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26.08.2022 | Am vergangenen Wochenende, oder genauer vom 18. bis 22., fand nach zwei Jahren Pause endlich wieder der Radweltpokal in St. Johann statt. Bei der inzwischen 54. Austragung konnten die Radsportler/innen am Fuß des Wilden Kaisers und des Kitzbüheler Horns auf schönen Strecken in diversen Rennen um Weltmeistertitel der World Masters Cycling Federation kämpfen. Das besondere bei der „Masters-WM“ ist, dass es auch Rennen für Fahrer/innen unterhalb der eigentlich Masters-Klasse (ab 30 Jahre) gibt und das neben Lizenz-Fahrern auch Jedermänner/ Jedefrauen an den Start gehen können.
Der Wettbewerb startete am Donnerstag und Freitag mit den Straßenrennen
in allen Altersklassen. Am Samstag ging es weiter mit dem "Airport Sprint", ein 1000-m-Zeitfahren, und dem Berg-Sprint, einem Bergzeitfahren über 2,7 km mit 316 hm. Sonntag folgten die Rennen der U13 bis Junioren-Klasse und der Vintage-Fahrer/innen auf Rennrädern mit Stahlrahmen bis max. Baujahr 1988, bevor am Montag ein Zeitfahren über 20 km die Veranstaltung abschloß.
Ich startete in diesem Jahr gleich bei zwei Straßenrennen: Sowohl in meiner eigenen Altersklasse 50 bis 54 Jahre, als auch tags darauf im Rennen der AK 45 - 49. Denn diese Besonderheit gibt es in St. Johann: Man darf auch im Rennen einer jüngeren Altersklasse starten. So hatte ich gleich doppelten Spaß...
Zunächst ging es am Donnerstag im Rennen
meiner eigentlichen AK zweimal auf den WM-Rundkurs mit 75 km und gut 500 Höhenmetern. 1,5 km nach der Start-/ Zielgeraden fährt man auf die 36 km lange Schleife, die je nach Altersklasse ein- bis dreimal zu durchfahren ist. Direkt zu Beginn erwartet die Fahrer/innen die „Huber-Höhe“, ein terassenförmiger, 2,2 km langer Anstieg mit rund 100 hm. Es folgen zehn Abwärts-Kilometer bis zum zweiten Anstieg in Schwendt. Hier geht es noch einmal über 1,2 km mit 60 hm aufwärts, dann folgt die Abfahrt nach Kössen und der Rückweg Richtung St. Johann.
Auf dem Weg nach Schwendt setzte sich ein Fahrer ab, der dann, immer in Sichtweite des Feldes, mit rund 500 m Vorsprung die zweite Überfahrt der Huber-Höhe in Angriff nahm. Im Peloton setzte sich der Deutsche Torsten Petelski an die Spitze der Verfolger und sorgte dafür, dass das Feld hinter ihm explodierte. Ich hatte meine liebe Mühe, an ihm dran zu bleiben und mit der fünftbesten Strava-Segment-Zeit fuhren wir nach vier Minuten mit acht Fahrern über die Kuppe. In der Gruppe befanden sich auch vier Italiener, die bekannt dafür sind, auf den Flachstücken keine Führungsarbeit zu leisten. Sie machten auch hier ihrem Ruf alle Ehre, so dass von hinten zwei Fahrer aufschließen konnten (die später die Plätze eins und zwei belegten).
Den bis dato Führenden hatten wir mittlerweile
eingeholt, und so fuhren jetzt elf Fahrer in den Anstieg in Schwendt. Im Steilstück verschärfte Petelski noch einmal das Tempo und riß ein Zehn-Meter-Loch. Ich wartete einen kurzen Moment, setzte dann nach und attackierte über die Kuppe, bis in die Abfahrt nach Kössen hinein. Das Loch wurde größer und größer, in der Ebene hatte ich gut 200 m Vorsprung. Doch ausgerechnet ein Landsmann, der bärenstarke Petelski, setzte sich an die Spitze der Verfolger und verringerte den Abstand Meter um Meter. Kurz vor der Wende nach St. Johann nahm ich das Tempo raus, um im folgenden kurzen Gegenanstieg nicht zu explodieren und abgehängt zu werden.
