Judith Haudums Sporternährungs-Blog

Trainingslager - auf spanische Art

Von Judith Haudum

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| Foto: sportNutrix

27.08.2022  |  August ist Vuelta-Zeit - und nicht nur die Profis sind momentan in Spanien unterwegs, auch viele Freizeit-Rennradler/innen sind auf der iberischen Halbinsel und legen ordentlich Kilometer zurück. In Sachen Ernährung gibt es bei den Profis kaum spanische Gerichte, die Mahlzeiten in Renn-Perioden richten sich nach anderen Prinzipen, so bleibt die lokale Küche meist eine Ausnahme.

Hobby-Rennfahrer/innen haben da andere Möglichkeiten,
und gibt es wunderbare spanische Gerichte, die auch für Radler/innen gut geeignet sind. Von meinen Klient/innen habe ich schon viele unterschiedliche Küchen kennenlernt, und vor allem in kleinen Familien-Restaurants habe ich immer wieder tolle und interessante Rezepte gefunden, die ich gerne mit nach Hause genommen habe und dann ausprobiere. Manches kann ich direkt übernehmen, bei anderen muss je nach Training die Kohlenhydrat-Zufuhr angepasst werden. Und auch für traditionelle spanische Rezepte gibt es Platz.

Das Frühstück kann in Spanien sehr unterschiedlich ausfallen - vom Café con Leche (Milchkaffee) mit Bollo (süßes Gebäck) über ein Pitufo (getoastetes Weißbrot) bis zum Bocadillo (Sandwich) ist alles möglich. Ich denke bei Radler-Frühstück immer daran, dass die Trainings-Einheit noch bevorsteht. Daher sollte es reich an Kohlenhydraten sein, dazu leicht verdaulich und neben gesunden Fetten auch Eiweiß enthalten.

Ensaimada ist ein beliebtes Weizen-Gebäck,
das vor allem auf Mallorca zu finden ist. Das zu Spiralen gedrehte Gebäckstück gibt es in vielen Variationen, klein oder groß. Hauptzutaten sind Mehl, Wasser, Hefe, Zucker, Ei und Butter. Je nachdem, wie viel Butter (oder auch Schmalz) verwendet wird, kann es recht fettreich sein. Die leichten Varianten eigenen sich gut für den Start in den Tag, etwa Rezepte mit Honig, was den Kohlenhydrat-Anteil noch etwas erhöht - eine gute Variante fürs Training. Auch lecker und prima für Radler/innen zum Start in den Tag: Frangollo - ein Hirsemehl-Gebäck mit Milch, Eiern, Zucker, Rosinen und Zimt.

Wer es nicht so süß mag, der kann auch eine Tortilla de Patatas wählen. Kartoffeln sind gute Kohlenhydrat-Lieferanten, leicht verdaulich und sehr nährstoffreich. Die Kraft der Kartoffel wird oft unterschätzt, aber sie ist ein tolles Lebensmittel, das vielfältig einsetzbar ist. Tortillas de Patatas enthalten neben Kartoffeln auch Eier und liefern daher eine gute Menge an Eiweiß mit.

Ist man länger auf den Rad unterwegs,
wird meist auch mal in einer netten Bodega oder einem Restaurant eingekehrt. Polenta, Reis und Kartoffeln sind dabei eine gute Wahl, um dem Körper für den zweiten Teil der Radrunde die nötige Energie zu verabreichen. Die schnelle Variante des Mittagessens sind die zahlreichen Sandwiches und Tortillas - aber dabei ist oft der Kohlenhydrat-Anteil nicht ausreichend. Als Ergänzung kann man noch eine Süßspeisen auswählen: Warum nicht ein Kaffee und eine Magdalena? Die eigenen sich übrigens auch für unterwegs: Ein paar kleine Magdalenas in einer Dose sind eine gute Option, die Muskeln unterwegs mit Kohlenhydraten zu versorgen.

Hat man mehr Zeit, dann ist Pescado al Horno eine gute Wahl. Fisch im Ofen gebacken ist schonend zubereitet, mit wenig Fett und meist mit Kartoffeln und Gemüse serviert - eine leicht verdauliche Speise, gerade recht zwischen Vormittags- und Nachmittags-Runde. Geht der Nachmittag länger, werden oft die Beine schwer. Dann lohnt ein kleiner Halt in einem Café, auf ein Eis, das den Körper mit etwas Zucker versorgt und ihn gleichzeitig kühlt. Oder einen Kaffee mit einer Tarta de Queso, eine Art Käsekuchen - ein feiner Snack auch zwischendurch, wenn’s nicht so richtig schnell die Berge hoch und runter gehen soll...

Am Ende des Tages sollte dann die Regeneration
für den nächsten Tag unterstützt werden. Wer hat nicht schon erlebt, wie schwer die Beine sind, weil nach der langen Ausfahrt am Vortag die Energiezufuhr am Abend nicht optimal war. Um das zu vermeiden, sollte nicht an Kohlenhydraten gespart werden. Im Sommer Spaniens sind dazu Berenjenas rellenas eine gute Wahl, gefüllte Auberginen, mit Getreide und Gemüse oder auch Gemüse und Hackfleisch; ein Stück Brot dazu erhöht die Kohlenhydrat-Menge.

Die spanische Küche verarbeitet auch viel Geflügel, Kaninchen oder Kalb, zum Beispiel Pollo con Naranja y Menta, Hähnchen mit Orange und Minze - ein herrliches Gericht. Auch eine Paella hat ihren Platz - je nach Rezeptur aber eher nicht für härtere Trainingstage, weil manche Zutat, etwa Muscheln, doch recht schwer verdaulich ist. Als Nachspeise passt eine Tarta de Santiago zum Radler-Abend-Menü, ein leckerer Mandelkuchen.

Wichtig ist an Trainingstagen natürlich auch
die ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Frische Fruchtsäfte gibt es an vielen Ecken Spaniens, die kann man verdünnt prima als Getränk für unterwegs mitnehmen. Und in der spanischen Hitze unterwegs genügend Wasser trinken, um nicht zu dehydrieren. Darf es am Abend dann ein Glas Wein sein? Wenn man in einer Wein-Region mit dem Rad unterwegs ist, kommt man daran kaum vorbei - und ein Glas zum Abendessen schadet der Regeneration nicht.

Traditionelle, gehaltvollere Gerichte empfiehlen sich eher für den Ruhetag, zum Beispiel die Sopa Mallorquina, ein leckerer Eintopf, früher ein Essen für arme Bauern, aber ein herrliches Gericht, das den Körper mit vielen Nährstoffen versorgt. Buen provecho, guten Appetit!

Judith Haudum ist Sport- und Ernährungs-Wissenschaftlerin sowie Gründerin des Beratungs-Instituts "sportnutrix" in Hallein im Salzburger Land. Sie arbeitet mit diversen UCI-WorldTour- und Women's-WorldTour-Fahrer/innen, dem Österreichischen Radsport-Verband und weiteren Sportverbänden. Judith berichtet exklusiv auf radsport-news.com alle drei Wochen über neue Erkenntnisse aus der Sporternährung.

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