Judiths Sporternährungs-Blog - heute: Flüssigkeit

Wie viel muss ich trinken, und was ist am besten?

Von Judith Haudum

Foto zu dem Text "Wie viel muss ich trinken, und was ist am besten?"
Phil Gaimon sollte dringend Judiths Artikel durchlesen; das mit dem optimalen Getränk beim Rennradfahren hat er offensichlich falsch verstanden;-) | Foto: philsfondo.com

28.06.2021  |  Hitze, feuchtes Wetter... Derzeit kommt man auf der Rennrad-Runde mit dem Trinken kaum nach - und nicht selten mit dicken weißen Schweißrändern nach Hause. Viele Radsportler/innen stellen sich dann die alte Frage: Wie viel muss ich trinken, und was ist am besten?

Flüssigkeitszufuhr hat im Sport mehrere Funktionen.
Während des Sports geht’s darum, den Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen und den Körper dabei auch mit Nährstoffen zu versorgen. Sportgetränke liefern Energie in Form von Kohlehydraten, und viele sind zudem mit Elektrolyten angereichert. Hersteller werben mit den unterschiedlichsten Formeln. Manche bieten Low-Carb-Getränke an, andere fügen zusätzliche Stoffen hinzu, von Koffein über Aminosäuren bis hin zu Vitaminen. Welche Nährstoffe sind tatsächlich notwendig und worauf soll man achten?

Über die letzten Jahre haben sich Sportgetränke deutlich entwickelt: Aus den ersten mit einfacher Rezeptur wurden mittlerweile Getränke, die nur noch wenig mit den Anfängen zu tun haben. Wie kam es dazu? Weil Sportgetränke immer mehr auch Lifestyle-Getränke geworden sind - anstatt lediglich Getränke zu sein, die ihren Zweck erfüllen.

Sportgetränke sind für Menschen
gedacht, die im Training oder Wettkampf einen erhöhten Bedarf an Flüssigkeit, Energie und Elektrolyten haben. Viele trinken Sportgetränke jedoch auch außerhalb des Sports -  was bald immer mehr Kritik an den Getränken zur Folge hatte: Zu viel Zucker, zu viele Kohlehydrate, zu ungesund...

Das stimmt natürlich, wenn das Getränk zu einem Zeitpunkt konsumiert wird, wenn kein Mehrbedarf an Energie und Elektrolyten besteht. Radsportler/innen haben aber durchaus einen erhöhten Bedarf: Wer regelmäßig trainiert, auch intensiv oder lange, muss auf dem Rad "nachtanken". Sportgetränke liefern Energie und Flüssigkeit und helfen, starke Dehydrierung zu vermeiden. Wenn wir schwitzen, verlieren wir mit dem Schweiß neben Flüssigkeit auch Elektrolyte.

Alle Radsportler/innen, die kräftig schwitzen,
müssen ihre Flüssigkeitszufuhr entsprechend erhöhen. Vor allem bei langen Ausfahrten ist es zudem wichtig, Elektrolyte aufzunehmen, denn deren Verlust im Schweiß kann beträchtlich sein. Sinkt die Elektrolyt-Konzentration im Körper auf ein zu niedriges Niveau, beeinträchtigt das die Leistung und kann auch zu Komplikationen führen. Hyponaträmie - ein niedriger Natrium-Spiegel aufgrund hohen Salzverlustes - ist ein Bespiel, auch Hypokaliämie - niedrige Kalium-Konzentration - kann auftreten. Das wichtigste Elektrolyt ist Natrium; es lässt sich Getränken, die keine Elektrolyte enthalten, ganz leicht in Form von Speisesalz hinzufügen (siehe das Getränke-Rezept im Kasten).

Bei kurzen Einheiten, die um 60 bis 70 Minuten dauern, sind Sportgetränke nicht wirklich notwendig, dann ist Wasser oder Tee ausreichend, um die Flüssigkeit zu ersetzen; Energie- und Elektrolyt-Zufuhr ist bei Trainings von dieser Dauer noch nicht notwendig.

Viele Radsportler/innen sagen, fertige Sportgetränke
seien ihnen zu süß oder schmecken nicht. Manche haben auch das Problem, dass sie die oft recht sauren Getränke nicht gut vertragen und der Magen darunter leidet. Geht das auf kurzen Ausfahrten noch gut, merkt man bei längeren Touren, dass der Magen irgendwann nicht mehr mitmacht - Magenkrämpfe, Durchfall und Übelkeit können die Folge sein. Um diese Nebenwirkungen zu vermeiden, verdünnen viele Sportler die Konzentration ihres Getränks: Sie nehmen weniger Pulver für dieselbe Menge Wasser.

