Abend. Der von der "Hohen Programm-Kommission" des Festivals vergebene, älteste Preis für Fahrrad-Filme weltweit ist mit Preisgeldern in Höhe von 500 Euro dotiert, die von der Kultur-Initiative Herne gestiftet werden.

Traditionell beginnt das Filmfestival-Wochenende am Freitag Abend mit dem "Rough Conditions Adventure Film Festival": Mit verschiedenen Filmen und dem extrem kurzweiligen Vortag über die Abenteuer in Lappland und Duisburg von Erwin Zantinga aus den Niederlanden. Eine offene Podiums-Diskussion über die Sehnsucht nach dem Ungewissen bildet den Abschluss des Abends.

Der Zeitplan
Freitag, 18. Oktober, 20 Uhr: 5. Rough Conditions Adventure Film Festival
19. Oktober, 20 Uhr - 14. Internationales Festival des Fahrrad-Films
ab 15.30 Uhr Fahrradfahrt/ Kritische Masse von Bochum nach Herne
ab 17.30 Uhr Rahmen-Programm mit Fahrrad-Spezialfilmen

Ort: Flottmann-Hallen, Straße des Bohrhammers 5, 44625 Herne
Eintritt: ab 20 Uhr fünf Euro

Das International Cycling Film Festival
wurde 2006 gegründet und zeigt Filme, die das Fahrrad zum Thema oder als wichtiges Sujet haben. Es findet jährlich an fünf Spielstätten in Deutschland, Polen und den Niederlanden statt, und es gibt zahlreiche Gastspiele in Europa. Es wird organisiert vom "Europäischen Büro für Filmkunst und Fahrrad-Kultur e.V., gemeinsam mit dem Bochumer „Team Hollandse Frietjes - non-professional cycling“ und dem "Herner Roomservice - Forum für Jugend-Kultur".

Gernot Mühge ist Gründer und Mit-Veranstalter des Internationalen Festivals des Fahrrad-Films.

 

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