15. bis 18. Okt. - vom Vesuv zum Ätna - 1180 km, 26 000 hm - Rennbericht

Two Volcano Sprint: Rennen zwischen zwei Vulkanen

Von Manivelle

Foto zu dem Text "Two Volcano Sprint: Rennen zwischen zwei Vulkanen"
| Foto: Manivelle

23.10.2021  |  Der "Two Volcano Sprint" ist ein Ultra-Ausdauer-Radrennen im Selbstversorger-Modus, das die Starter/innen auf 1180 Kilo- und über 26.000 Höhenmetern zwischen den beiden berüchtigtsten Vulkanen Italiens fahren. Das Rennen startete am 15. Oktober um fünf Uhr morgens in der Stadt Nicolosi am Fuß des Ätna und endete in Ercolano am Vesuv. 100 Fahrer mussten die Strecke innerhalb von 110 Stunden bewältigen, um bei der Finisher-Party dabei zu sein.

Das von der Ultra-Ausdauer-Radfahrerin Juliana Buhring organisierte Rennen findet bereits im dritten Jahr statt; 2021 zum ersten Mal von Süden nach Norden - eine neue Strecke mit etwas mehr Kilometern und viel mehr Höhenmetern; schwerster Berg war der Monte Gelbison im Cilento. Hier der Rennbericht von Manivelle aus Nizza.

Vier Tage, sieben Stunden und sechs Minuten - das ist die Zeit, die ich gebraucht habe, um die fast 1200 km und Anstiege von über 26 000 hm zu bewältigen; mein letztes Bikepacking-Rennens für diese Saison. Wenn man darüber nachdenkt, ist das nicht lang, verglichen mit der unglücklicherweise frei gewordenen Zeit in diesem Jahr. All die abgesagten und verschobenen Rennen, all die Öffnungen und Schließungen von Grenzen - das ließ diese vier Tage irgendwie kurz erscheinen.

Dennoch war die Tour lang und natürlich auch intensiv.
Ein fantastisches Rennen, zusammen mit internationalen, erfahrenen Fahrer/innen, das hielt, was es versprach: rauchende Vulkane, guten Kaffee und tolle Pizzas.

Von Anfang an: Neapel ist so lebhaft wie jede Schmelztiegel-Metropole, mit einer chaotischen Fahrt durch die Vororte, um dem Trubel zu entrinnen - auf unförmigen, regennassen Pflastersteinen und zwischen Müllhaufen, bis man schließlich im Städtchen Ercolano ankommt, dem ‚richtigen‘ Startpunkt am Fuß des Vesuvs.

Ercolano ist ein ruhiger Ort mit guten Gastwirtschaften,
wo die Registrierungs-Prozedur und ein interessantes „Pizza Briefing“ das bevorstehende Abenteuer einleiteten. Ich lerne berühmte Gravel-Rennfahrer kennen - James, Sofiane, Ulrich, Fanny, Adrien, Omar, sie alle sind fähig, dieses Rennen zu gewinnen, sind in anderen Wettbewerben konstant in den Top Ten. Ich sehe viele weitere bekannte Gesichter, Fahrer/innen, mit denen ich bereits etliche Transkontinental-Rennen und andere Langstrecken-Abenteuer geteilt habe.

Beim Aufbruch ist es immer noch dunkel. Der Vesuv ist ein relativ einfacher Anstieg, aber schon im zweiten Anstieg zum Monte Faito fängt das Peloton an, sich ein bisschen auseinanderzuziehen - es werden keine halben Sachen gemacht. Es herrscht von Anfang ein hohes Tempo, und nur ein kurzer Stop, um die Trinkflasche aufzufüllen kostet schon bis zu sieben Plätze - die man jedoch wieder aufholt, wenn die anderen Fahrer/innen Pause machen.

Das „Jo-Jo“ der Platzierungen hält über 24 Stunden
konstant an, und kommt erst am zweiten Tag zur Ruhe. Diejenigen, die bis weit in den zweiten Tag durchhalten, werden es fast alle bis ins Ziel schaffen. Für mich ist das ein Signal, auf welchem Niveau sich die Teilnehmer/innen befinden: "Wenn man in Gang ist, darf man sich nicht kratzen", so ein altes südfranzösisches Rennfahrer-Sprichwort.

