Wie geht ein großes Jedermann-Team mit den Auswirkungen von Corona um?
Team Strassacker: Der Spaß am Radfahren bleibt!
Von Christian Thomas, Timo Dahlheimer und Franco Adamo

Da war noch alles in Ordnung: Das Team Strassacker im September 2019 beim “ProAm Hannover“; vorne der spätere Sieger Christian Thomas | Foto: Team Strassacker
30.03.2020 | Eigentlich wären wir, wie in den letzten Jahren auch, um diese Zeit im Trainingslager auf Mallorca. Doch in diesem Jahr ist auch für uns, seit 20 Jahren eines der erfolgreichsten Teams im deutschen Jedermann-Peloton, alles anders: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bestimmen den Alltag - und auch unser Training.
Naturgemäß ist in unserem Team niemand Profisportler, entsprechend sind damit keine existenziellen Fragen verbunden, ob man trainieren oder Radrennen bestreiten kann. Aber jeder von uns verbringt normalerweise viele Stunden seiner Freizeit auf dem Rad und fährt gerne Rennen. Wie steht es also um die Motivation? Wie sieht das Training im Moment aus? Und was ist im Moment für die Fahrer vielleicht wichtiger?
Motivation und aktuelles Training
In anderen Sportarten wie Triathlon oder Laufen wurden schon Wettkämpfe bis Ende Juni/ Anfang Juli abgesagt, Olympia ist verschoben und auch immer mehr Profi-Radrennen werden auf den Herbst verschoben oder ganz gestrichen. Diese Entwicklung macht auch vor Jedermann- und Lizenz-Rennen in Deutschland keinen Halt - darf es auch garnicht...
Wie also die Motivation hochhalten, wenn unklar ist, wann bzw ob in diesem Jahr überhaupt noch Rennen stattfinden?
Hier sind sich unsere Fahrer einig: Für alle ist Radsport nicht nur gezieltes Training, sondern vor allem Spaß am Rad fahren. Wir bewegen uns gerne und sehen die Trainingsausfahrten als psychisch und physisch sinnvollen Ausgleich zum Alltag.
Das Training ist momentan weniger strukturiert, „Fahren nach Lust und Laune“ ist das Motto; gezielt und nach Plan kann wieder trainiert werden, wenn feststeht, wann wieder Rennen stattfinden.
Training indoor oder outdoor?
Das wir weiter trainieren, ist klar - aber wie? Es gibt ja durchaus unterschiedliche Meinungen, ob Training draußen im Moment vertretbar ist: Im Fall eines Sturzes müssen eventuell Krankenhaus-Kapazitäten „unnötig“ in Anspruch genommen werden. Auch hier sind sich die Fahrer ziemlich einig: So lange es erlaubt ist und das Wetter mitspielt, trainieren die meisten von uns draußen - wir sind erfahrene Radsportler...
Natürlich werden die behördlichen Vorgaben beachtet: Wir fahren maximal zu zweit, und wir versuchen, noch aufmerksamer und vorsichtiger im Straßenverkehr zu sein als sonst. Unsere Fahrer aus den Ballungsräumen berichten im Moment von deutlich weniger Verkehr und teils rücksichtsvolleren Autofahrern – vielleicht ein positiver Neben-Effekt der momentanen Ausgangsbeschränkungen.
Absage von Rennen und Trainingslagern
Die Absage von Rennen ist im Moment definitiv eine nötige und sinnvolle Maßnahme, um die Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen - auch wenn es für jeden einzelnen Starter vermutlich ärgerlich und traurig ist, da er sich lange darauf vorbereitet hat. Auch ist klar, dass es erstmal deutlich wichtigere Fragen gibt als Sportveranstaltungen - weshalb wir hinter den behördlichen Vorgaben stehen und auf uns zukommen lassen, wie sich die Lage in Bezug auf die Rennen entwickelt.
Für Veranstalter und Organisatoren sieht die Sache natürlich anders aus. Für sie ist die Situation teils sogar existenzbedrohend. Wir hoffen daher, dass alle Veranstalter und Vereine die Krise auch finanziell überstehen, damit es 2021 auch weiterhin so viele schöne und gut organisierte Rennen gibt wie bisher.
Die meisten unserer Fahrer finden auch, man sollte Rennen lieber absagen, anstatt sie in den Herbst zu verschieben, wo es vermutlich zu Überschneidungen kommt. Lieber die gemeldeten Teilnehmer fragen, ob die Startgelder für 2021 einbehalten werden können, oder ob man sie sogar dem Veranstalter überlassen möchte, um Solidarität zu zeigen.
Leider ist auch unser jährliches Team-Trainingslager dem Corona-Virus zum Opfer gefallen; schade, denn die meisten von uns leben verstreut in Deutschland, und so ist eine gute Möglichkeit des Austauschs weggefallen. Bis auf weiteres muss es reichen, sich über WhatsApp auszutauschen und bei Strava zu gucken, was die anderen im Team so fahren.
Persönliche Betroffenheit
Bisher ist - gottseidank - keiner im Team am Corona-Virus erkrankt, aber fast jeder hat in der Familie Personen, die Risiko- oder Hochrisiko-Gruppen zuzuordnen sind. Auch sind einige unserer Fahrer beruflich betroffen, also mit Kurzarbeit, Home Office oder weil das Studium im Moment ausgesetzt ist.
Dadurch bestimmen natürlich im Moment andere Aspekte und Sorgen den Alltag. Gerade deshalb trainieren wir aber weiter, um uns ab und zu mentale Auszeiten zu gönnen, die Natur zu genießen und uns fit zu halten.
Als Verantwortlicher im Team Strassacker versuche ich (Franco; A.d.Red.) der Corona-Krise
etwas Positives abzugewinnen.
Wir sollten uns in dieser schweren Zeit wieder mehr auf klassische Werte wie
Familienzusammenhalt, Dankbarkeit und Nächstenliebe einlassen und sie
mehr schätzen lernen.
Auch sollten wir versuchen, uns mehr Ruhe zu gönnen, um zumindest teilweise aus dem "Hamsterrad" rauszukommen.
Und es sollte uns stärker bewusst werden, wie wichtig Gesundheit ist. Nicht zuletzt: Wir alle sollten - nicht nur in dieser Zeit - mehr Rücksicht aufeinander nehmen...
Bleibt gesund!
Christian, Timo, Franco