Was für den Magen und oft auch für den Geschmack von Vorteil ist, hat aber für die Leistung negative Konsequenzen: Durch das Verdünnen ändert sich der Kohlehydrat-Gehalt, man müsste mehr trinken, um ausreichend Energie aufzunehmen, oder zwischendurch einen Riegel oder ein Gel essen. Die Kohlehydrat-Konzentration in einem Getränk sollte zwischen sechs und acht Prozent liegen; viele im Handel erhältliche Getränke liegen darüber.

Gute Sportgetränke haben diese Kohlehydrat-Konzentration.
Wer auf fertige Mischungen und Pulver verzichten möchte, der kann sich auch selber ein Getränk zusammenstellen (siehe Kasten). Sportgetränke sind schnell zubereitet, wenn man sich auf die notwendigen Inhaltsstoffe beschränkt: Kohlehydrate und etwas Salz. Ob auf Basis von Fruchtsäften, Tee oder Sirup - vieles lässt sich schnell in ein prima Sportgetränk verwandeln.

Ein weiterer Vorteil von selbst gemachten Getränken ist, dass sie frei von Zusatzstoffen, Säure-Regulatoren und ähnlichem sind - und daher oft viel magenfreundlicher. Nicht wenigee Profi-Sportler/innen versorgen sich inzwischen gern auch mit selbst gemachten Getränken, weil das für sie am besten funktioniert.

Eine der häufigsten Fragen in Sachen Flüssigkeit
beim Sport ist natürlich: Wieviel soll ich trinken? Die Antwort ist leider nicht so klar, wie man sich das wünschen würde. Wir sind alle unterschiedlich, was Schwitzen betrifft. Drei Fahrer/innen können drei sehr unterschiedliche Schweißraten haben - und damit hat auch jede/r einen anderen Flüssigkeitsbedarf. Sagt man allen dreien, sie sollen pro Stunde einen Liter Flüssigkeit aufnehmen, ist das unter Umständen für den einen zu viel, für die andere gerade richtig, für den dritten zu wenig.

Am besten bestimmt jede/r für sich, wie viel Flüssigkeit er/ sie in einer Trainingseinheit verliert: Eine Stunde aufs Rad, vorher und nachher wiegen und die Differenz berechnen. Dann weiß man, was man in einer Stunde an Flüssigkeit verliert.

Was passiert, wenn man zu wenig trinkt?
Der Gewichtsverlust sollte über den Verlauf einer Trainingseinheit nicht mehr als zwei Prozent betragen, sonst kommt es zu deutlichen Leistungseinbußen. Das Ziel sollte also sein, den Flüssigkeitsverlust unter zwei Prozent des Körpergewichts zu halten. Neben der Leistung wirkt sich starke Dehydrierung auch auf die Gesundheit aus. Muskelkrämpfe, Schwindel bis hin zu Hitze-Kollaps, Kreislaufversagen oder Hitzschlag - all das sind Anzeichen und Auswirkungen von unzureichender Flüssigkeitszufuhr.

Eine weitere wichtige Rolle der Flüssigkeitszufuhr ist im Sport die Thermo-Regulation des Körpers. Durch Schwitzen bzw die dabei entstehende Verdunstungskälte geben wir die Hitze ab, die beim Sport im Körper entsteht. Sind wir jedoch stark dehydriert,  schwitzen wir nicht mehr, können keine Hitze mehr abgeben. Die Körpertemperatur kann dann gefährlich ansteigen, es kommt es zu Kreislaufproblemen bis hin zum Hitzschlag.

Auch Muskelkrämpfe sind eine häufige Konsequenz
von unzureichender Flüssigkeitszufuhr sind, obwohl viele das auf Magnesium-Mangel zurückführen. Die häufigste Ursache von Muskelkrämpfen im Sport ist jedoch die Dehydrierung, zusammen mit Natrium-Mangel und muskulärer Ermüdung. Will man Krämpfe vermeiden, sollte man darauf achten, ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen und das Natrium zu ersetzen, das man mit dem Schweiß verloren hat - also immer eine Prise Salz ins Getränk.


Judith Haudum ist Sport- und Ernährungs-Wissenschaftlerin sowie Gründerin des Beratungs-Instituts "sportnutrix" in Hallein im Salzburger Land. Sie arbeitet mit diversen UCI-WorldTour- und Women's-WorldTour-Fahrer/innen, dem Österreichischen Radsport-Verband und weiteren Sportverbänden. Judith berichtet exklusiv auf radsport-news.com alle zwei Wochen über neue Erkenntnisse aus der Sporternährung.

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