In Kalabrien hatte ich raues Gelände erwartet, eine unregelmäßige, harte Herausforderung - belohnt aber mit schönen Straßen, einladenden Cafés und viele Pizzerien. Leider war es nicht ganz so...

Es schlängeln sich kleine Straßen scheinbar endlos
durch die Hügel und Berge, gelegentlich kommen Dörfer - wie ich es mit vorgestellt hatte. Jedoch ist die Atmosphäre rau und ärmlich, streunende Hunde tauchen zwischen umgekippten Mülltonnen auf und jagen die Radfahrer/innen. Auch hier hat Santa Corona ihre  Spuren hinterlassen, und nur wenige Gastwirtschaften haben geöffnet, meist ohne Pizzas.

Es Mitte Oktober, trotzdem herrschen milde Temperaturen, die Sonne scheint. Allerdings herrscht hohe Luftfeuchtigkeit, und der Wechsel zwischen heiß und kalt, je nachdem ob man klettert oder abfährt, macht einem zu schaffen.Zudem sind die schier endlosen Anstiege leicht demoralisierend, der latente Feind mit Namen „Zweifel“ tritt auf. Das Gegenmittel: einfach weiter fahren und alles Positive auf dem Weg genießen.

Und was man erklimmt, kann man wieder herunterfahren.
Die Hunde? – einfach schneller zu fahren. Die Feuchtigkeit? – öfter mal Klamotten wechseln- Nicht zu vergessen: die köstlichen Panini... einen sofort essen, der zweite in die Tasche, für später. Was den Kaffee angeht: Wenn die Cafés geschlossen sind, bieten nicht selten Einheimischen gerne feinen Kaffee an.

Dann am Ende des dritten Tages die letzte Teilstrecke auf dem italienischen Festland: Auf rund 1000 Metern kommt das Meer wieder in Sicht. Mit atemberaubender Geschwindigkeit geht es Vollgas herunter in die Meerenge von Messina, zur Fähre, um nach Sizilien zu gelangen.

Zwei Arancinis, leckere Reisbällchen mit Hackfleisch-Füllung,
und drei Sodas – für mehr ist auf der Fähre keine Zeit. Ich muss die erste Strecke auf der Insel sofort nach der Ankunft in Angriff nehmen, weil ich die andere Seite der Insel erreichen will, bevor es dunkel wird. Dann geht's ein paar Kilometer am Meer entlang, in den Abend hinein.

Der nächste, der letzte Tag - alles ist da: Das Morgenlicht, belebte Dörfer, Anfeuerungen im Aufstieg zum Vulkan, der seit ein paar Tagen grollt und Rauch ausstößt. Der Ätna ist orange gefärbt von den Sonnenstrahlen und dann rau, schwarz wie sein Gipfel. Er ist genauso, wie ich es mir erträumt hatte: ein sanfter Schurke.

Die Südseite ist hart; der Giro ist hier nicht gefahren,
die Veranstalter wählten die andere Seite. Der Untergrund ist hier und da aufgerissen und rau, das zehrt an den Kräften. Dann wird der Anstieg sanfter - als ob der Berg es einem danken würde, dass man ihn besucht. In der Abfahrt hat man die scharfkantigen Felsen zur Linken und die See zur Rechten - man fährt volles Tempo.

Mich empfangen an der Ziellinie: Jubel, Bier, Witze und Freunde. Am Ende erreichte ich Platz 26. Alles hatte seinen Rhythmus - und ich habe das Gefühl, dass ich jetzt schon nicht bis zur nächste Saison warten kann...

Der Autor Manivelle ist Mitarbeiter der Radbekleidungs-Schneider Café du Cycliste aus Nizza. Besten Dank an CdC für die Übernahme des Artikels aus ihrem Web-Magazin "La Gazette" (siehe 2. Link).

