Eine Runde von Nizza zu Col de Turini und Col d’Èze

Grand Depart - zu Zweit

Von Max Leonard

Foto zu dem Text "Grand Depart - zu Zweit"
| Foto: Greg Annandale

21.06.2020  |  In einer Woche wäre es endlich soweit gewesen - das wichtigste Wochenende des Radsport-Jahres in Nizza: Der Grand Départ der Tour de France. Doch Corona hat alles verändert; immerhin findet die Tour Ende August doch noch statt. Grund genug für die meufs et mecs (Mädelz und Jungz;-) der Radsport-Bekleidungsmarke "Café du Cycliste" aus Nizza, den Col de Turini und den Col d’Èze zu beehren - beide wären Teil des Grand Depart gewesen.
Hier der Bericht:

Über das Stadtviertel Cimiez verlassen wir Nizza im Norden, ein Hügel voller aufgereihter Gebäude aus der Belle Epoche. Die Kletterei beginnt schon ein paar Kilometer hinter dem Zentrum - und man merkt schnell, dass es ein anstrengender Tag für die Beine wird. Wenn man den Stadtrand verlässt, folgt die Straße den Biegungen des Var-Tals nach Aspremont, ein Ort, der einige der schönsten Brunnen der Region bietet.

Dies ist nicht einfach nur die Route einer unserer Hinterland-Touren,
sondern auch der Weg, den die erste Etappe der Tour de France einschlägen wird, um Nizza in Richtung Arrière-Pays (Hinterland) zu verlassen - und das nicht weniger als dreimal. Das soll den Zuschauern die Vorbeifahrt der Tour mehrmals gönnen, bevor das Peloton sich den Weg zur Ziellinie auf der Promenade des Anglais bahnt.

Um die Etappen eins und zwei zu verbinden, nutzen wir eine schöne kleine Straße, die herunter nach Saint-Blaise führt. Hier umfährt man Nizza über die Serpentinen, die aus ihr herausführen. Schließlich gelangt man zu einem alten Viadukt, der zu einem Anstieg durch einen Olivenhain nach Levens führt.

Die Boulangerie Alexis, die Bäckerei
links am Ortseingang bietet eine willkommene Gelegenheit, um Energie zu tanken - falls nötig... Gegenüber geht es zum Mont Férion Riviera, ein Gravel-Anstieg. Heute ist allerdings guter Straßenbelag angesagt, und was noch kommt, liefert einen guten Grund, um auf dieser ebenen Oberfläche weiterzufahren.

Von Levens nach Duranus klammert sich die Straße an die Felsen der westlichen Seite der Schluchten des Vesubie-Tals; vielleicht ist der Begriff „Balcony Road“ für diese Strecke erfunden worden. Nach dem Anstieg durch das Dörfchen Duranus kommt ein Schild: „Saut de Français“; schauen Sie dort nicht nach unten, wenn Sie Höhenangst haben. Der Legende nach trieb die Miliz, welche die von Savoyen regierte Grafschaft Nizza verteidigte - damals kein Teil Frankreichs - die französisch-republikanischen Soldaten im späten 18. Jahrhundert in die Schlucht, dem sicheren Tod entgegen.

Die „Balcony Road“ führt wieder auf die Hauptstraße
des Tals bei Saint-Jean-de-la-Rivière, wo man nach links zu dem Anstieg La Madone d’Utelle abfahren kann. Hier liegt der Col de Turini lediglich zehn Kilometer entfernt, in Richtung einer Hochebene, die das Tal hinaufführt und durch weitere tiefe Schluchten verläuft. Wenn man die Gipfel anschaut, die das Tal umgeben, bekommt man eine Ahnung, wie viele Radsport-Möglichkeiten es hier gibt: Es sind zahllose...

Die nordwestliche Seite des Turini, die von den Fahrern der Tour de France Ende August in Angriff genommen wird, ist tatsächlich die kürzeste der drei Hauptwege zum Gipfel. Mit 15 km Länge bei einer Steigung von durchschnittlichen 7,2 Prozent gehört er zu den Anstiegen der Hors Categorie.