Wir fuhren nun als Gruppe zurück Richtung Ziel. Es gab zwar noch vereinzelte Angriffsversuche, aber alle Attacken wurden neutralisiert - und so kam es zum Sprint einer zehn Fahrer starken Gruppe. Da das Finish nicht meine Stärke ist, versuchte ich die Gruppe mit einem langen Sprint zu überraschen, bereits 400 m vor dem Ziel gestartet. Doch die Fahrer waren aufmerksam, setzten sich direkt an mein Hinterrad und es wurde ein wirklich langer Sprint. 100 m vor der Ziellinie schliefen mir die Beine ein und ein Fahrer nach dem anderen zog an mir vorbei. Letztendlich wurde es Platz sechs für mich, da hatte ich mir im Vorfeld ein bisschen mehr erhofft. Doch die Konkurrenz war stark und der Sieger Edwin Raats, mehrmaliger Masters-Weltmeister im Cyclocross, ist kein Unbekannter in der Szene.
Doch jetzt hatte ich Lust auf mehr bekommen.
Nachdem am Freitag Morgen klar war, das die angekündigten Regenfälle frühestens gegen Ende des Rennen aufkommen würden, stand mein Entschluss fest, es direkt noch einmal im Rennen der jüngeren AK zu versuchen. Ausnahmsweise wurde dieses Rennen zusammen mit der noch jüngeren AK 40 - 44 zusammen gestartet, da das Starterfeld in dieser Rennklasse für einen eigenen Start zu gering war.
Doch in den AKs unter 50 Jahren hieß es, drei Runden über den WM-Kurs zu fahren, 111 km und 780 hm. Die eine Runde mehr sorgte dafür, dass das Rennen zu Beginn sehr verhalten gefahren wurde. So konnte sich kurz vor Schwendt ein einzelner Fahrer ohne große Mühe absetzen, er geriet schnell außer Sichtweite. Erst bei der zweiten Überfahrt an der Huber-Höhe wurde es schneller und das Feld dünnte aus. Doch noch immer ging es mit zahlreichen Fahrern in den Anstieg nach Schwendt.
In dieser Renn-Phase attackierten viele Fahrer,
insbesondere der Italiener Alfonso d’Errico und der Belgier Kenneth Mercken taten sich hier hervor. D’Errico hatte die Weltmeister-Streifen am Trikot und Mercken ist auch kein Unbekannter. Ich blieb daher hellwach und ging die Attacken entweder mit, oder achtete darauf, wie das Feld reagierte. Der Italiener zog dabei eine große Show ab: Bei jeder vereitelten Attacke beschwerte er sich wort- und gestenreich, als wäre es selbstverständlich, ihn ziehen zu lassen. Wenn dann mal eine kleine Gruppe stand, tat er selbst allerdings gar nichts für die Führungsarbeit. So wurden alle weiteren Attacken vereitelt.
Mit der dritten und letzten Überfahrt der Huber-Höhe wurde es dann spannend. Zur Hälfte des Anstiegs setzten sich drei Fahrer langsam nach vorne ab, der Rest des Feldes wartete ab. Auch ich hielt die Füße zunächst still; das war zwar Risiko, aber die einzige Möglichkeit, mit nur einer kleinen Gruppe in die Abfahrt zu gehen. Am vorletzten Steilstück attackierte ich dann und d’Errico klebte an meinem Hinterrad. Als wir auf das nächste kurze Flachstück kamen, animierte ich ihn zur Führung, aber natürlich kam nichts.
Ich hielt das Tempo hoch, und bald
hatten wir die Flucht-Gruppe erreicht. Zusammen ging es über die Kuppe, und auf den folgenden Kilometern bis Schwendt arbeitete die Gruppe einigermaßen zusammen: Aus jeder der beiden Altersklassen waren zwei oder drei Fahrer vertreten, ein Platz auf dem Podium war also jedem sicher. Dachte ich zumindest - aber da hatte ich die Rechnung ohne den Spitzenreiter gemacht, der nun schon seit zwei Runden alleine vor uns fuhr.
In Schwendt gab es noch den kurzen Versuch einer Attacke, die jedoch erfolglos blieb. In der Abfahrt kam der erste größere Regenschauer, so dass auf nasser und rutschiger Fahrbahn an weitere Attacken nicht zu denken war. Kurz darauf holten wir endlich den Führenden ein, der aber in meiner AK fuhr, so dass sich jetzt vier Fahrer ums Podium stritten. Das führte auch dazu, dass die Gruppe bei jeder meiner folgenden Attacken alles tat, um das Loch wieder zuzufahren. So kam es auch heute wieder zum Sprint. Ich wartete diesmal länger, verpasste es dann aber, den Sprint zu eröffnen und hatte einfach nicht die Beine, um besser als Platz vier abzuschneiden. Gewonnen hat natürlich der kleine Italiener d’Errico...
