Rennbericht Team Strassacker

Tour d’Energie: Jael Heinrich und Moritz Beinlich gewinnen

Von Fabian Thiele

Foto zu dem Text "Tour d’Energie: Jael Heinrich und Moritz Beinlich gewinnen "
Jael Heinrich (r) und Moritz Beinlich | Foto: Team Strassacker

26.04.2023  |  Vor einem Jahr hat das Team Strassacker den sicher geglaubten Sieg im Finale der Tour d'Energie in Göttingen noch aus der Hand gegeben... So war noch eine Rechnung mit dem ersten Rennen im GCC-Kalender offen. Und mit einer starken, mannschaftlich geschlossenen Leistung konnte das Team nun einen Erfolg auf ganzer Linie verbuchen: Jael Heinrich gewann bei den Frauen und Moritz Beinlich bei den Männern. Hier der Rennbericht von Team-Fahrer Fabian Thiele: 

Beim Aufstehen hatte der Blick aus dem Fenster nichts Gutes verhießen, doch pünktlich zum Start kam in Göttingen die Sonne hinter den Wolken hervor. Um kurz vor elf Uhr setzte sich das Fahrerfeld bei nun perfektem Rennwetter und trockenen Straßen in Bewegung. Anders als in den Vorjahren war die Startphase nicht allzu hektisch und bei leichtem Gegenwind auf den ersten 30 Kilometern blieben Attacken eher selten. Vielleicht lag es auch daran, dass unser Team sich früh im Rennen mit mehreren Fahrern an die Spitze des Feldes setzte und ein gleichmäßiges Tempo anschlug.

Unser Ziel war es, das Feld bis zur Rennmitte, zum Anstieg im Bramwald zusammenzuhalten und dort mit unseren starken Bergfahrern in die Offensive zu gehen. Die beiden Rampen nach Deiderode und Meensen verliefen wie so oft bei der Tour d'Energie ohne entscheidende Vorstöße. Mit hohem Tempo stürzte sich das Feld dann hinab ins Tal von Hann, nach Münden. Nach 50 Kilometern war bis auf einen kleinen Ausflug von Baroudeur (Ausreißer; d.Red.) Martin Nitzschmann, der gemeinsam mit Moritz Dehnert (Team DKS) weggefahren war, noch alles zusammen.

Der fünf Kilometer lange Anstieg im Bramwald sollte das Rennen dann komplett verändern: In der Teambesprechung vor dem Rennen hatten wir uns vorgenommen, schon ab dem Fuß mit Vollgas zu fahren und oben zu schauen, wie viele Fahrer dem Tempo würden folgen können. Gesagt, getan: Ben Witt, Jannis Wittrock und Joscha Weber katapultierten die Kapitäne mit hohem Tempo in den Anstieg. Bereits nach einem knappen Kilometer setzte sich eine kleine Spitzengruppe ab, und nach gut elf Minuten Klettern bestand die Spitze auf der Kuppe nur noch aus vier Fahrern: Der Vorjahres-Vierte Timo Dahlheimer, GCC-Titelverteidiger Moritz Palm, Neuzugang Moritz Beinlich (alle Team Strassacker) und Marius Sievers (Team La Onda).

Dahinter zerfiel das Feld in viele kleinere Gruppen. Die schnellste Verfolgergruppe um Jonas Kahler und Jonas Brzenczek schaffte bis zur Ortschaft Dransfeld den Anschluss, sodass sich eine zehnköpfige Spitzengruppe auf den Weg zum Fuß des Hohen Hagens  machte, der letzten Berg des Tages, und klassischer Scharfrichter bei der Tour d’Energie.

Hier schlug die große Stunde von Moritz Beinlich, unserem Neuzugang. Moritz ist eigentlich Läufer und kam im Winter mit der Empfehlung eines deutschen Meister-Titels im Halbmarathon 2019 und einer Marathon-Bestzeit von 2:16:24 Std. zum Team. Mit starken Leistungen im Herbst war er dem Team aufgefallen und auch im Trainingslager Ende Februar hatte der Eifeler sein Potential erkennen lassen. Sein Auftritt in Göttingen ließ dann aber alle staunend zurück: Schon am Fuß des Hohen Hagens setzte er eine Attacke, der niemand aus der Gruppe folgen konnte, und an der Kuppe hatte er  bereits ein Loch von mehr als 40 Sekunden gerissen.

Auf den folgenden knapp 25 leicht abfallenden Kilometern bis ins Ziel in Göttingen zog Moritz in bravouröser Manier durch: 28 Minuten lang leistete er 334 Watt, am Ende eines harten Rennens und ließ sich als Solist nicht mehr einholen. Am Ende hatte er noch ausreichend Zeit, seinen Sieg zu genießen - ein brillantes Debüt in Celeste.

"Bis zum Bramwald konnte ich dank der Tempoarbeit des Teams viele Körner sparen", sagte Moritz dann im Ziel: "Im Wald haben wir es dann geschafft, das Feld auseinanderzureißen. Als es vor dem Hohen Hagen nochmal zusammengelaufen ist, waren eigentlich alle schon angeschlagen. Ich habe mich aber noch ganz gut gefühlt und bin losgefahren. Als ich dann eine Lücke hatte, habe ich mir gesagt, ich bin noch frisch, also fahre ich jetzt einfach mal. Dann habe ich versucht, den Rhythmus im Flachen beizubehalten und mich im Wind klein zu machen. Die letzten Meter konnte ich dann fast mit einem Grinsen im Gesicht genießen.“

Die Verfolgergruppe konnte zwar nochmal ein paar Meter auf Moritz Beinlich gutmachen, rollte aber letztlich mit gut 20 Sekunden Rückstand über den Zielstrich. Moritz Palm sprintete hinter Benjamin Ahrendt (Team La Onda) auf Rang drei, Timo Dahlheimer wurde Fünfter, und unsere beiden Jonasse landeten auf den Plätzen acht und neun. Erwähnung soll hier auch der elfte Rang von Chris Mai finden, der zwar am Bramwald nach einer längeren verletzungsbedingten Rennpause nicht bei den Besten mitfahren konnte, sich aber nach seinem schweren Unfall im letzten Jahr mit einem Ausrufezeichen im Peloton zurückmeldete.

Es blieb nicht das einzige Ausrufezeichen für das Team: Mit einer famosen Vorstellung gewann Jael Heinrich die Konkurrenz bei den Frauen. Besonders in den Anstiegen zeigte sie sich als die stärkste Fahrerin und setzt sich entscheidend von ihren Gegnerinnen ab. Mit rund zwei Minuten Vorsprung siegte Jael am Ende vor Carmen Burmester (Team Haberich) und Naima Diesner (Trek Bicyle Göttingen).

Neben dem Sieg in der Tageswertung räumten Jael Heinrich und Moritz Beinlich jeweils auch noch Sprint- und Bergwertung ab und schlüpften ins Gelbe Trikot der führenden im German Cycling Cup.

"Ganz großes Kino!", freute sich Team-Chef Franco Adamo über den perfekten Saison-Einstand: "Unsere Taktik ist heute zu 100 Prozent aufgegangen. Neun Fahrer unter den ersten 16 – das ist eine außergewöhnliche Demonstration an Klasse und Stärke. Die Enttäuschung des Vorjahres, als Solo-Ausreißer Chris Mai 900 Meter vor der Ziellinie gestellt wurde, ist somit vergessen. Das Team reist nun mit breiter Brust nach Frankfurt, wo am 1. Mai mit der Velotour das nächste Highlight in unserem Kalender wartet.

Fabian Thiele ist Fahrer beim Team Strassacker.

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