Nach zwei Kilometern Bergfahrt kommt
die Stadt Bollène-Vesubie, früher ein Gesundheits-Rückzugsort für italienische und englische Aristokraten. Jetzt sind die Besucher aus diesen Nationen normalerweise auf Motorrädern oder Fahrrädern hier. Das Labyrinth an Routen auf diesem Berg und seine Geschichte in der Rallye-Weltmeisterschaft haben den Turini in einen veritablen Tummelplatz für zwei- und vierrädrige Fahrzeuge verwandelt – glücklicherweise ohne die irre Anzahl an Besuchern wie etwa auf dem Mont Ventoux oder dem Stilfser Joch.

Der Anstieg, der 15 km auf der westlichen Seite verläuft, kann in drei Abschnitte unterteilt werden. Bei Bollène-Vesubie endet der erste Teil, und der mittlere Abschnitt beginnt. Er ist reich an Serpentinen, die fantastische Aussichten sowohl den Berg herauf als auch hinab bieten. Der nächste Abschnitt führt durch einen Wald bis zum Pass. Die schnellste Strava-Zeit hält hier der frühere Profi Remmert Wielenga aus den Niederlanden mit 43 Minuten und 55 Sekunden. Eine respektable Amateur-Zeit liegt um einer Stunde.

Alle drei Hotels, die auf dem Col de Turini liegen,
sind einen Besuch wert. In jedem hängen Erinnerungsstücke an die Rallye Monte Carlo an den Wänden. Nach diesem Anstieg sollten Sie keine Schuldgefühle haben, die Heidelbeertorte in Angriff zu nehmen, die im Hotel Tois Valées angeboten wird, und wo die Wirte alljährlich freundlich unsere Brevet-Karten beim Fête des Zinzins stempeln.

Die Abfahrt zurück nach Nizza verläuft über die Piera-Cava und die berühmten Haarnadelkurven von „La Cabanette“ nach Luceram und weiter nach L’Escarène. Hier können Sie ihrer Bergpass-Kollektionen den vermutlich einfachsten Anstieg Ihres Lebens hinzufügen: Einen Kilometer außerhalb der Stadt fahren Sie über den Col de Nice, womit Sie auf dieser Tour und an diesem Punkt bereits um die 1800 Höhenmeter erklommen haben.

Zurück in Nizza nehmen wir den Anstieg
zum Col d’Èze in Angriff, anstatt zum Café zurückzufahren - schzließlich wollen wir und denselben Herausforderungen aussetzen wie die Profis in zwei Monaten. Also biegen wir nach links ab und fahren die Grand Corniche hoch, zum Col d’Èze. Die Tour-Etappe beinhaltet diesen Abschnitt gleich zweimal, mit einem vollen Anstieg, und einem zweiten bis zur Kreuzung Quatre Chemins, die Hälfte des Anstiegs.

Wir finden, dass der Col d’Èze oft unterschätzt wird, besonders von Besuchern, die das erste Mal hier sind und ihn direkt vom Café aus befahren. Nachdem wir bereits den Turini erklommen haben, sticht es auf den ersten zwei Kilometern in den Beinen, die eine Steigung von acht Prozent haben. Für die Tour-Teilnehmer markieren die Èze-Schleifen wohl den Zeitpunkt, an dem die Klassement-Kandidaten versuchen werden, Zeitvorsprünge herauszufahren.

Dieser Abschnitt ist von der ASO ausprobiert und getestet worden, bei der Schluss-Etappe von Paris - Nizza, als angemessener Spurt zur Ziellinie. Für Normalsterbliche ist nach weiteren 15 km und einem Anstieg von 700 Höhenmetern ein Sprung ins Meer ein willkommenes Finale...

Die Daten
Die Fahrt vom alpinen Gipfel des Col de Turini zum blauen Meer der Côte d’Azur ist eine Vorzeige-Etappe des #nicecyclingparadise
Kaffeepause: Die Boulangerie Alexis in Levens erreicht man nach etwa anderthalb Stunden; perfekt, um Energie aufzutanken, bevor man ins Vesubie-Tal fährt.
Mittagspause: Im Hotel les Trois Vallées auf dem Col de Turini, auf der schönen Terrasse. Aber gehen Sie auch hinein und bestaunen die Erinnerungsstücke der "Monte" an jeder Wand.
Wer Turini und Èze auf einem Rennrad der Spitzenklasse fahren möchte, kann ein Cervélo R5s bei "Café du Cycliste" mieten.

 

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