Während sich andere Fahrer/innen dann
am Wochenende ihre Lorbeeren beim Airport-Sprint oder Berg-Sprint verdienten, genoss ich zwei Ruhetage und bereitete mich auf das Zeitfahren am Montag vor, wo ich als Titelverteidiger an den Start ging; 2019 war ich noch in der jüngeren AK 45 - 49 gestartet. Es gab teilweise also neue Konkurrenten und für mich inzwischen auch ein neues Rad. Mit diesem Setup war ich im Juni bereits bei der NRW-Meisterschaft erfolgreich gewesen, doch wie ich mich hier auf der großen Bühne würde schlagen können, war mir noch nicht ganz klar.
Der Zeitfahr-Kurs startet in Erpfendorf, einem Vorort von St. Johann, und führt über zehn Kilometer relativ gerade und fast flach Richtung Reit im Winkel im Norden. Einzige Schwierigkeit ist ein kurzer Anstieg mit rund 25 hm, einen Kilometer vor der Wende. Der kann einen ziemlich aus dem Konzept bringen, und ich fragte mich, wie man ihn am besten angeht: Einfach seine Pace beibehalten oder am Anstieg ein bisschen mehr investieren? Das habe ich auch diesmal getan, denn bisher hierher lief es einfach fantastisch. Es war zwar leichter Gegenwind aus Norden angesagt, aber davon war nichts zu spüren.
Ich flog die ersten Kilometer nahezu dahin.
Mein Computer zeigte mir ständig Geschwindigkeiten von 52 bis 54 km/h an und ich hatte mich schnell in einen Flow gefahren. Dann kam der Anstieg, ich investierte gut 40 Watt mehr als zuvor. Das lief bis dahin noch recht gut, doch ich brauchte ein bisschen länger als erhofft um mich davon zu erholen: Es dauerte zu lange, um wieder Fahrt aufzunehmen. Dafür bot die Wende gleich anschließend die Möglichkeit, sich für zehn Sekunden zu erholen und das Rad einfach rollen zu lassen.
Nach der Wende hieß es dann zügig und gleichmäßig Fahrt aufnehmen. Einen Kilometer später kommt wieder die kurze Abfahrt, wo ich mich in den letzten Jahren immer kurz erholte, indem ich es einfach rollen ließ. Doch in diesem Jahr hatte ich ein 60er-Kettenblatt montiert, damit konnte ich meinen Gang durchtreten. Zwar ging die Wattleistung nach unten, doch mit deutlich über 70 km/h war ich hier ein ganzes Stück schneller als in den Vorjahren.
Im Folgenden wollte es dann aber nicht mehr
laufen wie gewünscht. Noch sieben Kilometer stand auf dem nächsten Schild - und die zogen sich wie Kaugummi. Ich konnte einfach nicht mehr die gleichen Werte wie auf dem Hinweg treten, sondern lag immer gut 10 bis 20 Watt darunter. Jetzt meldete sich der innere Schweinhund: Jeder Tritt wurde zur Qual, der Schweinehund flüsterte: "Hör doch einfach auf!"
Doch irgendwie kämpfte ich mich durch diesen Tunnel des Schmerzes, konnte auf den letzten 1,5 Kilometern nochmal alle Reserven mobilisieren und die Watt-Werte wieder steigern. Dann war ich endlich im Ziel. Mein Computer zeigte mir eine Zeit von 24 m 45 s an - eine echt gute Zeit, in etwa da, wo ich auch 2019 gelandet war. Doch ich hatte erst ein ganzes Stück hinter der Ziellinie auf Stop gedrückt. Irgendjemand sagte mir dann, dass ich in Führung liege, und mit 24 m 31 s ins Ziel gekommen sei. Doch die Anzeigetafel war ausgefallen und die ausgehängten Ergebnislisten zeigten zunächst nur die Ergebnisse der ersten fünf gestarteten Fahrer an.
Es dauerte eine Weile, bis schließlich feststand,
dass ich tatsächlich mit der genannten Zeit und einem Schnitt von 49 km/h gewonnen hatte, mit fast einer Minute Vorsprung auf den Zweitplatzierten Dirk Esser aus Aachen. Es war fast wieder ein bisschen NRW-Meisterschaft, denn dort hatten wir den gleichen Zieleinlauf hingelegt. Am Abend ging es dann zur Siegerehrung auf der Medal Plaza im Herzen von St. Johann, was mir jedes Mal Gänsehaut-Feeling verleiht: Etwas ganz Besonderes, mit dem Hissen der Landesflagge und dem Spielen der National-Hymne. Mit Weltmeister-Trikot und Pokal im Gepäck blieb mir anschließend noch die längste Fahrt dieses Wochenendes anzutreten: die Heimreise nach Köln - immerhin nicht mit dem Rad...
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