Formel-1-Legende und Fahrrad-Enthusiast

Alain Prost: “Radfahren ist magisch...“

Von Ale Cubino

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Alain Prost | Foto: Trek Fahrrad GmbH

21.08.2021  |  Alain Prost ist einer der erfolgreichsten Piloten der Formel-1-Geschichte: Er wurde viermal Weltmeister (1985, 1986, 1989, 1993) und viermal Vize-Weltmeister, gewann 51 Grand Prix. Hier erzählt die französische Legende von seiner Leidenschaft für das Radfahren, den Radsport und für Rennräder. Das Interview mit Prost ist in der aktuellen Ausgabe des französischen Jedermann-Radsport-Magazins "CycloSport" erschienen.

1. Alain, Sie waren in den 80er und 90er Jahren der große Formel-1-Champion und sind auch heute noch an verschiedenen Projekten im Motorsport engagiert. Erzählen Sie mal...
Ich habe mich nie wirklich von der Auto-Welt getrennt. Heute konzentriere ich mich auf meine Aufgaben als Renault-Alpine-Botschafter und Geschäftsführer von Alpine Formula 1. Im Lauf der Jahre habe ich viele Hüte getragen. Der Motorsport ist eine aufregende Welt, die sich ständig weiterentwickelt, und es ist immer interessant, mit viel Erfahrung im gleichen Umfeld zu bleiben. Ich hatte sogar die Möglichkeit, ein Formel-E-Team zu leiten.

2. Ihre Erfolgsbilanz in der Formel 1 ist legendär, Sie sind ein geborener Wettkämpfer. Eine andere Sportart, die Ihnen seit vielen Jahren am Herzen liegt, ist der Radsport. Wie kam es dazu?
Es war 1992 während meines F1-Sabbat-Jahres, als ich fast zufällig mit dem Radsport begann. Ich habe mich schon immer für Sport begeistert und bin viel gelaufen, um mich körperlich fit zu halten, aber ich begann, Beschwerden im Knie zu spüren. Auf Anraten meines Osteopathen und Freundes, und trotz meines Widerwillens, kaufte ich mit ihm zusammen mein erstes Rennrad, übrigens ein Trek 5500, damals der erste Carbon-Monocoque-Rahmen. Ein schöner Rahmen, den ich damals technisch unglaublich fand.
Einige Monate später machten wir uns schließlich mit einigen Freunden auf, um eine lange Tour durch Frankreich in Angriff zu nehmen. Nach fast 30 Jahren ist Radfahren immer noch mein Lieblingssport, vor allem, weil er mich fit hält. Und es ist ein ziemlich magischer Sport: Wenn man ihn ernsthaft genug betreibt, kann man ein gutes Niveau erreichen, und vor allem ist es weniger anstrengend für den Körper als Laufen.

3. Hat Radsport bei der körperlichen Vorbereitung während Ihrer Rennsport-Karriere eine Rolle gespielt?
Nicht wirklich, denn ich habe erst am Ende meiner Karriere mit dem Radfahren begonnen. Aber das Rad hat es mir ermöglicht, sehr schnell fit für mein letztes Jahr in der Formel 1 zu werden (1993; d.Red.). Außerdem ist Radfahren für mich wie eine Therapie: Es gibt die körperliche Seite, aber vor allem die geistige Seite. Man fühlt sich gut, und das ist der Grund, warum ich das Radfahren so magisch finde.

4. Was ist daran magisch?
Ein Beispiel aus dem täglichen Leben: Wenn Sie Probleme haben, denken Sie bei einer Rad-Tour nicht mehr daran, oder die Probleme erscheinen weniger wichtig. Das Tolle an diesem Sport ist, dass er einen dazu bringt, einen Schritt zurückzutreten von dem, was im Leben so vor sich geht.

5. Man nennt Sie schon lange den "Professor", auch im Radsport. Woher kommt dieser Spitzname?
Eine sehr schöne Anekdote, die auf die F1-Weltmeisterschaft 1983 zurückgeht. Damals arbeitete ich mit Michelin-Ingenieuren zusammen, wir versuchten, eine Lösung für ein Reifenverschleiß-Problem zu finden. Entgegen dem Rat der Ingenieure begann ich, verschiedene Gummihärten für vorne, hinten und an den Seiten zu mischen. Aber am Ende hat es funktioniert, und so ist der Spitzname entstanden. Am Anfang war es mir fast peinlich, weil ich dachte, es sei prätentiös, aber nun gibt es diesen Spitznamen seit fast 40 Jahren, und heute bin ich doch ziemlich stolz darauf. Ich hatte schon immer ein Gespür für die Materie, ich analysiere und teste gerne und gebe dann meine Meinung kund - um zu versuchen, etwas zu verbessern. Meiner Meinung nach ist das der Schlüssel zum Erfolg.

6. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach das Material?
Da kommen viele Faktoren ins Spiel: Da ist der psychologische, aber vor allem der technische Aspekt. Als ich mit dem Radfahren anfing, hörte ich manche Leute sagen: "Es gibt kein schlechtes Fahrrad, es liegt nur an den Beinen". Dem kann ich absolut nicht zustimmen. Je nach Praxis, je nach Morphologie, je nach Leistung ist meiner Meinung nach nicht jedes Fahrrad für jeden geeignet.

