das erste Jahr im "German Cycling Cup" - Saison-Rückblick

Team ME: vom GCC-Virus infiziert

Von Zeljko Glisin

Foto zu dem Text "Team ME: vom GCC-Virus infiziert"
Jojo Willm, Rene Klinger, Marek Maluszczak, Zeljko Glisin, Hardy Zimmermann, Andy Seeger, Gabriel Dambowy, Dirk Wenzel (von links) | Foto: Team ME

05.11.2014  |  Das "Team ME" wurde 1991 in Mettmann (Nähe Düsseldorf) gegründet, als NRW-Amateur-Lizenz-Team in der A-, B-, C- und Masters-Serie. In letzterer konnten in den vergangenen Jahren vier deutsche Meister-Titel eingefahren werden. Trotz der Erfolge sanken jedoch vor allem im Junioren-Bereich die Mitgliederzahlen, und ebenso das Interesse der Sponsoren.

So entschloss sich der Vereins-Vorstand im vergangenen Herbst, ein weiteres Standbein zu etablieren: ein Jedermann-Team. Anfang diesen Jahres gingen die "Jedermänner" des Team ME erstmals als „Ihr Bäcker Schüren Team“ (benannt nach dem Haupt-Sponsor) an den Start der deutschen Jedermann-Rennserie "German Cycling Cup" (GCC).

Ausgestattet mit bescheidenen finanziellen Mitteln,
ohne Trainingslager und professionelle Trainingspläne, machte sich das "Team ME" in seine erste GCC-Saison auf, um den großen Teams Paroli zu bieten. Im April standen unsere Jedermänner dann beim ersten Rennen in der Domstadt Köln am Start, auf der 124-km-Lang-Distanz. Und wenig überraschend für ein Newcomer-Team, erlebten wir noch vor dem Start den ersten Dämpfer:

Einer unserer Fahrer hatte in der Premieren-Aufregung seine Schuhe vergessen. Zwar war rasch ein Ersatz-Paar eines anderen Fahrers organisiert - allerdings mit dem falschen Pedal-System. Sprichwörtlich auf der letzten Rille konnten passende Pedale bei einem der im Start-/ Ziel-Bereich ausstellenden Radhändler besorgt werden.

Bei wechselhaftem Wetter mit zum Teil heftigem Regen
im Oberbergischen (typisch "Rund um Köln"...) mussten wir früh feststellen, wie wichtig im GCC ein Start aus dem ersten Block ist. Aufgrund fehlender Referenz-Zeiten durften einige unserer Fahrer nur von hinteren Startblöcken ins Rennen gehen. So mussten sie sich erst mühsam, und unter hohem Risiko durchs Feld pflügen, um noch vor der ersten Bergwertung zur Spitzengruppe aufzuschliessen.

Andere TME-Fahrer hatten schon im ersten Rennen mit dem ersten Plattfuss der Saison zu kämpfen. Schliesslich konnten jedoch alle unsere Rennfahrer am Ende des Tages auf ein erfolgreiches - und sturzfreies! - erstes GCC-Rennen zurückblicken - bei dem wider Erwarten die ersten Top-ten-Plätze in verschiedenen Altersklassen erzielt wurden.

Mit entsprechender GCC-Referenz im Gepäck
standen nur kurze Zeit später die Rennen in Göttingen und in Frankfurt auf dem Programm. Nach solidem Abschneiden in Göttingen (alle Fahrer unter den ersten 100), erwies sich das Rennen in Frankfurt als erster sportlicher Höhepunkt des „Ihr Bäcker Schüren Teams“.

Über 4500 Jedermänner standen bei der "Velotour" im Rahmen das Radklassikers „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“ am Start, und mittendrin die "Jedermänner" des Team ME. Nach hektischem Start durch die Frankfurter Hochhaus-Schluchten konnten sich einige unserer Fahrer in vorderen Gruppen über den Feldberg retten.

Die anschliessende Hatz über die Stiche des Taunus
sowie der einsetzende Nebel und Nieselregen erlaubten leider keine Blicke auf die Reize der Landschaft. Angeführt von unseren Kapitän Marek Maluszczak, ließen sich die TME-Fahrer nicht durch die selektive Fahrweise der Top-Teams Bürstner-Dümo und Merkur-Druck beeindrucken, und konnten mit dem 3. Platz durch Marek escon im dritten Rennen einen Podiums-Platz feiern.

