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19.08.2014 | Donnerstag in der "WerkBox3" der "Kultfabrik" in München: Kirstin Peter und Paulina Klaput sortieren das umfangreiche Rad-Werkzeug fein säuberlich auf einen Biertisch. Auf den nächsten kommen diverse Standard-Ersatzteile: Bremsbeläge, Seilzüge, Speichen. In der Mitte der großen Werkstatt auf einem ehemaligen Industriegelände am Ostbahnhof warten etliche Rad-Montage-Ständer und drei ehrenamtliche Helfer auf Kundschaft.
Die ersten kommen pünktlich um 19 Uhr - auch wenn auf dem weitläufigen Gelände der "Kultfabrik" rundherum das Leben in Dutzenden von Kneipen, Bars und Klubs tobt: "Wir veranstalten in München seit 2010 Fahrradschraub-Aktionen, wo jeder selber Reparieren lernen kann", erzählt "Bike Kitchen München"-Gründerin Klaput: "Und wir kombinieren das immer wieder mit Kultur-Events aller Art." Zum Beispiel? Gründungs-Kollegin Kirstin Peter: "Meist mit Musik. Wir sind regelmäßig in einem Club zu Gast, wo uns dann ein DJ mit prima Sound unterhält."
Im Frühjahr ist die "Bike Kitchen" aus einem Hinterhof am Goetheplatz in die "WerkBox" auf dem früheren "Pfanni"-Werksgelände umgezogen. "Hier haben wir einfach mehr Platz", sagt Paulina Klaput: "Und wer sein kaputtes Rad mit dem Auto bringt, kann auf dem Gelände einfach besser parken.".
Die Idee der "Bike Kitchen"
kommt aus Portland, Oregon, von der Westküste der USA, weiß Sozialpädagogin Peter: "Ursprünglich hat das einen sozialen Gedanken." Über
das Reparieren von Fahrrädern soll zum einen
eine Gemeinschaft aus verschiedenen
Kulturen und Altersschichten
entstehen.
Und zum anderen soll Radfahren für alle möglich sein.
Paulina Klaput: "Gute Räder sind teuer. Ältere Räder im Fahrradgeschäft reparieren zu lassen, rentiert sich meist nicht." Genau da setzt die "Bike Kitchen" an, sagt die gelernte IT-Spezialistin: "Hier kannst du dein Rad mit unserer Hilfe kostengünstig selbst reparieren."
Aber das sei nicht das einzige Ziel der Radküche, betont Paulina: „Durch unsere Aktionen wollen wir mehr Leute zum Fahrradfahren motivieren, und Themen wie Nachhaltigkeit, Recycling und Do it yourself promoten."
Das Münchner Bike-Kitchen-Team
besteht neben den beiden Gründerinnen aus derzeit einem guten Dutzend freiwilliger Fahrrad-Schrauber, und ist jeden zweiten Donnerstag im Monat im Einsatz. "Viele von uns haben einen pädagogischen und technischen Hintergrund", sagt Kirstin Peter: "Und uns gefällt die Idee der Selbsthilfe und der Weitergabe von Wissen."
Um das Ganze auf festen Boden zu stellen, wurde der "Verein zur Förderung der Fahrradkultur" aus der Taufe gehoben, der offiziell die "Förderung umweltfreundlicher Verkehrsarten und -mittel" bezweckt. Und eben den Betrieb der "Bike Kitchen", die nur von Spenden lebt - von Spenden dankbarer Nutzer, deren Untersatz wieder fahrbar gemacht wurde, aber auch von Spenden zweier engagierter Münchner Rad-Läden, die Material und Werkzeug zur Verfügung stellen.
Die Idee der "Bike Kitchen" ist bereits vor einigen Jahren aus den USA nach Europa geschwappt - oft in der Bugwelle der "Critical Mass"-Initiativen, die in vielen Städten mit ihren "Bike Friday"-Aktionen das Fahrrad populärer machen wollen.
In Deutschland gibt es weitere Radküchen
in Dortmund, Stuttgart und Augsburg, in Österreich in Wien Graz, Linz und Innsbruck; in ganz Europa sind es mittlerweile weit über 50 "Bike Kitchens": Über 15 in Großbritannien, jeweils über zehn in Frankreich und Italien, selbst in Ungarn und Kroatien wird bereits eifrig in Radküchen experimentiert.
Bei ihren Treffen verarbeiten die Hobby-Schrauber alles, was ihnen unter die Finger kommt. Alte Räder werden zerlegt, und ihre Einzelteile zur weiteren Verarbeitung sortiert und aufgehoben. Einfache Alltags-Reparaturen werden erledigt, aber auch komplett neue Bikes zusammengebaut.
"Derzeit recht beliebt sind Umbauten alter Rennräder zu Fixies", weiß die Münchnerin Paulina Klaput. Alles allerdings ohne Gewähr: „Wir weisen jeden darauf hin, dass wir keine Verantwortung für die Sicherheit der Räder übernehmen können. Hier geht alles auf eigene Gefahr.“ Aber auch mit einigem Spaß...
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