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18.09.2002 | Jetzt heißt es also erst einmal durchatmen für die Hersteller in der Fahrradindustrie. Der Messemarathon mit zwei Ausstellungen innerhalb von 14 Tagen ist zu Ende. Nach der eurobike in Friedrichshafen hat auch die IFMA in Köln ihre Pforten wieder geschlossen. Das Überraschende an beiden Veranstaltungen: Die Fahrradindustrie zeigt sich kämpferisch und optimistisch. Trotz Umsatzeinbußen im verteufelten Jahr der Euroeinführung wollen die Radlbauer nicht in den Chor der Konjunkturpessimisten einstimmen. Das war auf der eurobike, auf der vor allem technische Spitzenleistungen und High-Tech-Innovationen präsentiert worden sind, nicht anders als auf der gerade zu Ende gegangenen IFMA. Die positive Stimmung schlug sich am Ende auch in den gut gefüllten Auftragsbüchern nieder. Der Markt hat offenbar Zukunft.
In diesem Jahr wurde vom Messeteam endlich wieder einmal das sportliche Radfahren in den Mittelpunkt gestellt, nachdem man in den vergangenen Jahren mehr auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel gesetzt hatte. Zwar werden immer noch die besten Geschäfte im Bereich von sogenannten City- und Trekkingbikes gemacht, doch hier kann es schon bald zu einer Sättigung des Marktes kommen. Die Marktforscher der Branche haben sich also auf diejenigen konzentriert, die das Radfahren zu Trainingszwecken betreiben. Und das sind gar nicht einmal so wenige. Die Rennradler und Mountainbiker schwitzen schon lange auf zwei Rädern. Jetzt sollen aber endlich auch diejenigen zum Umstieg auf ein echtes Fahrrad bewegt werden, die bisher im Fitnessstudio auf Spinning gesetzt haben. So wurde das Fitnessbike erfunden, mit dem nun die Straßen befahren werden sollen. Ob damit tatsächlich ein Trend gesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Eines steht immerhin fest: die von den Hersteller vorgestellten Fitnessbikes sind wahrhaft schöne Sportgeräte. So mancher Moutainbiker oder Straßenradfahrer wird sich mit Wehmut an die klassische Rahmengeometrie für Sporträder zurückerinnern. Jetzt gibt es sie wieder.
Sie sind einfach schick, die Bikes, die von den Herstellern auf der IFMA aufgebaut wurden. Epple, Focus, Kettler oder Hercules – viele Firmen, denen durch die Konzentration auf das Stadtrad ein etwas biederes Image anhaftete, gelingt mit dem Fitnessbike ein Sprung in den Design-Olymp. Die schönen, schmalreifigen, meist mit einer Federgabel versehenen Sportgeräte mit einfacher Lenkerstange werden ihre Liebhaber finden. Und schon bald werden die ersten Fitnessbiker bei RTF-Veranstaltungen vorne mitzumischen versuchen. Auch wer durch die Hintertür zum Radsport kommt, ist sicher herzlich willkommen.
Da es bei der IFMA hauptsächlich um Ordern und Umsatz geht, tummeln sich dort auch viele kleine Firmen aus Taiwan und Indien, ja sogar aus Bangladesch, die billige Komponenten an den Mann bringen wollen. Bei vielen genügt schon ein etwas genauerer Blick, um festzustellen, dass es sich nicht unbedingt um das Feinste von Feinen handelt. Das hat für andere Hersteller, die bisher preislich auch nicht unbedingt in der Champions League gespielt haben, den Vorteil, sich richtiggehend von der Billigkonkurrenz absetzen zu können. Point bike-innovation aus Overath vertreibt seine Produkte hauptsächlich über große Warenhausketten. Dass die Komponenten deshalb nicht minderwertig sein müssen, davon konnten sich die IFMA-Besucher in Köln überzeugen. Die Carbongabel kann sich ebenso sehen lassen wie die Vorbauten und die Aluminiumkurbeln. Hier stimmt der Werbeslogan: „High End for Low Bugdet“.
Natürlich haben es sich die Aussteller nicht nehmen lassen, auch auf der IFMA ihre schönsten Renner auszustellen. Pünktlich zum zehnjährigen Firmenjubiläum haben die Hamburger Fahrradbauer von Bergamont – die bisher vor allen durch eigenwilliges Moutainbike-Design aufgefallen sind – ihre erste Rennmaschine vorgestellt. Die schnörkellosen Aluracer werden im mittleren Preissegment sicherlich ihre Kunden finden. Der im Rahmen versenkte Steuersatz zeigt, dass man in Norddeutschland die Zeichen der Zeit erkannt hat, auch wenn die Renner ansonsten ein wenig bieder daherkommen.
Mit einem äußerst aufwändigen Messeauftritt präsentierte sich die holländische Fahrradschmiede Koga Miyata. Die Renner von der Stange sind immer noch eine Augenweide, doch fast hat man den Eindruck, die Niederländer probieren es mit der italienischen Masche: Die Farbwahl macht die Räder zu Hinguckern. Der GranRacer ist dennoch ein gelungenes Erzeugnis – und erschwinglich obendrein.
Doch nicht nur Koga, fast alle Hersteller von großen Stückzahlen
verlassen sich in der kommenden Saison auf Äußerlichkeiten, um den
Verkauf anzukurbeln. Die innovativen Produkte bleiben in der Nische, der
Anstrich soll es richten. So kann als Fazit in diesem Zusammenhang
festgehalten werden: Bei allem Optimismus in der Branche, die auf der
IFMA an beinahe jedem Stand zu spüren war: Es wird dunkel in
Deutschland. Das bezieht sich allerdings nur auf die Farbgebung der
Rahmen: Schwarz ist die Farbe des Jahres 2003. Kaum ein Hersteller, der
keinen nachtfarbenen Rahmen ausgestattet hat. Die Hersteller wird es
freuen, wenn man im nächsten Jahr tatsächlich schwarz sieht auf
Deutschlands Fahrradrouten.
AR
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