Da einige unserer Jedermänner bei der diesjährigen Auflage der „Tour de Mauritius“ (einer internationalen Amateur-Rundfahrt) im Einsatz waren, war unser GCC-Team erst im Juni beim Rennen am Schleizer Dreieck wieder komplett.

Nach dem Motto "zu schwach für die Spitzengruppe,
aber stärker als die Verfolger", mussten unsere Protagonisten immer wieder aufreissende Löcher im Feld schliessen, um am Ende zumindest innerhalb der Altersklassen-Wertung zählbare Ergebnisse zu erzielen.

Erstmals wurde unseren Fahrern deutlich, wie wichtig eine gut organisierte, und vor allem sportlich homogene Mannschaft ist, um bei den Rennen der GCC-Serie erfolgreich mitzufahren. Genau solch eine Mannschaft konnte dann beim folgenden Rennen im Rahmen der deutschen Elite-Meisterschaft in Baunatal aufgeboten werden.

Nachdem kurz zuvor Lisa Brennauer den Titel
der deutschen Meisterin im Profi-Rennen feiern durfte, gingen unsere "Bäcker Schüren"-Jedermänner hoffnungsvoll auf den 17-km-Rundkurs ins Rennen. Dieses bot neben kurzen, knackigen Steigungen, Regen und Windkante eine Menge Action, da schon nach der dritten von sechs zu fahrenden Runden die Starter des "kurzen" GCC-Rennens überrundet wurden.

Das sorgte für viel Unruhe und einige brenzlige Situationen im Feld. Hoffentlich hat der Veranstalter daraus gelernt, und verhindert durch eine andere Streckenführung oder bessere Zeitplanung solche Situationen im kommenden Jahr.

Trotz der zahlreichen Überhol-Manöver fuhren unsere Jungs
ein sehr aufmerksames Rennen, und hielten sich permanent in der Spitzengruppe, die auch in Baunatal durch die zahlreich vertretenen "Bürstner-Dümo"- und "Merkur-Druck"-Fahrer angeführt wurde.

In einem Moment, als im Feld Uneinigkeit herrschte, konnte sich unser Kapitän zur kleinen Spitzengruppe gesellen, die letztlich auch den Sieger unter sich ausmachen sollte. Leider verfehlte Marek  mit dem 2. Platz nur um Haaresbreite den ersten Sieg eines "Team-ME"-Fahrers bei einem GCC-Rennen.

Aufgrund der starken Leistung der übrigen Fahrer
schafften drei "Bäcker Schüren"-Jedermänner den Sprung unter die besten 20. Zudem stand am Ende des Wochenendes ein fantastischer vierter Platz in der Mannschaftswertung zu Buche. Da machte selbst das stundenlange Warten auf die Siegerehrung – erst gute vier Stunden nach Renn-Ende – unseren erfolgreichen Jungs nichts mehr aus...

Nach Starts in der "grünen Hölle" des Nürburgrings, wo es mit bis zu 100km/h durch die Abfahrten ging, den folgenden „Stadtrundfahrten“ durch Bochum und Bremen, sowie der "Schnitzeljagd" über die nasse Kopfsteinpflaster der Mecklenburger Seenplatte standen Siege bei der Junioren-Wertung durch Gabriel Dambowy sowie ein erneuter Podiums-Platz durch meine Wenigkeit;-) in der AK "Senioren 2" auf der Haben-Seite des Teams.

So allmählich wurden wir von den "großen" Teams registriert,
und die Sportsfreunde des "Merkur-Druck"-Teams bewiesen Kameradschaft, als sie unsere durchnässten Fahrer nach dem "Mecklenburg Giro" zum Duschen in ihre Zimmer ließen (wir hatten keine Übernachtung geplant) – was will man mehr...

Bevor es am 3.Oktober zum grossen Finale nach Münster ging, stand noch das Highlight des Jahres auf dem Program: der "Rothaus Riderman". Mit einer Rekord-Beteiligung von über 600 Fahrern, bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen von bis zu 25 Grad, standen unserer Team mit den Fahrern Marek Maluszczak, Dirk Wenzel, Jojo Willm und mir, zusammen mit zahlreichen ehemaligen und amtierenden Europa- und Weltmeistern sowie diversen nationalen und internationalen "Hochkarätern" der Jedermann-Szene am Start des Etappen-Rennens in Bad Dürrheim.

