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21.06.2023 | Um zum Mondsee zu gelangen, bedarf es keiner Rakete - nur knapp zwei Autostunden von München liegt er, in einer traumhaft schönen, von Bergen umgeben Region im Salzburger Land. Nicht weit sind Fuschlsee, Wolfgangsee Hallstätter See und Attersee, gemeinsam sind sie das Ensemble des "Mondsee Fünf Seen Radmarathon", bei dem ich am vergangen Sonntag startete.
Und das nicht zum ersten Mal: Ich war hier schon mal – im Jahr 2016. Verdammt, sieben Jahre ist das schon wieder her, und die Erinnerung war verblasst. Im Hinterkopf hatte ich noch eine damals als gefährlich empfundene Startphase und eine insgesamt recht schnelle Tour. Als ich mich letzte Woche ein wenig auf das Rennen vorbereitete, stellte ich fest, dass die Strecke gegenüber 2016 deutlich verändert worden war, speziell auf den ersten Kilometern und im zweiten Teil. Auf dem Zettel standen 202 Kilometer und 2800 Höhenmeter.
Untergekommen war ich im Landhotel Prielbauer, etwa fünf überwiegend abschüssige Kilometer vom Start entfernt. Frühstück gab's extra für die Teilnehmer des Radmarathons frühzeitig, so dass alle Hotelgäste gut gestärkt zum Start rollen konnten.
Pünktlich um 6:30 Uhr fiel der Startschuss – und ich habe den Start verpennt. Nicht dass ich mich nicht rechtzeitig in meinem Startblock eingefunden hätte, nein... In der Rückschau muss ich mal wieder feststellen, dass ich doch eher Rennradfahrer als Radrennfahrer bin: Anstatt mir gleich zu Beginn ein paar Positionen zu erkämpfen, rollte ich aus dem Startblock mit dem Gedanken, dass man eine 200 km Runde nicht auf den ersten Kilometern gewinnt. Ich wollte Körner sparen. Man könnte auch sagen: Die Mondrakete startete ohne mich...
Bekanntermaßen ist man hinterher immer schlauer; wenn ich da schon gewusst hätte, was für gute Beine ich heute hatte, wäre der Einsatz von ein paar Watt mehr direkt hinter der Startlinie sicherlich lukrativ gewesen.
Die gefährliche Startphase aus meiner Erinnerung wurde durch einen Zehn-Prozent-Schnapper gleich nach zwei Kilometern deutlich entschärft. Diese gerade mal 70 Höhenmeter zogen das Feld schnell auseinander - und von da an versuchte ich Lücken zu schließen, wieder und wieder, gefühlt den ganzen Tag. Das ist der Tribut für zu große Vorsicht auf den ersten Kilometern...
Nach dem ersten Kraftakt fand ich mich ein einer Kleingruppe aus rund 15 Radlern, mit Blick auf eine vor uns fahrende etwa genauso große Gruppe. Nach 13 Kilometer am ersten echten Anstieg zerfiel alles, um oben in einer großen Hatz wieder zusammenzufinden. Damit war das einigermaßen zügige Vorankommen bis zur Herausforderung des Tages, dem Anstieg zur Postalm, gesichert.
Die 750 Höhenmeter bis hinauf zum höchsten Punkt der Runde versuchte ich in gleichmäßigem Tempo bzw. gleichbleibenden Wattwerten zu absolvieren. An der Verpflegungsstelle ließ ich meine Flasche nachfüllen und schnappte mir eine halbe Banane, um nach kurzer Standzeit den Rest des Anstieges in Angriff zu nehmen.
Für die Abfahrten von Postalm und Lichtenberg gibt es je eine Mindest- bzw. Maximalzeit. Was erst mal langweilig klingt, dient jedoch der Sicherheit der Teilnehmer/innen. Die Zeiten sind so bemessen, dass man durchaus noch sportlich abfahren kann ohne, dass die Disqualifikation droht. Ich hatte meinen Spaß und eine tolle Aussicht, stand unten allerdings wieder alleine da. Also machte ich mich auf, um die Lücke zu den drei Radlern, die ich in der Entfernung sah, zu schließen. Dies gelang und auch eine weitere Gruppe kam von hinten wieder an uns heran.