Weitere Jedermann-Nachrichten

13.10.2024Mecklenburger Seen-Runde: “Jede/r kann 300 Kilometer schaffen!“

(rsn) - Wer schon länger eine 300-km-Radrunde auf der Liste hat, der sollte sich mal die Mecklenburger Seen-Runde genauer anschauen: Weitgehend flach, nur gelegentlich wellig geht´s entspannt durc

08.10.2024Münsterland-Giro: Zum Finale zweimal Podium

Traditionell findet das Saison-Finale des German Cycling Cup, der Münsterland Giro, am Tag der Deutschen Einheit statt. An den Start in Münster gehen über 125 km neben den bekannten Teams aus der S

03.10.2024Cyclocross Cup Rhein Neckar: Sechs Rennen im Südwesten

(rsn) - Der "Cyclocross Cup Rhein Neckar" ist eine Serie mit sechs Rennen im Südwesten Deutschlands. Am 13. Oktober startet die vierte Ausgabe in Baiersbronn, gefolgt von fünf weiteren Stationen i

01.10.2024Velo Grand Prix: Platz drei - bei drei Grad und Nebel

Gute Laune Sport e.V. heißt der Veranstalter des Velo Grand Prix - doch der Blick aufs Thermometer sorgte am vergangenen Sonntag Morgen in Bad Salzungen nicht für gute Laune: Drei Grad und Nebel w

11.09.2024Stevens Cyclo-Cross-Cup 24/25 mit 14 Rennen

(rsn) – Während die Cross-Bundesliga am vergangenen Wochenende in Bensheim bereits begonnen hat, startet mit dem Stevens Cyclo-Cross-Cup Ende September auch die zweite große deutsche Querfeldein-S

10.09.2024Riderman: Team Strassacker mit zwei Tagessiegen

Früher als sonst standen für das Team Strassacker am vergangenen Wochenende mit den drei Etappen des Riderman schon die letzten Rennen der Saison 2024 an. Zum Abschluss dreier aufeinander folgender

06.09.2024ACL Gravelday: Keine Langeweile - in drei Bundesländern

(rsn) - Vier Strecken durch drei Bundesländer: Bei der dritten Ausgabe des "ACL Gravelday" am 29. September startet man in Haselbach in Thüringen, fährt durch Sachsen, weiter durch Sachsen-Anhalt u

05.09.2024Ötztaler Radmarathon: Ein Fahrer fehlte für das Podium

225 Kilometer, vier Alpenpässe, 5500 Höhenmeter - der Ötztaler Radmarathon gilt als eines der härtesten Jedermann-Rennen weltweit. Eine Herausforderung, der sich auch das Team Strassacker am verga

05.09.2024UCI Gran Fondo WM: Alles versucht, aber nichts gewonnen

Das absolute Saison-Highlight sollte die UCI-Gran-Fondo-Weltmeisterschaft in Aalborg für die fünf Strassacker-Fahrer Timo Dahlheimer, Ben Witt, Jannis Wittrock, Dennis Biederer und Fabian Thiele wer

04.09.2024Ötztaler Radmarathon: VeloLease siegt in der Team-Wertung

Am vergangenen Sonntag fand zum 43. Mal der Ötztaler Radmarathon statt, eines der härtesten Eintagesrennen für Amateure in Europa: harte 228 Kilometer, gespickt mit knapp 5500 Höhenmetern. Mit dab

01.09.2024Balatonfondo: Auf den Strecken des Giro 2022

Mehr als 1300 Teilnehmer gingen beim ersten Balatonfondo im vergangenen Jahr an den Start. Und auch dieses Jahr lockt die Region nördlich des Plattensees in Ungarn wieder mit dem gut organisierten Re

27.08.2024Deutschland-Tour Jedermann: Team Strassacker mit “Must-Win“

Die "Cycling Tour", das Jedermann-Rennen der Deutschland-Tour, ist jedes Jahr aufs Neue ein "Must-Win“ für das Team Strassacker - wurde die Equipe in Celeste doch vor über 20 Jahren anlässlich di

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine