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15.07.2022 | Die verdammte Tretmühle des Alltags hat unsere Rücken gekrümmt, mit Schreibtischen, Tastaturen und Kaffeetassen... Doch das Wochenende naht! Eigentlich sollten wir uns freuen, doch stattdessen packt uns die Angst. Was sollen wir tun, um diese heilige Zeit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen? Eine Fahrrad-Tour mit der polnischen Staatsbahn? Die Idee erscheint uns ebenso absurd wie andere Vorschläge, die nur im Fall eines ewigen Lebens in die Tat umgesetzt werden können - Amen;-)
Also beginnen wir, unsere Schotter-Räder ins Auto zu packen, und fügen einfach mal Schlauchboote, Paddel,
Schwimmwesten und uns selbst hinzu. Alles, was dann noch zu tun blieb, war, ins Auto zu steigen und nach Norden zu fahren. Ankunft in Przedborz, eine kleine, ruhige und verschlafene Stadt in Zentral-Polen. Eigentlich kein ausreichender Grund, das Auto anzuhalten, doch der Fluss Pilica, der durch die Stadt fließt, lockt... Wir machen uns auf den Weg zu dem kleinen Stadtpark am Fluss, werfen unsere Rucksäcke auf den breiten Steg - die Startlinie für das Abenteuer, das Rafting ins Ungewisse.
Nun beginnt die mühsame Arbeit des Aufblasens. Nur mit Luft gelingt es uns, die beiden Expeditions-Schlauchboote mit Namen "Pinpack" in Form zu bringen, Wunderwerke des Wassers, mit einer Tragkraft von 300 Kilogramm. Nachdem wir unsere Schwimmwesten angelegt, die Paddel montiert und die Fahrräder befestigt hatten, wird unsere Beziehung zum Fluss offiziell. Packrafting, wie sich diese Art des Flussreisens nennt, schließt ein Grundproblem des Reisens aus: Man wird sich nie verirren, und früher oder später ans Ziel kommen (sofern das nicht entgegen der Strömungsrichtung liegt;-). Bald besteigen wir mit einem breiten Lächeln die Schlauchboote, und nach nur wenigen Paddelschlägen befinden wir uns auf den Gewässern des Abenteuers...
Der Fluss Pilica, der sich seines Tiefland-Charakters
offensichtlich nicht bewusst ist, reißt uns mit einer schnellen Strömung mit. Schuld daran ist der hohe Wasserstand, verursacht durch die anhaltenden Regenfälle der vergangenen Tage. Der Pilica ist aufgrund seines sauberen Wassers, seines unregulierten Verlaufs und seiner Tierwelt einer der interessantesten Wasserwanderwege Polens. Die vorangegangenen Regenfälle und die schlechte Wettervorhersage tragen dazu bei, dass der Fluss ruhig und menschenleer ist. Er führt uns entlang der Mäander des Flusses, durch grünen Schilf und tief hängende Ästen. Die Wasservögel, die sich wohl über unsere Anwesenheit wunderten, hören nicht auf, auf den Wellen zu surfen - bis sie im letzten Moment auffliegen, wie um zu zeigen, dass unsere Anwesenheit hier fehl am Platz ist.
Dann ist die Sonne müde (wie wir) - zu müde, um gegen die Schwerkraft anzukämpfen, und so senkt sie sich gegen den Horizont und erinnert uns daran, dass es an der Zeit ist, einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden. Eine hohe Sandbank an der Flussbiegung wartet auf uns, und als wir das Ufer erreichen, beschließen wir, dass wir wahrscheinlich nichts Passenderes finden werden. Rund ein Dutzend Höhenmeter sollen uns vor Feuchtigkeit, niedrigen Temperaturen und stickiger Luft bewahren - und uns einen atemberaubenden Blick auf das Tal des Flusses Pilica ermöglichen.
Wir machen ein kleines Feuer,
legen ein paar Camemberts und Würstchen auf den Grill, fügen ein paar Portionen gefriergetrocknete Mahlzeiten hinzu. Als Dessert gibt's ebenso Gefriergetrocknetes, dann kuscheln wir uns in die Schlafsäcke - und schlafen bald tief und fest. Die Kälte weckt uns, die zusammen mit dem Morgennebel Feuchtigkeit ins Zelt drückt. Wir stehen auf, und jubeln bald mit Bechern dampfenden Kaffees in der Hand der Sonne zu, die mit langen Strahlen den Morgennebel durchbricht.
Wir lassen uns viel Zeit, und sind schließlich wieder auf dem Fluss. Um Mittag beginnen wir nach einer Stelle Ausschau zu halten, wo wir einen Fuß an Land setzen können, um auf unsere Räder zu wechseln. Doch die Kilometer vergehen und der Fluss will uns nicht entlassen...
Endlich erreichte wir eine Lichtung am Fluss, um unsere Schotter-Räder auszupacken, die bisher an den Booten befestigt waren. Mühsam packen wir unser gesamtes Gepäck auf die Räder und in die Rucksäcke. Die Vielzahl der Befestigungspunkte am Stahlrahmen des Rondo Bogan ST ist toll (ein wenig Eigenwerbung;-), und mit Bändern, Riemen, Taschen, Klammern bringen wir wackelnd und fluchend alles unter. Die Freiheit wollen wir jetzt voll nutzen, und endlich neue Wege finden.
Dank der 2,2-Zoll-Reifen auf unseren Rondos
bewältigen wir befestigte Straßen, Schotterwege, mit Baumwurzeln durchsetzte Trails und sandige Schotterwege problemlos. Das abenteuerlustige Bogan mit seinen 29-Zoll-Laufrädern lässt keinen Zweifel daran, dass dies sein natürlicher Lebensraum ist. Wir fahren in Richtung Sulejow und geniessen die Fahrt; mehrere Dutzend Kilometer lang hofften wir insgeheim, dass wir in der Stadt die Zivilisation und ihre Vergnügungen finden werden. Doch dann merken wir, wie falsch wir lagen: Sulejow hält sich streng an die Covid-Beschränkungen und ist völlig stillgelegt (die Tour wurde im vergangenen Sommer gefahren; d.Red.).
Es wird immer dunkler, und uns bleibt nichts anderes übrig, als unsere Stirnlampen einzuschalten und bis zum Ausgangspunkt unseres Abenteuers zurückzufahren. Mitten in der Nacht erreichen wir Przedborz, es ist genauso menschenleer wie bei unserem Start. Wir kommen an diversen Bildstöcken vorbei, die kleine Stadt ist von ihnen umgeben: Heiligtümer, die während einer Cholera-Epidemie zum Schutz der Einwohner um die Stadt herum errichtet wurden. Das beruhigt uns ein wenig, da wir Przedborz in Zeiten der Covid-19-Pandemie besuchen...
Janek Ulatowski ist Marketing-Manager beim Fahrradhersteller Rondo aus Danzig/ Polen.
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