Radweg, überholen, Gehweg, nebeneinander fahren, telefonieren...

Mit dem Rad im Verkehr: Populäre Rechts-Irrtümer

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Seit 2017 darf ein Erwachsener ein - maximal zehnjähriges - Kind auf dem Gehweg radelnd begleiten. | Foto: pressedienst-fahrrad

26.03.2020  |  (rsn, pdf) - In Zeiten von Corona steigen immer mehr Menschen aufs Fahrrad um. Doch nicht wenige von ihnen sind lang nicht mehr im Sattel gesessen, und deswegen unsicher, was heutzutage auf dem Rad erlaubt ist, und was nicht. Dabei halten sich viele Irrtümer über die Rechte von Radfahrern im Straßenverkehr hartnäckig. Hier gibt's Aufklärung...

„Radfahrer dürfen Autos rechts nicht überholen“
Falsch. Vor allem das Rechtsüberholen vor roten Ampeln sorgt immer wieder für Verstimmungen bei Autofahrern, wenn sich die Radfahrer durch Lücken schlängeln. Aber das ist vollkommen legal. „In Paragraf fünf der Straßenverkehrsordnung steht klar: Radfahrer dürfen wartende Fahrzeuge mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen“, erklärt Claudia Schulze-Domnick, Partner-Anwältin der Rechtsberatung Bikeright.

„Radfahrer gehören nicht auf die Fahrbahn“
Falsch. Auch hier regelt die Straßenverkehrsordnung klar: Fahrräder sind Fahrzeuge und gehören deshalb grundsätzlich auf die Fahrbahn. „Ausnahmen sind lediglich Radwege, die mit dem blauen Verkehrszeichen gekennzeichnet sind. Die Beschilderung schreibt eine verpflichtende Nutzung vor und ist im Straßenverkehr eher die Ausnahme als die Regel“, so Anwältin Schulze-Domnick.

Konkret handelt es sich dabei um die Verkehrszeichen 237 (Radweg), 240 (gemeinsamer Fuß- und Radweg) sowie 241 (getrennter Fuß- und Radweg). Übrigens muss ein ausgeschilderter Radweg laut diversen Gerichtsurteilen nicht benutzt werden, wenn er nicht befahrbar, unzumutbar oder nicht straßenbegleitend ist.

„Radfahrer dürfen nicht auf dem Gehweg fahren“
Richtig - es gibt jedoch Ausnahmen: Bis acht Jahre müssen und bis zehn Jahre dürfen Kinder auf dem Gehweg fahren. Ein Erwachsener darf ein Kind dabei auf dem Gehweg radelnd begleiten. „Die Regelung ist erst seit Anfang 2017 gültig und soll einen stetigen Blickkontakt zwischen Begleitperson und Kind gewährleisten. Das sorgt für mehr Sicherheit bei den Fahranfängern“, erklärt Guido Meitler vom Kinderfahrzeug-Hersteller Puky. Dabei ist jedoch besondere Rücksicht auf Fußgänger geboten.

„Radfahrer müssen in Fußgängerzonen schieben“
Falsch. Das Verkehrszeichen 242.1 (Fußgängerzone) enthält zwar ein Radfahrverbot, und wer sich nicht daran hält, riskiert ein Verwarnungsgeld von 15 Euro. Aber: „Man darf sein Fahrrad gewissermaßen als Tretroller nutzen. Der gilt laut Gesetz nicht als Fahrzeug, sondern als Fortbewegungsmittel, das zum Fußverkehr zählt. Sie dürfen deshalb auch auf Gehwegen genutzt werden“, erklärt Verkehrsrechts-Expertin Schulze-Domnick.

Dazu darf der Radfahrer nicht im Sattel sitzen, und er darf die Pedale nicht zum Antrieb nutzen. Erlaubt ist lediglich, dass man mit einem Fuß auf einem Pedal steht und sich mit dem anderen Fuß vom Boden abstößt. Für rollernde Radler gilt: Vorsichtig unterwegs sein, keine Fußgänger belästigen. Ansonsten droht ein Verwarnungsgeld.

„Für Radfahrer gilt das Rechtsfahrgebot“
Richtig - allerdings bedeutet das nicht, dass Radfahrer sich rechts außen an den oft unebenen Fahrbahnrand drängen müssen und sich dabei selbst in Gefahr bringen, etwa indem sie Autofahrer zum Überholversuch auch bei enger Fahrbahn einladen. Der Gesetzgeber schreibt lediglich „möglichst weit rechts“ vor.

In diversen Gerichtsurteilen wird zu einem Mindestabstand zum Fahrbahnrand von ca. 80 Zentimetern geraten. „Damit soll verhindert werden, dass Fußgänger am Gehweg durch Radfahrer behindert werden. Und es wird sichergestellt, dass die Radfahrer etwa vor unachtsam geöffneten Autotüren besser geschützt sind“, erklärt Volker Dohrmann vom Hamburger Rad-Hersteller Stevens.

Bei dichtem Verkehr kann der Abstand je nach Situation auch nur 40 Zentimeter betragen, bei hohen Bordsteinen, tiefen Gullydeckeln oder anderen Gefahren kann je nach Situation auch mehr als ein Meter Sicherheitsabstand nötig sein.