Hinauf zum Pass Gschütt flog jedoch wieder alles auseinander, da reichte die von mir angeschlagene Wattzahl nicht aus, um dran zu bleiben. Drei aus unserer Gruppe machten sich aus dem Staub, dafür konnte ich anderen Radlern aus vorausfahrenden Gruppen langsam näher kommen. Es reichte jedoch nicht, um bis zum Kulminationspunkt aufzuschließen. Also unten im Flachen wieder alles raushauen, um in Zeitfahr-Manier einer Zehnergruppe hinterher zu jagen. Mit dieser Gruppe schafften wir dann den Anschluss an eine Gruppe vor uns.
Bis zur nächsten Verpflegung bei Kilometer 125 blieben wir zusammen und machten in zügigem Tempo Meter. Dort entschied sich ein Teil der Gruppe zum Stop, ich ließ die Labe links liegen und fuhr mit dem anderen Teil weiter. So kam es, dass wir uns mit einer weiteren Gruppe vermengten, die vor uns unterwegs war und ihren Stop gerade beendete.
Hier wurde offensichtlich schon davor ein Belgischer Kreisel gefahren, so dass wir uns nun, so gut es eben ging, im kreiseln übten. Als ich in meiner linken Spur gerade auf dem Weg nach hinten war, klopfte mir jemand auf die Schulter - Rudi! Ein Bekannter, mit dem ich u.a. beim Nove Colli am Start stand. Da machte das Schinden doch gleich noch mehr Spaß!
Da der Mondsee Radmarathon nicht als Rennen, sondern als Rad-Touristik-Veranstaltung deklariert ist, war die Strecke nicht gesperrt. Absolutes Lob verdient jedoch die Absperrung an Kreisverkehren und Abbiegestellen durch Feuerwehr und Polizei. Hier gab es keine Situation, wo wir hätten anhalten müssen - und das trotz des recht regen Ausflugverkehrs an einem sonnigen warmen Sonntag.
Unsere kreiselnde Truppe wuchs mittlerweile auf 50 Leute an - nur um am letzten Anstieg wieder komplett auseinander zu fallen. Jetzt musste ich am Fuß der Rampe noch einen kurzen Stop einlegen, um noch einen Becher Iso-Getränk zu kippen; zwei Flaschen auf 200 km wären doch etwas knapp gewesen. Im Aufstieg gelang es mir, durch gleichmäßigen Krafteinsatz einen Teil der enteilten Gruppe wieder zu einzuholen - aber die besseren Kletterer und Rudi waren weg.
Nach der Abfahrt, die ich nahe an der Mindestzeit absolvierte, hieß es also ein letztes Mal für den heutigen Tag: alles oder nichts, die letzten Körner mobilisieren, um die etwa 500 Meter vor mir fahrende Gruppe wieder einzuholen. In meinem Schlepptau war die dann im Ziel zweitplatzierte Dame. Nachdem ich wieder Anschluss gefunden hatte, ließ ich zwei Führungen aus, um dann zusammen mit drei weiteren Mitstreitern die Gruppe auf den letzten 15 Kilometern ins Ziel zu führen. Mit dabei war Andi Goldberger, gut zu erkennen an seinem Sponsoren-Helm.
Nach knapp über sechs Stunden waren die 202 Kilometer dann geschafft. Wenn ich auf den ersten fünf Kilometer auch nur ansatzweise geahnt hätte, welch gutes Bein ich heute hatte, dann wäre das Ganze für mich sicherlich weiter vorne ausgegangen. Aber vielleicht hätte ich dann Rudi nicht getroffen... Ist mir also gar wohl nicht so wichtig, weit vorne zu landen – Spaß haben ist die Devise. Und das gab es hier am Mondsee reichlich!
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