7. Was ist Ihnen wichtig in Sachen Material?
Wenn Sie die richtige Ausrüstung haben, die richtige Position auf dem Rad, die Komfort und Leistung ermöglicht, werden diese Faktoren automatisch mehr Leistung und Vergnügen auf dem Fahrrad bringen. Das war bei mir auch in der Formel 1 so. Meine Mechaniker haben das Auto jedes Mal gründlich gereinigt, wenn ich in die Garage zurückkam: Für mich war es unerlässlich, ein Auto zu fahren, in dem ich mich wohl fühle.

7. Haben Motor- und Radsport Gemeinsamkeiten?
Absolut! Natürlich kann man Formel 1 und Radsport technisch nicht miteinander vergleichen, aber ich denke, dass die Philosophie dieselbe ist. Vor allem, wenn man den unglaublichen technologischen Fortschritt der letzten Jahre im Radsport sieht. Zum Glück geben die Vorschriften der internationalen Gremien einen Rahmen vor, denn sonst würde es wie in der Formel 1 weitergehen.

8. Sind Sie im Radsport ebenso zu Leistung motiviert wie früher in der Formel 1?
Radsport und Formel 1 waren für mich nie dasselbe. Ich habe erst mit 38 Jahren mit dem Radfahren begonnen, hatte also nicht den gleichen Ansatz. Obwohl ich im Herzen ein Wettkämpfer bin, ist mein Verhältnis zur Leistung nicht dasselbe. Ich habe an vielen Rennen, französischen Meisterschaften und Masters-Weltmeisterschaften teilgenommen, aber Leistung ist für mich immer relativ. Was zählt, ist eher die Freude, die ich in diesem Moment empfinde - das ist mein Vergnügen am Wettbewerb.

9. Wie empfinden Sie den Wettbewerb im Freizeit-Radsport derzeit?
Das Niveau des Amateur-Radsports ist heute, selbst in meinem Alter, extrem hoch. Es gibt immer mehr Menschen, die Zeit haben zu fahren, dann ehemalige Profis und Leute, die sich sehr gewissenhaft vorbereiten. Es ist manchmal wirklich hart zu fahren, ich sehe einen großen Unterschied zwischen dem Radsport in den 90er Jahren und heute.

10. Nochmal zum Material: Welche Räder sind Sie bisher gefahren? Welche Fahrräder haben Sie derzeit?
Ich habe im Laufe der Jahre viele Räder gehabt, mein erstes blaues Trek 5500 habe ich noch immer. Lange bin ich vor allem das Trek Madone SLR gefahren, aber jetzt fahre ich ausschließlich das aktuelle Émonda SLR, das ich wegen seiner Vielseitigkeit für ein wirklich gutes Rad halte. Ich habe viel an meiner Position gearbeitet, indem ich den Lenker und den Sattel angepasst habe. Es ist mir wichtig, ein Fahrrad zu haben, auf dem ich mich gut aufgehoben fühle.

11. Haben Sie die Position auf dem Rad selbst eingestellt?
Vor einigen Jahren wurde ich von Rückenproblemen geplagt. Ich konnte mich auf dem Rad nicht mehr wirklich anstrengen. Meine Ärzten rieten mir, drei Wochen lang aufzuhören. Leider hatte ich nachher noch mehr Schmerzen, und psychisch war es schrecklich. Eines Tages, als ich in meinem Ferienhaus in der Provence war, traf ich während eines Ausflugs unseres Rad-Clubs zufällig Eric. Er ist Inhaber des Fahrradgeschäfts 'Provence 2 Roues' in Saint-Remy-de-Provence. Ich erzählte ihm von meinen Rückenproblemen und wir begannen, gemeinsam verschiedene Faktoren wie das Fahrrad, meine Position und meine Einstellungen zu untersuchen.

12. Was hat Ihnen geholfen?
Eric ist es gewohnt, mit Profis zu arbeiten, und es war für mich beruhigend zu wissen, dass er mit dieser Art von Problemen viel Erfahrung hat. Nach vielen Haltungs-Studien und ein paar Monaten Einstellungs-Arbeit hörten meine Rückenschmerzen endlich auf. Es macht mir wirklich Spaß, mit so präzisen Menschen zu arbeiten, mit denen man sich austauschen kann und die gut zuhören können. Ich glaube, dass man sich immer verbessern kann - und das ist das Tolle am Radsport: Es ist ein ständiger Lernprozess.

13. Haben Sie persönlichen Ziele, die Sie im Radsport noch erreichen wollen?
Ich hatte gerade eine etwas unangenehme Zeit mit einigen Knieproblemen und Müdigkeit. Derzeit konzentriere ich mich auf mein Ziel für dieses Jahr, die Amateur-Weltmeisterschaft im Oktober. Ich werde noch ein paar FFC-Rennen und ein paar andere Radrennen zu fahren, um mich auf die WM-Qualifikations-Wettkämpfe vorzubereiten, die demnächst in der Schweiz stattfinden.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei!

Ale Cubino ist Redakteur beim französischen Jedermann-Radsport-Magazin "CycloSport".

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