„Radfahrer dürfen Zebrastreifen benutzen“
Falsch. Fahrradfahrer dürfen einen Überweg nicht mit dem gleichen Vorrecht wie Fußgänger überqueren, denn dies kann zu brenzligen Situationen führen. Muss ein Auto wegen eines fahrenden Radfahrers auf dem Fußgängerüberweg abbremsen oder halten, riskiert der Radfahrer ein Bußgeld. „Richtig ist für den Radfahrer, abzusteigen und sein Rad über den Zebrastreifen zu schieben - oder zu rollern. Dann hat er die gleichen Vorrechte wie ein Fußgänger,“ so Volker Dohrmann.

Auf der Fahrbahn ist der Radfahrer wie der Autofahrer verpflichtet, Fußgängern das Überqueren zu ermöglichen. Die Stadt Göttingen hat jedoch mit dem „Göttinger Zebra“ eine lokale Ausnahme erarbeitet: Auf zwei Zebrastreifen ist eine spezielle Radfahrer-Furt ausgewiesen, damit Radler nicht extra absteigen müssen. Diese Idee, die der Stadt bereits eine Auszeichnung zur Fahrradfreundlichkeit eingebracht hat, ist jedoch nicht in der bundesweiten Straßenverkehrsordnung verankert.

„Tiere dürfen auf dem Rad nicht mitgenommen werden“
Richtig - aber es gibt eine Ausnahme für Hunde. Laut § 28 StVO dürfen vom Fahrrad aus Hunde geführt werden. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club rät, die Leine dabei nur lose in der Hand zu halten und sie nicht um Handgelenk oder Lenker zu binden. Dies könne ansonsten zu Stürzen führen. Außerdem dürfen Hunde nur auf Radwegen und nicht auf der Fahrbahn geführt werden. Wer seinen treuen Begleiter immer dabei haben möchte, der kann ihn in einen speziellen Anhänger mitnehmen (z. B. von Croozer, ab 699 Euro).

„Radler dürfen mehr Alkohol trinken“
Richtig: Die Grenze zur Fahruntüchtigkeit für Radfahrer ist mit 1,6 Promille deutlich höher als für Autofahrer (0,5 Promille). Wer aber noch höher alkoholisiert erwischt wird, muss mit Punkten in Flensburg und einer Geldstrafe rechnen. Außerdem kann die Behörde eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) anordnen. „Wer dabei durchfällt, verliert auch als Radfahrer seine Fahrerlaubnis, ebenso wie ein Auto- oder Motorradfahrer. Wer einen Unfall baut oder auffällig fährt, kann ebenfalls belangt werden und erhält bei einem Unfall eine Teilschuld“, erklärt Bikeright-Gründer Paul Prieß.

„Radfahrer dürfen nicht nebeneinander fahren“
Falsch. Auch wenn es für viele Autofahrer nicht nachvollziehbar ist, dürfen Radfahrer unter bestimmten Umständen nebeneinander fahren - laut StVO (§ 2, Abs. 4) dann, „wenn der Verkehr nicht behindert wird“. Paul Prieß: "Das ist immer dann der Fall, wenn dem Autofahrer noch genügend Platz zum Überholen mit mindestens 1,5 Meter Abstand bleibt."

In verkehrsberuhigten Zonen oder auf Fahrradstraßen ist das Nebeneinanderfahren generell gestattet. Und auch Verbände von Radfahrern dürfen in Zweierreihen fahren – das gilt immer, wenn mindestens sechzehn Radfahrer als Gruppe unterwegs sind.

„Radfahrer dürfen während der Fahrt das Smartphone nutzen“
Teils, teils... Bedienen darf man das Smartphone während der Fahrt nicht - aber man kann es zur Navigation oder zum Musikhören nutzen. Telefonieren ist nur via Freisprechanlage erlaubt. Das ist allerdings fast nur mit Kopfhörern möglich. „Die Lautstärke darf dabei nur so hoch sein, dass Warnsignale, z. B. auch Fahrradklingeln, gehört werden können“, erklärt Philipp Elsner-Krause von Fahrer Berlin, dessen Unternehmen unterschiedliche Smartphone-Halterungen für den Fahrradlenker anbietet.

„Auf dem Gepäckträger darf man Personen mitnehmen“
Falsch. Lediglich Kinder bis zum siebten Lebensjahr dürfen - in einem passenden Sitz! - auf dem Gepäckträger mitgenommen werden. Alles darüber hinaus ist nicht erlaubt; so wird aktuell das Gesetz ausgelegt. Der Zweirad-Industrie-Verband setzt sich jedoch derzeit dafür ein, dass § 21 Abs. 3 StVZO überarbeitet wird, da sich das Gesetz nur auf einsitzige Fahrräder bezieht.

Ist ein Fahrrad jedoch für die Mitnahme von weiteren Personen konzipiert und eine Sitzmöglichkeit vorhanden, dürfen auch weitere Personen transportiert werden. Ein Beispiel ist das „Multicharger“ von Riese & Müller (ab 3799 Euro), das einen verlängerten Gepäckträger hat, für eine Zuladung von maximal 60 Kilogramm. Mit Fußrasten und einem besonderen Griff darf eine weitere Person auf dem E-Bike mitgenommen werden.

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