Der ganze Ort war an diesem Wochenende ein "Jedermann-Mekka" – überall bunte Trikots, surrende Laufräder, Bierzelte und Wurstbuden; bei der Gelegenheit ein großes Kompliment an das Orga-Team von Rick Sauser: So sieht der GCC-Himmel aus...

Erstmals durften unsere Jedermänner bei einem Zeitfahren
von der Startrampe ins Rennen gehen; "bloß nicht umkippen" war die erste Devise. Unglaublich, mit welchem Material und welcher Geschwindigkeit die besten Jedermänner hier unterwegs waren. Selbst Tony Martin wäre hier nicht mit seinem Material, sondern höchstens mit der Bestzeit aufgefallen.

Da Martin nicht mitfuhr, konnte Christian Müller vom "Bürstner-Dümo"-Team das Zeitfahren ungefährdet, mit Strecken-Rekord und 46er-Schnitt für sich verbuchen. Auch auf den folgenden Berg-Etappen war für unsere GCC-Fraktion - ganz nach Marcel Wüst - erst mal "Erlebnis vor Ergebnis" angesagt.

Die "selektiven" Berge führten zu einem Ausscheidungsrennen,
an dessen Ende die Bergziegen vom "Team Strassacker", angeführt von Florian Vrecko und Manuel Kirfel, die Nase vorn hatten. Dennoch waren unsere Jungs mit viel Spass unterwegs, und es konnten erneut wertvolle Punkte für die Altersklassen-Wertungen gehamstert werden.

Kleine Randnotiz: Da wir bei den Rennen großzügig mit den Produkten unseres Haupt-Sponsors versorgt  waren, und die auch gern an die GCC-Kollegen verteilten, wurden wir immer wieder nach dem Rezept für die leckeren Brötchen  vom Bäcker Schüren gefragt. Da müssen wir euch leider enttäuschen, liebe Mitfahrer: Das bleibt natürlich Betriebsgeheimnis von Roland Schüren...

Dann das grosse GCC-Finale in Münster,
wie immer am Tag der deutschen Einheit. In diesem Jahr war es lange spannend an der Spitze, dementsprechend hoch auch die Aufregung vor dem letzten Rennen. Auch unsere Fahrer hatten noch gute Chancen auf vordere Platzierungen in den jeweiligen AK-Wertungen.

Jojo Willms Saison-Ziel war eine "Top ten"-Platzierung, und ich hatte sogar noch die Chance auf einen 3. Platz. Leider kam es auf dem letzten Kilometer zu einem folgenreichen Sturz in der Hauptgruppe: Nachdem sich zwei Fahrer aus rivalisierenden Teams mit den Lenkern in die Quere, und bei hohem Tempo zu Sturz kamen, konnte ich direkt hinter den beiden nicht mehr reagieren, und flog bei 50 km/h unsanft vom Rad.

Diversen Schutzengeln zum Dank, und mit Jojos
kameradschaftlicher Unterstützung konnte ich mich nahezu unverletzt wieder aufrappeln, und wir beendeten das Rennen zusammen immerhin noch auf den Plätzen 73 und 74.

Unser Resumé: Am Ende der ersten GCC-Saison konnten die "Bäcker Schüren Boys" nicht nur mit diversen Podiums-Platzierungen (und den schicken grün-weissen Trikots;-) auf sich aufmerksam machen, sondern haben mit Jojo Willm auf Platz zehn und mir auf Platz fünf in den Altersklassen-Wertungen so nicht zu erwartende Ergebnisse erzielt.

Bei dieser Gelegenheit: Gratulation an alle unsere Fahrer,
die sich in dieser Saison zahl- und erfolgreich beim "German Cycling Cup" gezeigt haben. Darüber hinaus geht unser Dank an unseren Haupt-Sponsor Roland Schüren, und die weiteren Gönner, die unser Engagement im GCC erst ermöglicht haben.

Schon im ersten Jahr haben wir uns mit dem "GCC-Virus" infiziert, und freuen uns alle schon auf die kommende Saison...

Der Autor Zeljko Glisin,
geboren 1972, ist Fahrer der Masters-Klasse im Team ME.

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